Im Auftrag der Liebe
denken.
Sie runzelte die Stirn. »Ich bin sicher, dass Sie bereits wissen, wie besessen ich von Michael war. Darauf bin ich nicht stolz. Eins weiß ich aber sicher: Michael würde nie jemandem wehtun. Dafür ist er nicht der Typ.«
»Hatte Rachel noch andere Feinde?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Keine früheren Liebschaften?«
»Sie war immer viel zu sehr damit beschäftigt, zu arbeiten und mich im Zaum zu halten.«
»Als man Rachel gefunden hat, trug sie den Verlobungsring am Finger, den Michael Jennifer Thompson geschenkt hatte. Haben Sie irgendeine Idee, warum?«
Elena ließ den Kopf hängen. »Meinetwegen.«
»Wie das?«, fragte ich.
»Das ist mir so peinlich. Ich habe mehrmals versucht, mich mit Jennifer in Verbindung zu setzen, mich bei ihr zu entschuldigen und ihr die Wahrheit zu erzählen, aber ich kann sie nicht finden. Ihre Familie will mir nicht verraten, wo sie sich aufhält.«
Was ich ihnen auch nicht verübeln konnte.
»Die Wahrheit?«, fragte Sean. »Worüber?«
Sie atmete tief durch und erklärte: »Zwischen Michael und mir ist nie etwas gelaufen. Eines Abends hatte er zu viel getrunken und war nicht mehr ganz da. Also machten Rachel und ich ein paar Bilder, die es so aussehen ließen, als ob er und ich gemeinsam die Nacht verbracht hätten. Ich habe sie Jennifer gezeigt, und das war der Grund für ihre Trennung.« Sie presste die Fingerspitzen auf die Nasenwurzel. »Das war übel. Wirklich übel.«
Ich teilte ihre Meinung. Und es war gut, dass somit die Geschichte bestätigt war, die Michael mir erzählt hatte – er war Jennifer treu gewesen.
»Sagen wir einfach, dass ich eines Tages etwas aus Michaels Briefkasten mitgenommen habe.«
»Sie haben seine Post gestohlen?«, fragte ich.
»Ja, habe ich. Als ich bemerkt hatte, dass die Sendung von Jennifer kam, konnte ich einfach nicht anders. In dem Päckchen war der Ring. Ich habe ihn an mich genommen, ohne groß nachzudenken.«
»Und wie ist er dann bei Rachel gelandet?«, wollte Sean wissen.
»Ich habe ihn in der Wohnung zurückgelassen, als ich ausgezogen bin. Ich hatte gedacht, dass sie ihn Michael zukommen lassen würde. Offensichtlich hatte sie nie die Gelegenheit dazu.«
Die Erklärung war schlüssig, ich verstand aber immer noch nicht, warum Rachel den Ring am Finger getragen hatte.
»Was ist mit Jennifers Katze passiert?«, fragte ich. Mir war nicht ganz klar, warum, aber aus irgendeinem Grund musste ich das unbedingt wissen.
Sie schloss langsam die Augen, dann öffnete sie sie wieder, leuchtend und hell. Sie erhob einen Finger und verließ kurz den Raum.
Eine Minute später kehrte sie zurück, eine fette Tigerkatze im Arm. »Er heißt Mikey«, erklärte sie und rollte mit den Augen. »Michael zu Ehren. Ihn wollte ich Jennifer auch zurückgeben, aber wie gesagt …«
Sean unterbrach sie: »Sie konnten sie nicht finden.«
Sie nickte.
Ich war erleichtert, dass dem Tier nichts zugestoßen war. Aber inzwischen fragte ich mich wirklich, ob Elena tatsächlich so gefährlich gewesen war, wie sie auf andere gewirkt hatte. Waren das alles nur leere Drohungen gewesen? Oder verbarg sich hinter ihrer Fassade ein Soziopath?
Ich lehnte mich vor. »Darf ich Sie mal was fragen?«
»Ich denke schon.«
»Sie haben da so ein Schmuckkästchen, das Rachel gehört hat.«
Ihre Augen verfinsterten sich misstrauisch. »Woher wissen Sie von dem Kästchen?«
Ich ignorierte sie. »Woher haben Sie das? Eine Freundin der Familie hat es Rachel geschenkt – es hatte für sie emotionalen Wert. Rachel hätte es nie hergegeben.«
»Was das betrifft, täuschen Sie sich«, behauptete sie mit vorgestrecktem Kinn. Der Kater hopste von ihrem Arm herunter und trottete davon. »Sie hat es mir selbst gegeben. Das war, als ich einundzwanzig wurde und sie sich kein Geschenk leisten konnte. Sie wollte, dass ich es habe.«
Sonst fielen mir keine Fragen mehr ein. Ich sah zu Sean hinüber, und er stand auf. »Es würde mich nicht wundern, wenn Sie bald von der State Police Massachusetts hören«, erklärte er und zog die Schiebetür auf. »Sie haben ja meine Karte, falls Sie sich noch an irgendetwas anderes erinnern.«
Ich fügte hinzu: »Wenn Ihnen zum Beispiel jemand einfallen sollte, der Rachel Böses wünschen könnte.«
Sie stand in der Tür, und ein finsterer Gesichtsausdruck zog ihre Mundwinkel nach unten. »Ich habe schon darüber nachgedacht. Mir kommt niemand in den Sinn, außer …«
Ich blieb auf der obersten Stufe stehen und drehte mich zu ihr
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