Ihr Auftritt, Mr. Pringle!
gefallen?»
«Nein.»
Sie wartete. Er sagte nichts
mehr, sondern trank nur seinen Tee.
«Nun, hier bist du sicher»,
sagte sie nach einer Weile. «Mit dem unglücklichen Hund im Garten und Tinker im
Erdgeschoß könnten nicht einmal die Russen durchkommen. Trink deinen Tee aus
und versuche, dich auszuruhen. Du mußt wieder zu Kräften kommen. Wir möchten
nicht, daß du morgen die Bestattung verpaßt.» Er schaute sie verblüfft an.
«Christopher Gordon. Er wird um
halb elf eingeäschert. Ich habe einen Kranz geschickt.» Sie schloß die Tür.
Er döste. Die elektrischen
Feuerkloben schoben ihre Röte unter seine Lider und störten die wirren
Gedanken. Er brauchte nicht mehr auf den Grundriß vom Regieraum zu schauen, er
sah ihn im Geiste vor sich. Fitz war neben Dorothy gewesen, hinter ihrem Tisch,
als dieser umkippte, festgenagelt auf der Redakteursbank. Er hatte nicht
gestanden, sondern gesessen, vermutlich halb aufgerichtet, um zu helfen, den
Tisch aufzurichten. Was konnte er also auf dieser Höhe gesehen haben?
Mr. Pringle versuchte, sich in
die gleiche Position zu versetzen, wie er zwischen sich bewegenden Gestalten
auf Monitore starrte. Was hatte Fitz’ Blick gefesselt? Die Gestalt des Mörders
war durch andere, die dazwischen gedrängt waren, verborgen gewesen — aber
davor? Als der Mörder nach dem Spieker griff? Hatte er gesehen, welche Hand
über den Tisch fegte? Oder war es etwas, das nachher auf dem Boden lag? War
das, worin der Holzständer eingehüllt war, heruntergefallen, und hatte Fitz es
aufgehoben? Papier, ein Stück blutbedecktes Plastik? Höchst unwahrscheinlich.
Der Mörder hätte danach gesucht und alles getan, um es wiederzubekommen, er
hätte nicht zugelassen, daß ein anderer es behielt. Der Mörder hatte keine
Angst zuzuschlagen. Und Fitz verhielt sich bestimmt auffällig, indem er die
ganze Zeit über zu Hause blieb.
Mr. Pringle schluckte noch eine
Tablette.
Er erwachte am Sonnabend früh
um halb fünf, mit einer klaren Idee im Kopf. Der Mörder hatte ein Büro in der
obersten Etage des alten Gebäudes gehabt — wo das Licht ebenfalls günstig und
die Aussicht ausgezeichnet war. Warum wäre er oder sie sonst dort oben gewesen?
Wartend. Die Person hatte die Schritte gehört, gesehen, wer es war, und die
Gelegenheit genutzt, genauso wie am Montag abend. Viele Angestellte besuchten
immer noch das alte Gebäude. Wenn also jemand dort war, kam das nicht
unerwartet. Aber warum durfte Mr. Pringle am Leben bleiben? Bei dem ständigen
Kommen und Gehen war es nicht unwahrscheinlich, daß jemand rechtzeitig eintraf,
um ihn zu retten.
Er stellte sich vor, wie sein
bewußtloser Körper dort lag und der Killer auf ihn herabsah. Trotz der
Behaglichkeit seines Betts, fröstelte es Mr. Pringle. War auch das nur eine
Warnung gewesen? Wie das Bild? Beim nächstenmal hatte er vielleicht nicht
soviel Glück.
KAPITEL 11
«Die
Bestattung ist am Sonnabend...» Jane Austen, Briefe
Sonnabend, 7. April 1984
Bath & Wells hatte für
die Anfahrt zur Zeremonie Busse zur Verfügung gestellt. Mr. Pringle und Mrs.
Bignall brauchten sich nur um Viertel nach zehn am Empfang einzufinden, dann
würden sie zusammen mit den Angestellten dorthin befördert werden.
Mr. Pringle betrachtete an
diesem Morgen sein Gesicht zum erstenmal gründlich. Der Badezimmerspiegel
ersparte ihm nichts. Er wünschte sich, die Wirkung wäre weniger komisch
gewesen. Der Verband um seinen Kopf war mit dem gleichen rosa Heftpflaster
befestigt worden, mit dem man seine Brille repariert hatte. Seine Augen
dahinter hatten einen noch überraschteren Ausdruck als sonst. Über einem
Wangenknochen war ein Musterexemplar von einem Bluterguß, purpurn in der Mitte,
in Gelb übergehend. Heute bewirkten die neue Frisur und der gestutzte
Schnurrbart keine Wunder für ein alterndes Gesicht.
Mrs. Pugh tat ihr Bestes für
ihn: sie kochte ihm einen Haferbrei. Er versuchte, ein bißchen zu essen, um ihr
gefällig zu sein. Mrs. Bignall schälte ihm einen Apfel und machte den Kaffee
besonders stark. Das Mahl verlief schweigend, schwermütig. Am anderen Tisch
sprachen Petronella und ihr Tierarzt kaum ein Wort. Mr. Pringle dachte an Dante
und Beatrice. Wären sie zueinandergekommen, hätten auch sie damit geendet, sich
so an einem Tisch gegenüberzusitzen? Hätte Romeo lange genug gelebt, würde er
so selbstmörderisch über dem Rührei gesessen haben?
Mr. Pringle versuchte, sich auf
ernstere Probleme zu konzentrieren. Mrs. Pugh reichte ihm
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