Ihr wahrer Name
nächster Tag alles saubergemacht, nichts gesehen. Aber bei Party, ich höre Sie sprechen Italienisch. Warum, wenn Sie heißen Warshawska?« Sie sprach meinen Namen polnisch aus und hängte die richtige Endung für eine Frau an.
»Meine Mutter war aus Italien«, erklärte ich. »Und mein Vater aus Polen.«
Sie nickte. »Verstehe. Kinder sprechen wie Mutter. In meiner Familie auch so. Und in Familie von Mrs. Fillida. Mr. Rossy sprechen Italienisch, Englisch, Deutsch und Französisch, aber Kinder nur Italienisch und Englisch.«
Ich bekundete mein Mitgefühl darüber, daß niemand im Haushalt richtig mit Irina kommunizieren konnte. »Mrs. Rossy ist doch eine gute Mutter, oder? Sie spricht immer mit ihren Kindern.« Irina hob die Hände. »Wenn sie sieht Kinder, sie immer hält wie... wie... Katze oder Hund.« Sie deutete eine Streichelbewegung an. »Kleider, o mein Gott, sie haben schöne Kleider, viel, viel Geld. Ich zahle für alle Kleider von meine Kinder soviel wie sie für ein Kleid für Marguerita. Kinder viel Geld, aber nicht glücklich. Keine Freude haben. Mister ist guter Mann, glücklich, immer höflich. Sie nicht, immer kalt.«
»Doch sie läßt die Kinder nicht gern allein, stimmt's?« bemühte ich mich, das Thema beizubehalten. »Sie empfangen Besucher hier, aber geht sie auch manchmal aus und läßt die Kinder allein zu Hause?«
Irina sah mich erstaunt an. Natürlich verließ Mrs. Rossy das Haus auch ohne die Kinder. Sie war reich, ging ins Fitneßstudio, zum Einkaufen, Freunde besuchen. Nur wenn sie zu Hause war... »Ich glaube, ich habe sie letzten Freitag abend bei einem Ball im Hilton Hotel gesehen. Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung.« Ich mußte den Satz ein paarmal in unterschiedlichem Wortlaut wiederholen, bis Irina mich verstand.
Sie zuckte mit den Achseln. »Ist möglich. War nicht hier, weiß nicht, wo sie und Mister gehen. Ich früh in Bett. Nicht wie heute, wenn viele Leute kommen zum Essen.«
Das war mein Stichwort zu gehen. Ich versuchte, ihr ein Trinkgeld für ihre Hilfe zu geben, doch sie hob abwehrend die Hände. Die Sache mit meinem Ohrring tat ihr leid: Sie würde weiter danach suchen.
Als ich die Straße hinauffuhr, kam ich an den Kindern vorbei, die von ihrem Spaziergang zurückkehrten. Sie schlugen aufeinander ein, obwohl das Kindermädchen zwischen ihnen ging -glückliche Familien, wie Tolstoi sagt.
Dann waren die Rossys also vermutlich am Freitag abend nicht zu Hause gewesen. Das bedeutete allerdings nicht, daß sie in Hyde Park auf Howard Fepple geschossen hatten. Trotzdem konnte ich mir vorstellen, wie Fillida ihn anrief, sich als Connie Ingram ausgab und ihm einredete, sie sei scharf auf ihn. Ich konnte mir auch vorstellen, wie sie mit ihm und den werdenden Eltern der Lamaze-Gruppe das Haus betrat - vielleicht hatte sich ihr Mann auch darunter gemischt - und dann mit Fepple auf dessen Stuhl zu knutschen begann. Bertrand hätte sich ins Büro geschlichen, ihm einen Schlag auf den Hinterkopf versetzt, und sie hätte den Lauf der SIG in den Mund von Fepple gesteckt. Als Blut und Knochen spritzten, wäre sie aufgesprungen und hätte die Waffe unter seinen Stuhl gelegt. Sie war cool, aber nicht cool genug, ihm die Waffe in die Hand zu drücken, damit die Leute von der Spurensicherung Schmauchspuren darauf finden würden.
Anschließend hätten sie und Bertrand das Büro untersucht, die Sommers-Akte gefunden und sich aus dem Staub gemacht. Und gestern wäre Fillida in Hoffmans Haus gewesen. Wie hatte sie die Adresse herausbekommen, wenn mir das solche Mühe gemacht hatte? Ach ja, natürlich, über Hoffman. Sie kannten seinen Namen: Sie suchten ja nach ihm und den Aufzeichnungen über die Edelweiß-Nesthorn-Verkäufe. Wahrscheinlich waren Rossy die Augen fast aus dem Kopf gefallen, als Connie Ingram in der vergangenen Woche die Sommers-Akte direkt in Ralphs Büro gebracht hatte. Der Vertreter, den er aufspüren wollte, Ulf Hoffman, hier, direkt vor seiner Nase in Chicago. Vielleicht hatten sie eine Weile gebraucht, sich einen Reim darauf zu machen, aber irgendwann war ihnen klargeworden, daß sie seine Adresse auch dann noch herausfinden konnten, wenn er inzwischen tot war. Es gab ja zum Beispiel alte Telefonbücher.
All das konnte ich mir vorstellen. Aber wie sollte ich es beweisen? Mit sehr viel mehr Zeit und Geld hätte ich zu Ameritech gehen und mich dort nach alten Telefonbüchern erkundigen können. Die Leute von der Polizei waren nicht in der Lage gewesen, die
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