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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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im Zaun versteckte Blechdose und
bediente sich aus einer Packung mit Schokoladenkeksen. «Wir müssen auf ihn
warten», erläuterte er.
    Ein Bellen und Knurren ertönte.
Das Tier stürzte mit der Geschwindigkeit eines D-Zugs auf sie zu. Jonathan
blieb ruhig. «Wir sind’s, Winifred.» Vor Mr. Pringles erstaunten Augen
verwandelte sich die Wölfin in ein jaulendes Fellbündel, das vor ihnen kroch
und sabberte. Jonathan warf ihm einige Kekse hin. «Alfie hat sie nach seiner
Tante genannt. Die hat ebenfalls eine haarige Schnauze und einige schlechte
Angewohnheiten. Er hat dies Tier dazu gebracht, ihm Kekse aus dem Mund zu
nehmen, aber das lasse ich lieber. Zu unhygienisch.» Mr. Pringle verzichtete
ebenfalls gerne darauf. «Ich muß ihr einen Nachschlag geben», erklärte
Jonathan. Diesmal setzte sich die Hündin und bettelte, wobei ihr der Speichel
aus dem Maul rann. Die beiden letzten Kekse verschwanden mit einem Zuschnappen.
«Jetzt, Freunde...» Der Schäferhund legte sich flach und murrte. «Aufgepaßt,
bis wir zurückkommen. Und laß keine Unbefugten hinein.»
    Sie betraten ungehindert das
Lagerhaus. «Ich dachte, Sie würden vielleicht eins dieser Büros benutzen
wollen», bot Jonathan gastfreundlich an. «Die meisten sind noch brauchbar. Die
Telefone funktionieren. Eigentlich funktioniert alles, bis auf die Aufzüge. Die
Leute kommen immer mal wieder her, wenn sie es in der Charlotte Street nicht
mehr aushalten. Die Kollegen sind bei Jack im alten Bühnenbildlager.» Er ging
voraus nach unten durch einen widerhallenden Korridor. «Jack hat es sich dort
gemütlich gemacht, weil er beschlossen hat, sich zu verkriechen. Die Presse
lungert vor seiner Wohnung herum.»
    Mr. Pringle stellte immer noch
Veränderungen an Jonathan fest. Die Sonnenbrille, die er immer auf der Stirn
trug, hatte jetzt Linsen, und obwohl seine Kleidung zu jugendlich war, hatte
sie eine Eleganz, die vorher nicht dagewesen war. Er fragte Jonathan behutsam,
wie er zu Bath & Wells gekommen sei. «Nach einer Weile macht London
einen trivial», antwortete Jonathan affektiert. «Man muß seine raison d’être wiederentdecken, zu den Wurzeln zurückkehren.»
    Hätte Mr. Pringle dies ganz
begriffen, wäre ihm klargeworden, daß niemand in der Fernsehindustrie Jonathan
eine angenehmere Alternative angeboten hatte. Er sah jedoch, daß Jonathan sich
umgemodelt hatte vom «aufstrebenden Talent» zum «großen alten Mann» des
britischen Fernsehens, ohne, soweit es Mr. Pringle bewußt war, in jüngster Zeit
neue Programme entwickelt zu haben. Er erkundigte sich nach seinem
gegenwärtigen Projekt. Jonathan ließ Dampf ab.
    «Ich wurde getäuscht, als man
mich herholte», verkündete er dramatisch. «Reingelegt und betrogen. Man
erwartet von mir, eine erfolgreiche Serie aus den gräßlichsten Manuskripten zu
machen, die je geschrieben wurden. Manuskripte, die bereits abgelehnt wurden
vom Schottischen Fernsehen, und das will was heißen. Hätte ich nur die leiseste
Ahnung gehabt, wie schlecht die waren, ich hätte den Vertrag abgelehnt.
Gnadenlos.»
    «O weh.»
    «Ich sage Ihnen, Pringle, diese
Serie hat keine Chance, in die Hitlisten zu kommen. Ich bete, daß die Sendungen
an Nachmittagen im Sommer während einer Hitzewelle ausgestrahlt werden.»
Jonathan hob flehend den Blick. «So bleibt mir vielleicht der Verriß durch
Nancy Banks-Smith erspart.» Mr. Pringle wurde klar, daß Jonathans Rückkehr zu
den Wurzeln weniger Erfolg als erwartet gebracht hatte, aber er verzichtete auf
eine diesbezügliche Bemerkung.
    «Aber, da ich nun mal hier
bin», fuhr Jonathan überdrüssig fort, «versuche ich, den Jüngeren ein Beispiel
zu geben. Man hat die Pflicht, seine Erfahrung zu nutzen, um zarte Sprößlinge
zu hegen. Und dann sind da natürlich noch die Spesen.»
    Mr. Pringle fühlte sich
ermutigt, nun doch eine Frage zu stellen.
    «Wie geht es Miss Pritchett?»
    «Miss — Pritchett?» Jonathan
schaute in die Ferne, als suche er im Purpurschleier der Erinnerung. Mr.
Pringle war erstaunt. Als er Jonathan das letzte Mal gesehen hatte, war sie
sein liebster Besitz gewesen.
    «Miss Clarissa Pritchett?»
    «Oh, Clarissa.» Jonathan schlug
sich auf die Stirn, als das Gedächtnis zurückkehrte. «Ich habe keine Ahnung,
aber — ich glaube, es geht ihr gut.» Es klang, als sei er voller Zweifel.
    «Ich hatte gehofft», sagte Mr.
Pringle, «sie und Dr. Godfrey würden schließlich...» Er bewegte sich auf gefährlichem
Boden. Hugh Godfrey war in Miss Pritchetts

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