Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
hübsch! Dreh ihn doch mal ein bisschen, Stevie. Hast du den selbst gemacht?«
»Ich hab ihn online gekauft.«
Nan beugte sich mit verwirrtem Gesicht zu Lettie. »Wo hat er ihn her?«
»Online, Mum. Am Computer.«
Nan tat jegliche Technologie mit einem Handwedeln ab, konnte jedoch ihre Freude nicht verbergen. »Also, ihr Jungs seid großartig. Vielen Dank.«
»Bitte«, sagte Steven.
»Bitte«, sagte Davey.
Doch Steven bemerkte, dass Davey aus irgendeinem Grund immer noch nicht fröhlich aussah.
Lettie ging ein letztes Mal die Verbotsliste durch: Streiten verboten, das Haus verlassen verboten, Unordnung verboten, den Herd anfassen verboten, bevor Onkel Jude dazukam, ihn heil zumachen. Brot war da, und sie wussten ja, wo der Toaster stand.
Dann gingen sie und Nan um fünf vor halb zehn, um den Bus um zwei Minuten nach halb nach Barnstaple zu nehmen. Nan nahm demonstrativ den Regenschirm mit, obwohl die Sonne bereits den Himmel versengte.
Zwanzig Minuten, nachdem sie gegangen waren, kreuzte Shane mit einer Tüte Kokoswaffeln auf, und er und Davey schalteten den Fernseher ein und schlossen die Playstation an.
Steven nahm den alten Posten seiner Nan am Fenster ein, allerdings zu einem ganz anderen Zweck. Sein Herz erkannte Ems Gestalt bereits, als sie noch ein verschwommener Schemen war, und er lächelte. Als sie näher kam, sah er, dass sie abgeschnittene Jeans und ein weißes Trägerhemd trug und ihre Lieblingsschuhe. Flipflops, hätte seine Nan dazu gesagt, doch sie gingen weit über Strandplastiklatschen hinaus. Sie waren aus weichem Leder, mit aufgenähten türkisblauen Perlen und kleinen Muscheln. Sie hatte sie im Urlaub in Spanien bekommen. Steven war noch nie irgendwo im Urlaub gewesen, schon gar nicht im Ausland. Weston-super-Mare, weiter war er noch nie von zu Hause weg gewesen, und das waren immer nur Tagesausflüge gewesen. Als er das Em erzählt hatte, hatte sie gelacht und ihm nicht geglaubt. Sie lebte zwei Kilometer entfernt in einer anderen Welt.
Em blickte auf, sah ihn, lächelte und hob die Hand zu einem kurzen Gruß.
Er grinste und sprang auf dem Weg zur Tür mit einem Satz über die Playstation-Kabel.
»Was is’n mit dem los?«, wollte Shane wissen.
»Er denkt, jemand liebt ihn«, knurrte Davey.
Diese Worte trennten ein grausames Stück seiner Glückseligkeit ab, daher war sein Lächeln verschwunden, als er die Tür öffnete.
»Was ist denn los?«, fragte Em.
»Gar nichts. Hi. Komm rein«, antwortete er und trat zur Seite, während er überlegte, ob er sie zur Begrüßung küssen sollte. Es schien ihm ein bisschen zu … vertraut, also tat er es nicht.
Ein wenig verlegen standen sie einander in dem schmalen Flur gegenüber.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte Steven. »Tut mir leid, dass wir nicht … du weißt schon … weggehen können.«
»Kein Problem«, meinte Em.
Aus dem Wohnzimmer hörten sie überlautes Reifenquietschen und ein schepperndes Krachen.
»Scheiße!«, brüllte Shane, während Davey lachte und ihn einen Volltrottel nannte.
»Sollen wir nach oben gehen?«, fragte Steven. Dann wurde ihm klar, wie sich das anhörte. »So meine ich das nicht, ich meine bloß … wegen denen, verstehst du …«
»Klar.« Em streckte die Hand aus und berührte die seine.
Beruhigt streckte er den Kopf durch die Wohnzimmertür. »Wir sind oben. Fasst ja den Herd nicht an, okay?«
»Leck mich doch«, sagte Davey leise. Steven ließ es ihm durchgehen.
Em hatte sein Zimmer noch nie gesehen, und plötzlich wurde ihm bewusst, wie klein es war, wie unordentlich – und dass es nach Axe Sport und dreckigen Socken roch. Er machte das Fenster auf und setzte sich aufs Bett, doch Em wanderte im Zimmer herum und betrachtete es. Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte Steven sich, er hätte aufgeräumt. Em betrachtete mit schief gelegtem Kopf das Bücherregal und ließ den Blick über sämtliche Bücher gleiten, die er jemals gelesen hatte. Steven folgte ihm über die Buchrücken. Da hätte er definitiv aufräumen sollen. Da oben standen noch Fünf Freunde -Bände. Und da – ein Bilderbuch, in dem es um ein grünes sprechendes Pferd ging, Herrgott noch mal! Sie würde ihn für so was von schwul halten.
Doch ihr Blick wanderte kommentarlos weiter. »Wer ist denn der Junge da?«, fragte sie, als sie das Foto bemerkte.
»Mein Onkel Billy.«
»Wieso hast du ein Foto von ihm?«
»Er ist tot«, antwortete er und hoffte, das würde reichen.
»Ja? Wie ist er denn gestorben?«
Steven
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