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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Herkunft der SIG zurückzuverfolgen, mit der Fepple getötet worden war. Vielleicht hatte Filiidas Freundin, die Frau des Kulturattaches, sie im Diplomatengepäck mitgebracht. »Laura, Schätzchen, ich würde gern meine Waffe mitbringen. Die Amerikaner haben so ein merkwürdiges Verhältnis zu Waffen - sie tragen sie alle mit sich rum wie wir unsere Brieftaschen, aber ich müßte Tausende von Formularen ausfüllen, wenn ich meine durch den Zoll bringen wollte.« Während ich den Lake Shore Drive zu meinem Treffen mit Durham entlangfuhr, dachte ich beklommen an Paul Hoffman in seinem Krankenbett. Wohin war Fillida Rossy mit ihrer Sporttasche gegangen? Besuchte sie noch so spät das Fitneßstudio, oder befand sich in der Tasche eine Waffe, mit der sie die Sache mit Paul zu Ende bringen würde?
    Bei der Ampel an der Chicago Avenue rief ich im Krankenhaus an, aber man wollte mich nicht mit seinem Zimmer verbinden. Gut. Konnten sie mir etwas über den Zustand des Patienten sagen? Er war ernst.
    Nachdem ich einen Parkplatz mit Parkuhr ein paar Häuserblocks südlich vom Golden Glow gefunden hatte, rief ich Tim Streeter bei Max an. Max war noch nicht von der Arbeit daheim; Posner war wieder vor dem Krankenhaus aufgetaucht. Zwar hatte die Demonstration einen ruhigeren Verlauf genommen, aber man diskutierte die Situation noch mit der Klinikleitung. Tim langweilte sich; eigentlich wurde er nicht mehr gebraucht. Wenn ich Calia nun noch Ninshuburs Halsband brachte, waren alle glücklich und zufrieden.
    »Ach, das verdammte Halsband.« Ich sagte Tim, wenn ich es nicht mehr schaffte, am selben Abend nach Evanston zu fahren, würde Calia sich eben damit begnügen müssen, es zu Hause mit der Post zu bekommen. Wichtiger erschienen mir da schon meine Sorgen um Pauls Sicherheit, von denen ich Tim erzählte.
    Tim sagte, er würde seinen Bruder fragen, ob eine der Frauen aus ihrem Team ein paar Tage lang auf Paul aufpassen könnte. Er selbst hatte fürs erste die Nase voll vom Personenschutz; vier Tage mit Calia, und er war vor der Zeit grau geworden.
    Nach Beendigung des Gesprächs legte ich müde den Kopf auf das Lenkrad. Zuviel passierte, was ich nicht verstand und nicht kontrollieren konnte. Wo steckte Lotty? Sie war am Vorabend voller Wut aufgestanden, weggefahren - und verschwunden. Ich wählte die Nummer ihrer Wohnung, wo sich wieder nur ihr Anrufbeantworter meldete. »Lotty, bitte ruf mich an, sobald du das hörst. Ich mache mir ernsthafte Sorgen.« Dann wählte ich die Nummer von Max, um eine Nachricht zu hinterlassen, doch Max war gerade zur Tür hereingekommen.
    »Victoria, hast du etwas von Lotty gehört? Nein? Mrs. Coltrain hat angerufen und wollte wissen, ob es dir gelungen ist, in ihre Wohnung zu gelangen.«
    »Ach verdammt - daß ich Mrs. Coltrain anrufen sollte, habe ich völlig verschwitzt. Ich mach' im Augenblick wieder zu viele Dinge gleichzeitig.« Dann erzählte ich Max von meinem morgendlichen Rundgang durch Lottys Wohnung und bat ihn, Mrs. Coltrain für mich Bescheid zu sagen. »Wenn Lotty aus freien Stücken verschwunden ist, wieso hat sie uns dann nicht vorher informiert?« fügte ich hinzu. »Sie kann sich doch vorstellen, welche Sorgen sich alle ihre Freunde machen, ganz zu schweigen von Mrs. Coltrain und den Leuten in ihrer Klinik.« »Sie ist völlig außer sich«, sagte Max. »Irgend etwas hat sie so aus dem Gleichgewicht gebracht, daß sie nur noch an ihre eigene kleine Welt denkt, nicht mehr an die größere mit ihren Freunden. Ihr Verhalten macht mir angst, Victoria. Ich fühle mich versucht, das Ganze einen längst fälligen posttraumatischen Nervenzusammenbruch zu nennen. Sie hat so viele Jahre so viel zurückgehalten, daß es jetzt über sie hereinbricht wie eine Riesenwelle. Wenn du irgend etwas von ihr hörst, egal um welche Uhrzeit, dann sag mir bitte sofort Bescheid. Ich mache es umgekehrt genauso.«
    Es tröstete mich, daß Max sich genauso große Sorgen machte wie ich. Posttraumatischer Streß -diese Diagnose wird heutzutage so oft gestellt, daß man vergißt, wie schlimm ein solcher Zustand tatsächlich ist. Wenn Max recht hatte, erklärte das möglicherweise Lottys unerträgliche Nervosität in letzter Zeit und auch ihr plötzliches Verschwinden. Hätte ich mich nur nicht in den Sumpf dieser Ermittlungen hineinziehen lassen: Eigentlich wollte ich mich jetzt auf die Suche nach ihr machen und sie trösten, falls das in meiner Macht lag. Ich wollte ihr den Weg ins Leben zurück zeigen. Aber mir

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