Ihr stolzer Sklave
„Ich gehe hin und finde heraus, was sie gemacht haben.“
Ihre Freundin warf ihr einen wachsamen Blick zu. „Ich glaube, du solltest besser nicht mit ihm sprechen. Wenn Davin wüsste …“
„Er ist ein Sklave, Niamh. Nicht mehr.“ Wenn sie es oft genug wiederholte, würde sie vielleicht anfangen, es selbst zu glauben.
Sie durchquerte den Ringwall und blieb vor Kieran stehen. Trotz des strahlenden Tages schien etwas Dunkles um ihn zu sein. Die schwarzen Haare hingen ihm über die Schultern, und schwarze Bartstoppeln bedeckten seine Wangen. Während der letzten Wochen, in denen die Sonne die Gegend in eine Frühlingslandschaft verwandelt hatte, war seine Haut dunkler geworden. Er hatte sein mageres, ausgemergeltes Aussehen verloren. Es war durch den Ausdruck eiserner Entschlossenheit ersetzt worden.
„Ich dachte, du wolltest uns nicht helfen“, sagte sie schließlich. Ihre Stimme klang schärfer als beabsichtigt. Sie holte tief Luft und fügte hinzu:
„Wenn es das ist, was du gerade tust.“ Ihr war, als würde sie sich selbst einen Tritt versetzen. Es gab keinen Grund, sich von Kieran aus der Fassung bringen zu lassen.
Ohne ein Wort zu sagen, stellte er das Fass ab. Iseult knete ihre Finger und kam sich immer törichter vor. Sekunden später wandte Kieran ihr den Rücken zu und ging in die Hütte des Holzschnitzers. Sie hatte die Wahl, ihn gehen zu lassen oder ihm zu folgen.
Die Neugier siegte über besseres Wissen. Mit einem raschen Blick versicherte sie sich, dass niemand sie beobachtete. Es war in der jetzigen Situation einfach, der Aufmerksamkeit anderer zu entgehen.
Als sie in der Hütte war, schloss Kieran die Tür hinter ihr. Nur das Torffeuer erhellte den Raum.
„Was habt ihr mit dem Fass gemacht?“, fragte sie.
„Nur das, was nötig war. Vielleicht haben wir so einen gewissen Schutz.“ Er war nicht bereit, irgendetwas zu erklären. Ihr Zorn wuchs. „Ich freue mich, dass du dich entschieden hast, dir ein Gewissen zuzulegen.“
„Ich habe keins. Mir liegt an keinem von denen “, sagte er plötzlich. Seine leise, sinnliche Stimme berührte sie. Tat er es für sie? Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Plötzlich hatte sie Angst, mit ihm allein zu sein, und trat einen Schritt von ihm zurück.
„An wem liegt dir denn?“, flüsterte sie. „Nur an dir selbst?“ Er streckte die Hand aus und knüpfte das Band auf, das ihren Zopf hielt.
Er ließ es zu Boden fallen, und ihr Zopf begann, sich zu lösen.
Seine stumme Geste war nicht die Reaktion, die sie erwartet hatte. Mit dunklen, braunen Augen blickte er sie an, als wollte er sie verschlingen.
Seine Nähe ließ ihre Haut brennen, und mehr denn je wusste sie, dass sie jetzt die Tür öffnen und gehen müsste.
„Ich werde lange genug bleiben, um für deine Sicherheit zu sorgen. Dann werde ich diesen Ort verlassen.“ Er streckte die raue Hand aus und zeichnete die Kontur ihres Kinns nach. Verzaubert von seiner Berührung, schloss sie die Augen.
„Lauf fort, Iseult“, sagte er. „Wenn du den Mut hast.“ W…warum?“, stammelte sie.
„Solltest du bleiben, so werde ich dich zum Abschied küssen.“
12. KAPITEL
So viele Gedanken gingen Iseult durch den Kopf, alles Begründungen, warum es falsch war zu bleiben. Kieran war ein Sklave, und sie war einem anderen Mann versprochen. Ihre Hand lag auf der Tür, aber sie öffnete sie nicht.
War es richtig, Davin zu heiraten? Sie liebte ihn nicht, doch er würde einen guten Ehemann abgeben. In den vergangenen Wochen waren ihre Zweifel immer stärker geworden. Er wollte Aidan gar nicht finden, nicht so, wie sie ihn finden wollte.
Und Kieran hatte ihr nichts versprochen, nie erwähnt, dass etwas zwischen ihnen war. Aber es war auch nicht mehr als eine starke Anziehung und ein starkes Begehren. Wenn sich die Gelegenheit dazu ergab, würde er fliehen. Und, der Himmel war ihr Zeuge, sie würde ihn nicht aufhalten.
Warum aber sah er sie jetzt so an, als wollte er ihr und sich die Kleider vom Leib reißen, damit er sie besitzen konnte?
„Dir liegt doch nichts an mir“, flüsterte sie, als er näher trat.
„Wenn das wahr wäre, hätte ich euch bei Anbruch der Dämmerung verlassen.“ Er griff nach ihrem Zopf und fing an, die Strähnen zu lösen. „Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe.“ Er strich ihr über die Stirn, ließ die Finger über ihre Lider gleiten und über die Linie ihrer
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