Ich Will Ihren Mann
der Kellner ihre Bloody Mary servierte. »Ich werd' nicht jünger. Zum Wohl!«
»Zum Wohl«, echote Laurie und hob ihr Wasserglas. »Erzähl mir was über deinen neuen Job«, bat sie eifrig. Lilian stellte ihr Glas auf den Tisch. »Tja, also vorläufigkann man's eigentlich noch nicht als neuen Job bezeichnen. Es ist noch nichts Festes, weißt du. Es hängt alles davon ab, wie die Probesendung ankommt. Ich bin erst mal bloß für 'n paar Wochen hier, dann muß ich zurück an die Uni und abwarten, wie sich der Sender entscheidet.« »Was machst du genau?«, bohrte Laurie nach. Anscheinend interessierte es sie wirklich.
»Also paß auf«, begann Lilian zu erklären. »Da sind erst mal diese Programmdiskussionen, von denen ich gesprochen hab'. Da versuchen wir festzulegen, über welche Themen wir berichten wollen und wie der Ablauf der Sendung auszusehen hat.«
»Und wie geht's da zu, bei so einer Programmdiskussion?«
Lilian freute sich über Lauries unerwartetes Interesse. Erst jetzt fiel ihr auf, daß David sie noch nicht ein einziges Mal nach ihrer Arbeit gefragt hatte, seit sie wieder beim Fernsehen war. »Du mußt dir das so vorstellen: Der Redakteur, die Korrespondenten, die Journalisten und die wissenschaftlichen Mitarbeiter, die die Hintergrundforschung betreiben, setzen sich zusammen, und jeder versucht, die anderen für sein Konzept zu begeistern. Und du kannst mir glauben, manchmal muß man ganz schön kämpfen, um seinen Plan durchzukriegen. Man stellt also den Entwurf für einen Beitrag vor, den man gern produzieren möchte, und zwar muß man ihn so anbieten, daß er fürs Fernsehenlukrativ erscheint. Man muß beweisen, daß die Sendung ein breites Publikum ansprechen wird und daß man sie so aufbereiten kann, daß sie sich gegebenenfalls auch fürs Familienprogramm eignet. Es kommt auf die Wirkung an,die das Thema auf dem Bildschirm hat. Das klingt vielleicht 'n bißchen nach Vernebelung, aber du mußt bedenken, daß Fernsehen in erster Linie ein visuelles Medium ist. Kannst du mir soweit folgen?« Laurie nickte. »Na schön«, fuhr Lilian fort. »Nehmen wir also an, der Journalist, in dem Fall ich, verkauft dem Sender seine Idee für 'n Feature. Dannhat man in der Regel ungefähr drei Wochen Zeit, den Beitrag zusammenzustellen. Als erstes wird einem ein Assistent zugeteilt, und in der Regel kann man drauf wetten, daß sie einen mit demjenigen zusammenspannen, den man am wenigsten riechen kann oder mit dem man die größten Schwierigkeiten hat. Diese Recherchiertypen verbringen die meiste Zeit am Telefon. Ihre Aufgabe ist es, das nötige Hintergrundmaterial zusammenzustellen. Als nächstes wird der ›Aufhänger‹ für ein Thema bestimmt; mit anderen Worten, was will man dem Zuschauer vermitteln, und wie kann man's am wirksamsten anbringen. Damit beschäftigen wir uns grade bei dem Projekt, an dem ich arbeite.« Sie hielt inne, und unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu Beth Weatherby. »Stell dir vor«, sagte sie, bemüht, sich wieder auf Laurie zu konzentrieren, »es handelt sich um 'ne Reportage über Leute, die versuchen, mit Hilfe dieser Bekanntschaftsanzeigen in der Zeitung 'nen Partner zu finden. Dann wäre der erste Schritt, den Blickwinkel zu bestimmen, aus dem man die Sache aufziehen will. Angenommen, man stellt diese Typen nicht als pervers oder sexbesessen oder so was dar, sondern schlicht als 'ne Gruppe einsamer Menschen, die sich nach Liebe und Zweisamkeit sehnen. Dann würde sich als Aufhänger ein glücklich verheiratetes Paar anbieten, das sich durch so 'ne Anzeige kennengelernt hat. Und um die rum arrangiert man dann den Bericht. Zum Beispiel könnte man mit den einschlägigen Eheanbahnungsinstituten Kontakt aufnehmen, Single-Kneipen besuchen, vielleicht sogar die Parkbänke abgrasen. Man könnte auch selbst auf so 'ne Annonce antworten. Auf jeden Fall muß man präzise vorgehen. Man braucht als Ausgangspunkt ein handfestes Beispiel, auf das man sich stützen kann. Und dann ist es enorm wichtig, dem Zuschauer ein möglichst anschauliches Bild von der Situation zu vermitteln. Solche Reportagen werden deshalb grundsätzlich nicht im Studio, sondern wenn möglich immer an Originalschauplätzen gedreht. Tja, und dann kann man nur noch beten, daß man keine Interviewpartner mit 'nem Strafregister erwischt, denn sonst wäre die Glaubwürdigkeit der ganzen Sendung beim Teufel.«
Der Kellner erschien mit zwei dampfenden Suppentassen. »Danke schön«, sagte Lilian und beobachtete
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