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Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hagen
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schaute er auch drein.
    Das Boot kam längsseits zu einem der Anleger, und zwei der uniformierten Polizisten beeilten sich, es mit dicken Tauen an den Bollern festzumachen.
    Da Gebert an Deck blieb, nahm Inga Jäger an, dass er wollte, dass sie an Bord kam. Sie schritt den Anleger nach unten und betrat das in der Strömung leicht schwankende Boot über einen kleinen Fallreep.
    Sofort machten die Polizisten wieder los, und die Motoren heulten auf.
    Inga Jäger grüßte die Mannschaft mit einem freundlichen Nicken und ging zu Gebert nach vorn, ehe das Boot Fahrt aufnahm und sie sich an der Reling festhalten musste. Doch schon wenige Sekunden später hatte das Schiff sich durch die Geschwindigkeit bereits wieder stabilisiert, und Gebert zog die Hand aus der Tasche, um ihr eine Zigarette anzubieten. Sie nahm sie dankbar entgegen und zündete sie wegen des Fahrtwindes mit ihrem eigenen Feuerzeug an.
    Für eine gute Minute standen sie und Gebert schweigend und rauchend nebeneinander und schauten auf den nebelbedeckten Fluss hinaus.
    » Also, was gibt es?«, fragte Inga Jäger schließlich.
    » Noch zwei Minuten Geduld«, brummte Gebert und tat einen weiteren tiefen Zug. Dann deutete er mit der glühenden Zigarettenspitze nach vorn, wo in dem Dunst allmählich die dunklen Umrisse der Insel sichtbar wurden.
    Am Bootsanleger stand, zwischen zwei Sphingen aus Sandstein, » die Otto«, wie Gebert seine Assistentin Lydia Otto nannte.
    Inga Jäger hatte zum ersten Mal Gelegenheit, sie genauer zu betrachten: Ende zwanzig, brünett, sportlich.
    Sie trug Zivilkleidung– schwarze, relativ eng und doch bequem geschnittene Stoffhose, schwarzer Strickrolli und ebenso schwarzer Windbreaker. Ihre Stiefel waren auf Hochglanz poliert, genau wie der Gürtel, an dem sie ihre Dienstwaffe trug. Sie stand so stramm, als wäre sie beim Militär; die Füße etwa einen halben Meter auseinander und parallel zueinander auf die Erde gesetzt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
    Inga Jäger hatte noch bei keiner Frau einen ernsteren Gesichtsausdruck gesehen. Der täuschte darüber hinweg, dass sie eigentlich recht attraktiv war– vielleicht war es auch genau das, was sie damit bezweckte.
    Inga Jäger wusste aus eigener Erfahrung bei der Polizei und auch bei der Staatsanwaltschaft nur allzu gut, dass man als Frau immer noch ein Stück mehr Stärke zeigen musste als die Männer um einen herum, um in deren Welt überhaupt zu bestehen und zwischen ihnen nach oben zu kommen. Besonders bei einem Vorgesetzten wie Gebert.
    Das Boot legte an und wurde festgemacht. Nur Inga Jäger und Gebert gingen von Bord.
    Die Otto begrüßte sie mit einem zackigen Nicken und ging ohne jedes weitere Wort vor.
    Sie folgten ihr die breite Treppe hinauf. Schon nach wenigen Metern sah Inga Jäger direkt vor sich ein zweiflügliges Barock-Herrenhaus mit Sandsteinkolonnade und-balkon und runden Fenstern im rot gedeckten Mansardenwalmdach.
    » Wie sich herausstellte, hat Heiko Reichard hier sein Atelier«, sagte Gebert.
    » Sie schippern mich auf den Rhein, damit ich mir seine Bilder ansehe?«, fragte Inga Jäger erstaunt.
    » Nicht seine Bilder«, sagte Gebert mit kryptischem Blick und leichtem Kopfschütteln. » Nein, wahrlich nicht seine Bilder.«

20
    Auf der Eltviller Aue.
    Sie betraten das in der Abgeschiedenheit der Insel thronende Herrenhaus, das mit seiner Architektur und der hallenden Akustik sehr an ein englisches Spukschloss erinnerte, und Kommissar Gebert und die Otto führten Inga Jäger zwei Stockwerke die weiten, zum Teil recht stark ausgetretenen Eichenholztreppen hinauf in die Mansarde des Westflügels.
    Trotz der großen runden Bullaugen ähnelnden Fenster im Dach war es hier wegen der frühen Tageszeit, der von der Sonne abgewandten Himmelsrichtung und des Nebels noch recht düster.
    Inga Jäger sah sich um und erkannte eine ganze Serie von Staffelagen verschiedener Größen, mehrere zu großzügigen Arbeitsflächen aufgestellte Tapeziertische und überall an den Wänden in Reihen hintereinander aufgestellte Bilder.
    An einer der Wände stand ein großes, altes Kirschholzregal voller Glasgefäße, deren Inhalt sie auf die Entfernung nicht identifizieren konnte.
    Das änderte sich, als die Otto jetzt das Licht einschaltete.
    Es war wie ein Schock.
    Inga Jäger trat mit zügigen Schritten näher an das Regal heran, um sicherzustellen, dass ihre Augen sie nicht trogen. Sie tat das unbewusst und ohne darüber nachzudenken, und ehe sie sich’s versah, hatte

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