Im Bann der Dämonin
nichts mit der Dämonin zu tun.
Sie war auf der Erde geblieben, weil sie diese eine Angele-genheit noch erledigen musste, bevor sie ins Licht ging.
Massimo zu lieben und von ihm geliebt zu werden. Viel-leicht war das die Lektion, die sie auf der Erde gelernt hatte, in der süßen, wenn auch kurzen Zeit, die sie miteinander ver-bracht hatten. Doch sie wusste, dass es einen noch wichtigeren Grund dafür gab, dass sie noch immer auf der Erde war. Und es war vielleicht auch der Grund dafür, wieso sie überhaupt ge-storben war. Nur dafür.
Für diesen einen kurzen, aber überaus wichtigen Augenblick.
Ich habe nicht länger meinen Körper, aber ich habe noch meine Stimme.
Sie beugte sich herunter zu dem am Boden liegenden Engel. Mit ihrer durch den klassischen Gesang geschulten Stimme rief sie, so laut sie konnte: „Wach auf!“
Er rührte sich nicht. Also rief sie noch einmal. Und noch einmal.
Bis sie sah, dass seine Augenlider zu flattern begannen. Bis sie sicher war, dass er wieder zu Bewusstsein kam. Er fing an, in seinen Hosentaschen zu wühlen, auf der Suche nach etwas, das offensichtlich nicht da war.
Und dann stieg sie nach oben, dem Licht entgegen.
Immer höher, durch einen Reigen von Applaus, denn das Publikum beklatschte gerade das Ende der Opernaufführung. Die lauten Bravorufe bildeten einen Tunnel aus Klang um sie herum, der sie anhob, sie weiter nach oben katapultierte.
Hinein ins Licht. Vorbei an den Logen und den glänzenden Wandleuchtern. Vorbei an dem vergoldeten Kristalllüster, den sie immer so geliebt hatte. Vorbei an den geflügelten Engeln, deren Abbildungen auf der himmelblauen Decke des Foyers prangten. Sie verließ die Welt durch das Theater, das sieso liebte, den Ort, der für alle Zeiten einen Teil ihrer Seele bewahren sollte.
Brandon wusste nicht, wie lange er dort gelegen hatte.
Er erwachte von dem grauenhaften Schrei eines weiblichen Geists, der ihm etwas direkt ins Ohr rief.
Als er langsam wieder zu sich kam und sich aufsetzte, war der Geist nicht mehr da.
Und auch von der Dämonin war nichts zu sehen.
Doch sie hatte ihn nicht getötet. Hatte ihm offensichtlich nicht die spezielle Mischung injiziert, die seine Existenz auf der Erde beenden sollte, die ihm vielleicht seine Unsterblichkeit genommen und seine physische Existenz für immer ausgelöscht hätte.
Was war in dieser Spritze? Zyanid? Strychnin?
Er wusste es nicht. Aber wohin sie geflohen war, wusste er sofort.
Er rieb sich den Hals. Überprüfte seine Gliedmaßen. Aufzustehen und stehen zu bleiben war eine regelrechte Herkulesaufgabe.
Und dann ging er sie suchen.
16. KAPITEL
D ie Flammen leckten am Nachthimmel und schienen Fangen zu spielen mit den Nachbarhäusern der Casa Rossetti. Aus den Fenstern des Palazzo loderte das Feuer und drohte Mauern und Dächer der angrenzenden Häuser ebenfalls zu verschlingen. Dichter Rauch und Brandgeruch hingen in der Luft. Das laute Prasseln verursachte Luciana kalten Angstschweiß.
Ihre Knie gaben nach, und sie musste sich festhalten. Sie bekam kaum mit, dass Massimo rasch das Steuer des Boots übernahm. Dann legten sie an, und Luciana sprang ans Ufer.
Sie rannte ins Haus.
Das Untergeschoss hatten die Flammen noch nicht erreicht – offensichtlich war das Feuer im oberen Stockwerk ausgebrochen. Vielleicht kann man es noch irgendwie aufhalten, dachte sie in Panik.
Nur wie?
Dann spürte sie, wie die Hitze durch das Treppenhaus nach unten kam. Sie sah noch keine Flammen, doch es war bereits so heiß wie in einem Brennofen. Der Palazzo war nicht mehr zu retten, das war ihr klar. Alles, was sie jetzt noch tun konnte, war, ein paar Sachen zusammenzusuchen und zu fliehen.
Aber was sollte sie mitnehmen?
Der Schmuck ihrer Mutter lag zerbrochen in ihrem Schlafzimmer auf dem Fußboden. Die Tiepolos und Tintorettos waren zu groß und zu schwer, als dass sie sie allein hätte von der Wand nehmen und nach draußen tragen können.
Viel wertvoller als jedes einzelne Ausstattungsstück im Haus war der Palast selbst. Die Fresken, die sie detailgetreu und liebevoll hatte restaurieren lassen, der Stuck und die Steinfassade, die sie von eigens für diesen Zweck engagierten Fachleuten hatte reparieren lassen. Die kunstvollen Vergoldungen auf der Vorderseite des Hauses …
Es gab keine Möglichkeit, das alles zu retten. Keine Chance.
Sie rannte die Treppe hinauf, ungeachtet der Hitze. Es war ein Inferno. Wie die Flammen der Hölle.
Sie drehte sich nach allen Seiten, wusste nicht, was
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