Im Bann der Dämonin
Knäuel verknotet.
Kurz entschlossen durchtrennte er die Kabel und kletterte wieder nach unten.
Und prompt gingen im ganzen Haus die Lichter aus. Die Lichtspiegelungen auf der Oberfläche des Kanals waren verschwunden. Jetzt beleuchtete nur noch das Mondlicht das dunkle Wasser.
Brandon wartete. Stille.
Dann hörte er die ersten Rufe und Stimmen im Haus.
Zuerst die leicht erkennbare, honigweiche Stimme der Dämonin.„Massimo! Giancarlo!“
Dann die tiefen Stimmen der Türhüter, die hektisch auf Italienisch miteinander sprachen.
Die Seitentür ging auf.
Zwei Türhüter traten heraus, um nachzusehen, was los war. Einer von ihnen hatte einen Werkzeugkasten dabei.
Auch wenn die beiden nicht die Schnellsten waren – Bran-don wusste, dass sie sofort seine Anwesenheit spüren würden. Sie lauschten in die Dunkelheit und starrten prüfend in die Nacht hinein.
Schließlich waren es aber die Kobolde unter dem Haus, die ihn verrieten. Die fiesen kleinen Kreaturen mit den hohen Stimmen begannen wie kämpfende Katzen schrill zu kreischen, als sie ihn entdeckten. Die beiden Türhüter wandten sich in Richtung des Gekreisches. Der mit dem Werkzeugkasten in der Hand riss einen großen Schraubenschlüssel heraus und schleuderte ihn wie einen Amboss auf Brandons Kopf zu. Der andere ging zum Angriff über, mit gesenktem Kopf wie ein Bulle.
Brandon gelang es, den Schraubenschlüssel aufzufangen, und drehte sich wie ein Stierkämpfer, um dem angreifenden Dämon auszuweichen. Dann schlug er seinem Angreifer mit der Drehung das schwere Werkzeug in den Nacken. Der Dämon ging sofort zu Boden.
Im nächsten Augenblick schmiss Brandon den Schraubenschlüssel nach dem anderen Türhüter und rannte auf ihn zu. Er schlug ihm die Beine weg und nahm ihn in den Schwitzkasten. Der Mann stöhnte, dann wurde er ohnmächtig.
Anschließend schleppte der Engel die beiden bewusstlosen Männer zu seinem Boot, wo er sie mit Handschellen fesselte. Mit seiner Fracht ruderte er zurück auf die andere Seite, zu seinem momentanen Domizil.
Er schleppte die Türhüter in den Palast und legte sie in einen kleinen fensterlosen Raum im hinteren Teil des Gebäudes. Erst dann sah er nach, was sich auf der anderen Seite des Kanals tat.Die Dämonin stand mit einer Kerze am Fenster und starrte hinaus in die Nacht.
Komm doch raus, spielen! hätte er am liebsten gerufen.
Luciana arbeitete nun bei Kerzenlicht weiter an der neuen Rezeptur.
Massimo klopfte an die Tür. Er klang außerordentlich gestresst, als er jetzt rief: „ Baronessa , wir haben einen Notfall!“
Luciana öffnete die Tür und zog die Handschuhe aus, um sich die müden Augen zu reiben.
„Das sehe ich“, sagte sie und blinzelte in die Dunkelheit. „Schaffen es die Türhüter nicht, den Strom wieder anzuschalten?“
„Nein, baronessa . Wie Sie sehen, haben wir immer noch kein Licht. Aber was noch wichtiger ist …“, Massimo machte ein äußerst unglückliches Gesicht, „… zwei der Türhüter sind verschwunden.“
„Wer?“
„Giancarlo und Antonio. Sie waren nach draußen gegangen, um den Stromausfall zu beheben.“
Keiner von ihnen sagte ein Wort. Giancarlo und Antonio waren beides starke junge Männer und durchaus in der Lage, sich gegen einen Angreifer zu verteidigen.
„Auch wenn wir nicht wissen, was mit ihnen passiert ist, ist es sinnlos, gleich das Schlimmste zu befürchten. Falls nicht die Kompanie der Engel dahintersteckt, vögeln die beiden vermutlich gerade eine Frau in die Besinnungslosigkeit. Das scheint ja ohnehin ihr Hauptbetätigungsfeld zu sein.“
Massimo brachte ein schwaches Lächeln zustande. „Wohl wahr.“
„Wir können uns jetzt nicht um sie kümmern. Wir müssen uns auf wichtigere Dinge konzentrieren. Uns rennt die Zeit davon. Wir haben nur noch ein paar Tage Zeit, um Satan unser Opfer zu bringen. Und wenn uns das nicht gelingt …“
Sie presste die Lippen zusammen und schluckte. Es war sinnlos, über die Konsequenzen nachzudenken. Sie wussten beide, was dann geschehen würde.
„Hab keine Angst, Massimo. Sieh zu, ob du den Kurzschluss beseitigen kannst. Ich muss hier weitermachen.“
Schon beugte sie sich wieder über ihren Arbeitstisch, um sich im flackernden Licht einer Kerze an die Arbeit zu machen. Sie war wütend.
Brandon wandte jede ihm bekannte Verhörmethode an – bis auf Folter.
Doch auch nach mehreren Stunden der Befragung war er genauso klug wie zuvor. Er hatte die Türhüter in verschiedenen Räumen getrennt voneinander
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