Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
atemberaubenden Labyrinth schwarzer Türme, Brücken und Treppen um, über dem ein schwacher Schimmer des blauen Himmels lag.
„Es muss verwirrend für Euch sein“, sagte Libanul, der den Prinzen beobachtet hatte. „Es sind schon lange keine Menschen mehr in Shindistan gewesen. Ich fürchte, die meisten sind der Meinung, die Tote Stadt existiere gar nicht in der Wirklichkeit, sondern beruhe nur auf einem Märchen. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr mir nun folgen. Man wird sich um Euch kümmern und Euch ein Gemach zuweisen.“
Miray warf Jonkanur einen fragenden Blick zu. Hier würden sie sich trennen müssen, da der große Drache nicht ins Innere des Turmes vordringen konnte.
„Es ist alles in Ordnung“, sagte Jonkanur, und Miray war es so, als würde er ihm mit einem Auge zuzwinkern. „Geh ruhig. Es wird nichts geschehen. Ich warte hier auf dich.“
Miray war einfach zu müde, um über die Gefahren dieses Ortes nachdenken zu können. Die Vorstellung von einem Zimmer und einem Bett nur für ihn allein, war märchenhaft schön und so ließ er sich von Libanul durch ein breites, mit kleinen Lichtern gespicktes, Portal ins Innere des monströsen Bauwerkes führen.
„Wir befinden uns hier im Turm der Mitte“, erklärte der Feenmann. „Er reicht tausend Meter in die Tiefe und war einer der ersten Türme, die die Lichtfeen erbaut haben. Von ihm aus gezählt haben die anderen Türme ihre Namen erhalten. Da gibt es die Türme der rechten und der linken Seite und alle haben eine Zahl. Zum Beispiel der zehnte Turm der rechten Seite, das ist der Turm, in dem ich normalerweise lebe. Die Türme haben aber auch eigene Namen. So heißt der Turm der Mitte auch- Aribanai.“
Miray versuchte den Worten des Feenmannes zu folgen, während er das Innere des Turmes betrat. Aber die Müdigkeit zerrte an seinem Geist, und er wusste, er würde später wieder alles vergessen haben.
Sie gelangten in einen weiten Raum, der aussah, wie das Innere einer Bienenwabe. Auch hier waren die Wände, der Boden und das Gewölbe schwarz wie Pech. Aber die Feen trotzten der Finsternis mit einem kleinen Trick. Das Mauerwerk war durchsetzt mit tausend sanft schimmernden Lichtpunkten. Es sah aus, als würde man in einen weiten Sternenhimmel blicken, nur dass hier die Lichter viel dichter beisammen saßen.
Staunend sah der Prinz sich um, während eine Abordnung weiß gekleideter Frauen auf sie zuhielt. Sie sahen alle ein bisschen wie Dari aus, trotzdem hatte keine von ihnen ihre Anmut oder ihre einprägsamen Gesichtszüge.
Sie verneigten sich vor dem Prinz und reichten ihm einen silbernen Kelch, in den die Köpfe von Einhörnern eingraviert waren.
„Es ist so Sitte bei den Feen, einen Begrüßungstrunk zu reichen“, erklärte Libanul, als Miray ihn fragend anblickte. „Der Trank besteht aus dem Nektar der Blumen, die am Grunde der Stadt wachsen. Er ist sehr stark und wird Euch vorkommen, wie ein wirksames Heilelixier.“
Mit gemischten Gehfühlen führte Miray den Kelch an die Lippen und nippte davon. Die Flüssigkeit war zäh wie Honig und schmeckte auch wie solcher, nur viel köstlicher und süßer. Es war ihm, als würde er geschmolzene Sonnenstrahlen trinken. Eine erfrischende Wärme zog durch seinen Körper und spülte die Müdigkeit aus seinem Geist.
Eine der Frauen nahm ihm den Kelch wieder aus der Hand, und eine andere erfasste ihn am Ellenbogen. Sie zog mit sanfter Gewalt an ihm, während Miray Libanul einen weiteren fragenden Blick zuwarf.
„Geht nur mit ihnen. Sie werden sich um Euch kümmern“, forderte der Feenmann ihn auf und Miray ließ es geschehen.
Danach wurde die Erinnerung immer blasser. Später wusste er nur noch, dass er durch einen langen, tunnelartigen Gang geführt worden war, der von Tausenden von sanftgrünen Lichtkugeln bedeckt gewesen war. Und dann wusste er noch von einem wabenförmigen Zimmer, und einem Bassin mit türkisgrünem Wasser. Er konnte sich auch noch an die sanften Hände der Lichtfeen erinnern, die ihm die schmutzigen Kleider ausgezogen hatten. Aber dann musste er entweder die Besinnung verloren haben, oder der Begrüßungstrunk der Lichtfeen hatte ihn in eine andere Welt entführt.
33. Iluminai- das Amulett
Die Töchter König Tahuts erreichten Shindistan am elften Tag des neunten Mondes im 345sten Jahr des Drachen Algament, und es war kein so beeindruckendes Erscheinen, wie es Jonkanur und Miray gegönnt gewesen war.
Unter
Weitere Kostenlose Bücher