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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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Drogen«, erklärte Jess ihm. »Jedem ist erst mal schlecht, wenn er hier ankommt.«
    Jedem.
    Steven spähte durch den Maschendrahtzaun hinter Jess Took und sah ein kleines blondes Mädchen, das ihn mit ernsten Augen anstarrte. Dahinter war ein ungefähr gleich großes Kind mit braunem Haar. Kylie Irgendwas und das andere Mädchen, an dessen Namen er sich nicht mehr erinnerte – sie waren aus dem Bus entführt worden. Im hintersten Zwinger saß ein dünner sommersprossiger Junge mit rotem Haar. All der Maschendraht zwischen ihnen ließ das Kind, von dem er annahm, dass es Pete Knox war, gepixelt und verschwommen aussehen, wie ein Fernsehbild bei schlechtem digitalen Satellitensignal.
    »Hi«, sagte Pete und winkte feierlich. Steven hob zögernd die Hand.
    »Wie heißt du?«, fragte das blonde Mädchen.
    »Steven«, antwortete er.
    »Das ist Kylie«, sagte Jess. »Und das sind Maisie und Pete.« Sie warf ihr schmutziges Haar zurück, und zum ersten Mal bemerkte Steven ihr Halsband. Fast gleichzeitig griff er sich an den Hals und spürte das dicke, weiche Lederhalsband dort. Seine Finger hantierten mit der Schnalle.
    »Das kriegst du nicht ab. Das Ding ist abgeschlossen.«
    Seine Finger fanden das kleine Vorhängeschloss. »Warum?«
    Jess zuckte die Achseln. »Weil der nicht alle Tassen im Schrank hat, darum.«
    Nicht alle Tassen im Schrank. Diese kindliche Bewertung reichte nicht aus, um jemanden zu beschreiben, der so etwas tat.
    »Hey!« Der Ruf und ein metallisches Rasseln hinter ihm ließen Steven erschrocken herumfahren. Zwei Zwinger weiter patschte ein Junge mit leuchtend blondem Haar mit beiden Händen gegen den Maschendraht und grinste fröhlich.
    »Hey! Hallo!«
    »Hi«, sagte Steven behutsam.
    »Gehen wir jetzt nach Hause? Gehen wir nach Hause zum Tee? Kriege ich Kekse, wenn wir nach Hause kommen?«
    Charlie Peach.
    Steven hatte ihn gelegentlich gesehen, wenn er seinem Vater in Mr Jacobys Laden gefolgt war; einmal auch, als er nach der Schule im Sekretariat auf Mr Peach gewartet hatte. Meistens jedoch lebte Charlie Peach in einer anderen Welt, abseits der Normalität von Shipcott. Eine Welt drinnen im Haus, wo ihm nichts passieren konnte, oder in der Sonderschule, auf die er ging. Steven hatte mehr als einmal einen Behindertenbus vor Mr Peachs Haus parken sehen, der Charlie zusammen mit den anderen ausdruckslos vor sich hin lächelnden Kindern auf einen Tagesausflug mitnahm.
    Einmal allerdings war sein Blick dem eines Jungen im Bus begegnet.
    Über den verkrümmten Händen und dem sabberglänzenden, zuckenden Kinn des Jungen hatte er in ein Paar Augen geblickt, die ihn böse angefunkelt hatten, als wäre das alles seine Schuld. Steven hatte weggeschaut und von da nie wieder hingesehen, wenn der Bus vor Charlies Haus stand. Das war eine andere Welt da drin.
    Jetzt waren Charlie Peach und er in derselben Welt. Dabei rumorte sein ohnehin schon flauer Magen nur noch mehr.
    »Wer ist denn der da ?«, wollte Charlie Peach wissen und wackelte mit den Fingern durch die Drahtrauten.
    Steven schaute nach unten und schnappte nach Luft.
    In dem Käfig zwischen ihnen lag Jonas Holly. Ein Veilchen färbte sein eines Auge schwarz wie eine Piraten-Augenklappe, und eine einen Meter lange Kette führte von dem kleinen Metallring an seinem Halsband zu einem Vorhängeschloss aus Messing, das an dem Zaun festgemacht war, der ihn von Charlie trennte.
    Jonas Holly war ein Opfer – genau wie er.
    Sämtliche Regeln, nach denen Steven achtzehn lange Monate gelebt hatte, änderten sich schlagartig, und von der Umstellung wurde ihm schwindlig. Was bedeutete das? Wenn Jonas die Kinder nicht entführt hatte, hatte er dann trotzdem seine Frau umgebracht? Steven fühlte, wie die beiden Fragen in seinem Innern miteinander rangen. Er war sich fast sicher gewesen, dass beides zutraf, und jetzt sagten ihm seine eigenen Augen, dass zumindest eins davon falsch war.
    Er dachte an den Wald. Die Erinnerung kehrte in unzusam menhängenden Bruchstücken zurück – der Mann mit dem platten Gesicht, der sich abmühte, einen schlaffen Körper auf den Rücksitz des alten Ford zu wuchten. Daveys rote Schulter, die aus dem offenen Kofferraum hervorblitzte, die Angst, auf die Gefahr zuzurennen, anstatt davor wegzulaufen. Wie ihm sein Bauchgefühl zugegrummelt hatte, er solle nicht …
    Sein Bruder in seinen Armen – warm und viel zu laut.
    Psssst! Sei still!
    Davey war nicht still gewesen. Stattdessen hatte er gebrüllt und um sich geschlagen und Steven

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