Ich will doch nur küssen
Vorfall nicht einen ihrer Verbündeten verloren; noch dazu einen, den sie sehr mochte.
Nick legte den Kopf schief, stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und betrachtete sie, als würde er sie zum ersten Mal sehen.
»Es wäre mir eine Ehre, mit dir befreundet zu sein, Faith.«
»Toll!«, stieß Faith erleichtert hervor.
»Ich muss noch ein Projekt abschließen, aber nächste Woche könnte ich mir einen Tag freischaufeln, an dem wir uns im Laden treffen können. Dann sprechen wir über die Regale, Teppiche, den Anstrich und so weiter. Meine Schwester hat einen Schlüssel und kann dir den Laden jederzeit aufschließen, damit du schon mal planen kannst.«
Faith nickte. »Ich habe vor, möglichst viel so zu lassen, wie es ist – ich will weder mein Budget noch eure Freundschaft überstrapazieren. Ihr seid wirklich mehr als hilfsbereit zu mir.«
»Mach dir deswegen mal keine Gedanken«, sagte Nick mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Sieh es als einen Freundschaftsdienst an.« Er zwinkerte ihr zu, sichtlich erleichtert, weil sie ihm den Kuss nicht übelgenommen und für Klarheit gesorgt hatte, sodass sie nun wieder Freunde sein konnten.
»Ich nehme an, jetzt, da zwischen uns alles geklärt ist, werde ich mich daran gewöhnen müssen, dich mit anderen Männern zu sehen«, meinte er.
Faith hob eine Augenbraue.
»Das war ein Scherz! Solange sie dich anständig behandeln, kannst du dich mit anderen Männern treffen, so viel du willst.«
Sie schüttelte lachend den Kopf. »Dafür ist es noch zu früh.«
Und doch hatte sie Ethan geküsst. Was fand sie bloß so unwiderstehlich anziehend an ihm? War es sein Böse-Buben-Charme? Seine verwundete Seele? Verband sie eine Art Seelenverwandtschaft?
»Hallo! Erde an Faith!« Nick schnalzte mit dem Finger vor ihrem Gesicht herum.
»Entschuldige«, sagte sie erschrocken.
»Ich sollte dich dann wohl reingehen lassen, damit du ins Bett kommst.«
Sie nickte. »Ich bin total erledigt.«
Sie wünschten einander noch eine gute Nacht, dann betrat Faith ihre Wohnung. Doch sie wusste, dass der Schlaf noch lange auf sich warten lassen würde. Der Gedanke an Ethans tiefgründige dunkle Augen und an den Schmerz, den er in sich hineinfraß, würde sie wachhalten, während sie sich unruhig im Bett herumwälzte.
Eine Woche nachdem sich Faith bereit erklärt hatte, für Ethan zu arbeiten, traf sie sich mit Nick vor ihrem neuen Laden. Er war schon da, als sie kam, und gerade dabei, einige Kartons in eine Ecke des Ladens zu schlichten.
Ihres Ladens.
Vor ein paar Tagen hatte er ihr einen Standardmietvertrag geschickt. Sie hatte sich damit zu Richard Kane, dem Anwalt mit dem beeindruckendsten Kanzleischild der Stadt, begeben. Okay, es gab überhaupt nur noch einen weiteren Anwalt, nämlich Nash Barron, und zu ihm wäre sie auf keinen Fall gegangen. Kane hatte den Vertrag durchgelesen, ein paar Stellen abgeändert, die er dann mit Nick neu verhandelt hatte, und das alles zu einem erschwinglichen Preis. Faith hatte den Vertrag unterschrieben mit dem Gefühl, dass Kane ihre Interessen gut vertreten hatte.
Und da war sie nun also, in ihrem eigenen Laden. »Was ist denn da drin?«, fragte sie und zeigte auf die braunen Kartons, die keinerlei Aufschrift aufwiesen.
Nick drehte sich zu ihr um. »Das musst du mir sagen. Sie wurden vor einer Viertelstunde von UPS geliefert, und es steht dein Name darauf.«
Sie hob eine Augenbraue, trat näher und stellte fest, dass das unverwechselbare Label von Carstairs Design die Oberseiten zierte.
»Sagt dir der Name etwas?«
»Allerdings. Joel Carstairs ist ein guter Freund von mir. Er ist Innenausstatter und überaus großzügig«, sagte sie aufgeregt. »Er hat versprochen, mir zur Geschäftseröffnung ein paar Materialproben und Musterbücher zukommen zu lassen, aber wie es aussieht, hat er mir genug geschickt, um den ganzen Laden einzurichten!«
»Das nenn ich einen guten Freund.« Sein Tonfall klang fragend, aber ohne jede Spur von Eifersucht.
Seit dem unseligen Kuss neulich Abend gingen sie ein gutes Stück unbefangener miteinander um. Sogar unbefangener als damals, als sie noch ein Paar gewesen waren.
»Joel ist wirklich nur ein Freund, und er ist schwul«, sagte sie ehrlich. »Die Fronten waren von Anfang an klar, und das hat unheimlich viel Druck von uns genommen, wenn du weißt, was ich meine.«
Nick grinste. »Ja, das tu ich.«
»Kaffeepause!«, tönte in diesem Moment eine Stimme von der Tür. Kate kam herein und schwenkte zwei der
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