Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
Füßen deutlich knirschte.
„Ich habe das Gefühl, als würde dieses Feenbauwerk nicht mehr lange halten“, sagte er und lehnte sich über die Balustrade. Weiter unten erwachte die Tote Stadt gerade wieder zu neuem Leben. Bunte Lichter schwebten in unterschiedliche Richtungen davon und begannen die vielen Brücken und Treppen zu beleuchten.
„Könnt Ihr Euch daran erinnern, dass wir jemals ein richtiges Gespräch unter vier Augen geführt haben?“, erkundigte sich Miray mit schneidender Stimme.
Effèlan zog eine Braue hoch. „Wir haben oft miteinander geredet“, sagte er harmlos. „Immer wenn wir zusammen gegessen haben. Oder früher, als ich Euch das Reiten beibrachte und wir in den Wäldern von Effèlan unterwegs waren.“
„Das waren keine richtigen Gespräche, das waren allerhöchstens Maßregelungen.“
„Also ... nun kommt mir nicht so!“
„Ich bin nicht Eurer Sohn, Effèlan, und ich brauche mich auch nicht mehr so zu verhalten, als wäre ich es.“
Effèlan schnaubte und betrachtete Miray eingehend. Es war seltsam, aber mit dem jungen Mann schien tatsächl ich eine Veränderung vonstattengegangen zu sein. Was Andamar vergeblich zu bewirken versucht hatte, schien nun von selbst geschehen zu sein. Miray machte nicht mehr den Eindruck eines unbeholfenen Kindes.
„Ich wollte Euch bitten ...“, begann der König.
„Ihr wolltet mich bitten!“, erhob Miray die Stimme. Seine Augen funkelten wütend.
„Ihr wisst selbst, Miray, dass Ihr nach Effèlan gehört. Denkt Ihr wirklich, König Tahut wird Euch seinen Thron überlassen? Seine Töchter haben Anspruch darauf.“
„Das ist doch gar nicht wichtig. Ich wollte niemals einen Thron. Ich wollte nur jemandes Sohn sein.“
„Nun, das seid Ihr ja. Ihr seid mein Sohn. Ich wusste ja von Anfang an, dass Ihr nicht mein leiblicher Sohn seid.“
„Warum habt Ihr das getan? Ist es wegen des Elbenherzes? Ihr dachtet, ich würde einmal ein größerer Herrscher werden als Ihr. Glaubtet Ihr, ich würde, wenn ich erwachsen bin, das Königshaus von Shidabayra dem Erdboden gleich machen?“
Miray blickte forschend in Effèlans Gesicht, der nicht genau wusste, wie er auf diese direkten Fragen reagieren sollte. Er schnaubte unwillig und starrte hinunter auf die schwebenden Lichter der erwachenden Stadt.
„Das wäre eine schöne Ironie gewesen. Tahuts eigener Sohn zerstört dessen Macht auf ewig. Ich wette, so ähnlich hattet Ihr Euch das gedacht.“
„Natürlich habt Ihr bis zu einem gewissen Grad Recht ...“, räumte Effèlan nun ein und vermied es, seinen Ziehsohn anzublicken. „Aber das war nur der erste Impuls meines Vorhabens.“
„Eures Vorhabens!“
„Später, als Ihr dann da wart und Ihr langsam größer wurdet, trat dieser Plan immer mehr in den Hintergrund. Ich habe nicht damit gerechnet, dass mit Euch so viele Gefühle verbunden sein würden.“
„Davon habe ich bis heute nichts gemerkt.“
„Dann tut es mir leid, Miray!“ Der König sah den Prinzen an. „Es war nicht meine Absicht, Euch Schaden zuzufügen. Ich war der Meinung, Euch würde es an nichts fehlen. Ich habe immer für Euch gesorgt. Ich liebe Euch, das müsst Ihr mir glauben.“
Miray schüttelte heftig den Kopf.
„So geht das nicht!“, rief er. „Ihr könnt nicht einfach nach all der Zeit daherkommen, jetzt, da alles in Trümmern liegt und so etwas behaupten. Ich habe von Eurer Liebe nie etwas bemerkt.“
„Und dennoch ist es so. Fragt Roderick.“
„Ja, natürlich. Er war der Einzige, der sich um mich gekümmert hat. Ihn habt Ihr immer vorgeschickt. Wäre es anders gewesen, wenn ich Euer leiblicher Sohn gewesen wäre?“
„Vermutlich nicht“, meinte Effèlan.
„Ich weiß nicht, ich bin mir da nicht sicher. Ihr habt Nyasinta und mich doch von Anfang an nur benutzt.“
Miray drehte sich um und stürmte durch den Eingang ins Innere des Turmes. Der König blickte ihm mit gemischten Gefühlen hinterher. Was hätte er Miray sagen sollen? Er hatte ja mit jedem Wort Recht. Natürlich waren seine Absichten zweifelhafter Natur gewesen. Alles daran hatte darauf abgezielt, Tahut seines machtvollen Sohnes zu berauben. Effèlan war auch gar nicht gewillt, etwas anderes zuzugeben. Er machte keinen Hehl daraus, wie und was er war. Und es stimmte auch, dass er sich gewünscht hatte, Miray würde der starke und rücksichtslose Thronerbe werden, den er sich vorgestellt hatte.
Aber es gab bei der ganzen Sache auch noch eine andere Seite. Der König hatte nicht gelogen,
Weitere Kostenlose Bücher