Im Bann der Dämonin
ließen Brandon die Stirn runzeln.
Du hast einen neuen Auftrag. Finde dich sofort im Hauptquartier deiner Einheit ein. Stell deine Leute zusammen und nimm Kontakt mit Arielle auf .
Brandon löschte die Kerzenflamme mit den Fingern, dann verließ er die Wohnung.
Der Himmel rief.
2. KAPITEL
W enn die Menschen wüssten, wie viele unsichtbare Elemente in der Welt am Werk sind, würden die meisten von ihnen vermutlich den Verstand verlierean .
Brandon schoss mit seinem selbst umgebauten Dodge Challenger durch die leeren Straßen der Innenstadt von Chicago. Die Musik tönte so laut aus der Beschallungsanlage, dass jeder Gitarrenriff ihm in die Knochen fuhr. Normalerweise erreichte er sein Ziel nach fünfzehn Minuten. Heute schaffte er es in zehn.
Um den Büroturm aus verspiegeltem Glas zu betreten, musste er seinen Zugangscode in das elektronische Sicherheitssystem eintippen, dann fuhr er mit dem Fahrstuhl in den siebenundvierzigsten Stock. Die stilvoll ausgestatteten Räumlichkeiten glichen denen einer Rechtsanwaltskanzlei oder einer Consulting-Firma.
Doch es war das Hauptquartier der Kompanie der Engel in Chicago.
Jetzt schloss Brandon die massive Glastür auf, öffnete sie und schaltete das Licht ein. Nacheinander trafen auch die anderen Schutzengel ein und nahmen an dem runden Konferenztisch Platz. Alle dreißig Engel waren anwesend. Brandon schaltete den Plasmabildschirm für die Videokonferenz mit Michael und Arielle ein, die mit ihren dreißig Engeln in Los Angeles saßen.
„Liebe Schutzengel, es ist zu einer sehr ernsthaften Entwicklung gekommen“, leitete Michael das Meeting ein.
In diesem Moment erschien das Bild des Erzengels auf ei-nem Drittel des Bildschirms. Seine leuchtenden Flügel standen nach hinten ab, glänzend und wunderschön. Doch sein Gesicht zerfurchten Sorgenfalten. Bei seinen Worten verstummten die versammelten Engel. Sie richteten ihre Augen auf ihn bezie-hungsweise den Monitor. Michael sprach weiter.
„Luciana Rossetti ist entkommen.“
Der Name sagte Brandon nichts. Ein weiteres Drittel des Monitors zeigte das Hauptquartier in Los Angeles, und auf dem Bildschirm sah er, dass Arielle kurz zuckte. Eine Spur von Ärger huschte über ihre für gewöhnlich vollkommen neutrale Miene. In der heruntergekommenen Rechtsberatungsstelle, die den Engeln in Los Angeles als Hauptquartier diente, saß sie stocksteif am Kopfende eines Konferenztisches. Ihr blondes Haar war wie immer perfekt frisiert.
Doch ganz klar – sie war zusammengezuckt, und Brandon war das nicht entgangen.
„Luciana ist keine Erzdämonin“, erklärte Michael leise. „Wie ihr alle wisst, steht diese Art von Dämonen nicht ganz oben auf unserer Prioritätenliste, da sie in der Hierarchie der Dämonen nicht an der Spitze rangieren. Doch Luciana Rossetti ist im Besitz eines äußerst gefährlichen Gifts. Eines Gifts, das jeden Einzelnen von uns ernstlich bedrohen könnte.“
Es folgte eine lange Pause. Die Engel schienen unter Schock zu stehen. Doch dann begannen plötzlich alle Engel auf einmal zu murmeln.
Arielle erhob das Wort. Sie lächelte, wie immer, ganz ruhig. „Bei allem gehörigen Respekt: Ich weiß nicht, wieso die Einheit in Chicago über diese Mission in Kenntnis gesetzt werden muss.“
Hinter ihr nickten dreißig Engel zustimmend und verstummten.
„In jeder Stadt der Welt gibt es eine Einheit von Schutzengeln, die zum Schutz dieser Stadt abgestellt ist. Das wissen wir alle. Doch Brandon verfolgt einen anderen Ansatz. Wir haben ihn kontaktiert, weil wir Erzengel denken, dass diese Mission von seinem speziellen Ansatz profitieren könnte“, erläuterte Michael.
Kein Händchenhalten. Kein Babysitten. Auch kein New-Age-Unsinn.
Das genaue Gegenteil von Arielle und ihrer Truppe.
„Die L. A.-Einheit ist durchaus in der Lage, diese Mission erfolgreich durchzuführen. Luciana Rossetti gelang es, vor meinen Augen zu fliehen.“ Arielle sprach in ihrem typischen, nervtötenden neutralen Tonfall, den Brandon in den drei Jahren seiner Ausbildung hatte ertragen müssen. „Unsere Einheit hat alles im Griff.“
„Wie lautet der Plan?“, erkundigte sich Brandon knapp. „Willst du eine Yoga-Stunde geben und hoffst, dass die Zielperson zufällig vorbeischaut? Oder holst du deine akustische Gitarre raus, singst ‚Kumbaya‘ und lässt einen Joint kreisen?“
Die Engel der Chicagoer Einheit kicherten.
„Schluss damit“, schaltete Michael sich ein. „Ich habe dich nicht an Bord geholt, damit ihr
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