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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Blick. Normalerweise war er es immer, der mir riet, ruhig zu bleiben.
    Unsere siebzehn Jahre währende Freundschaft hat dafür gesorgt, daß er eigentlich stets auf mich hört, trotzdem schob er eine Patrone in das Gewehr.
    Der Schwarm verteilte sich über die gesamte Straßenbreite und fegte keine zwei Meter über uns hinweg. Irgendwie flogen die Vögel mit erstaunlicher Präzision und in so ordentlichen Formationen, daß es schon unheimlich war. Ein Luftbild des gesamten Schwarms hätte vielleicht Muster enthüllt, die wegen ihres unnatürlichen Maßes an komplexer Ordnung faszinierend gewesen wären - sicher aber auch bedrohlich, weil sie gleichzeitig bedeutungsvoll und unentzifferbar gewirkt hätten.
    Bobby duckte sich, aber ich schaute zu der dunklen, aufgewühlten Wolke aus Flügeln und gefiederten Körpern hoch, um herauszufinden, ob außer Nachtfalken noch andere Arten vertreten waren. Das schlechte Licht und die verwischten Bewegungen machten es jedoch fast unmöglich, auch nur eine oberflächliche Volkszählung vorzunehmen.
    Bis zum letzten Tier war der gewaltige Schwarm an uns vorbeigezogen, kein einziger Vogel war zu uns herabgetaucht oder hatte geschrien. Ihr Vorbeiflug machte einen dermaßen überirdischen Eindruck, daß ich fast glauben mochte, ich hätte halluziniert. Ein paar vereinzelte Federn im Jeep und auf dem Asphalt bestätigten allerdings die Realität des Erlebnisses. Die letzten flauschigen Daunen schwebten noch im Windhauch zu Boden, da öffnete Bobby die Fahrertür und stieg aus. Während er sich umdrehte und dem davonziehenden Schwarm nachsah, hielt er immer noch das Gewehr, aber nun nur mit einer Hand, die Mündung zu Boden gerichtet, und machte keine Anstalten, die Waffe zu benutzen.
    Ich stieg ebenfalls aus und konnte beobachten, wie die Vögel am Ende der Straße wieder höherstiegen, einen hohen Bogen durch das Sternenmeer zogen und dann völlig in der Schwärze zwischen diesen fernen Sonnen verschwanden.
    »Absolut unglaublich«, sagte Bobby.
    »Genau.«
    »Aber...«
    »Genau.«
    »Es kommt einem auch etwas sharky vor.«
    Ich wußte, was er damit meinte. Dieses Mal hatten die Vögel nicht nur das Leid ausgestrahlt, das ich zuvor bei ihnen empfunden hatte. Obwohl die Choreographie des Schwarms atemberaubend gewesen war, ja sogar erhebend, und obwohl ihre erstaunliche Verschwörung des Schweigens eine seltsame Ehrfurcht gleichzeitig auszudrücken als auch hervorzurufen schien, lauerte unter der Decke etwas Gefährliches wie bei einem blauen Meer unter strahlendem Himmel, das völlig friedlich zu sein scheint, obwohl sich dicht unter der Oberfläche große Weiße Haie im Freßrausch wälzen. Und das fühlte sich dann eben etwas sharky an.
    Obwohl die Nachtfalken mittlerweile so hoch gestiegen waren, daß wir sie nicht mehr sehen konnten, starrten Bobby und ich noch die Sternenkonstellation an, in der sie verschwunden waren, als wären wir mitten in einem frühen Spielberg gelandet und warteten darauf, daß das Mutterschiff erschien und uns in ein weißes Licht tauchte, das nur unwesentlich weniger intensiv war als jenes, das Gott ausstrahlte.
    »Hab das schon mal gesehen«, sagte ich.
    »Geschwindelt.«
    »Doch.«
    »Verrückt.«
    »Absolut.«
    »Wann?«
    »Auf dem Weg hierher«, sagte ich. »Auf der anderen Parkseite. Aber der Schwarm war kleiner.«
    »Und was haben die da getan?«
    »Keine Ahnung. He, da kommen sie zurück.«
    »Ich hör nichts.«
    »Ich auch nicht. Und sehen schon gar nicht. Aber sie kommen tatsächlich.«
    Er konzentrierte sich. »Ja«, sagte er dann und nickte. Auch er fühlte es.
    Sterne über Sterne unter Sternen. Da war auch ein helleres Licht, vielleicht die Venus. Und eine, zwei, drei dicht beieinanderstehende Leuchterscheinungen, Meteoriten, die auf die Atmosphäre trafen und verbrannten. Ein kleiner, blinkender roter Punkt zog von Osten nach Westen, vielleicht ein Passagierflugzeug, das auf der Nahtstelle zwischen unserem Luftmeer und dem luftlosen Meer zwischen den Welten segelte.
    Ich war schon drauf und dran, meine Instinkte in Frage zu stellen, als der Schwarm schließlich aus demselben Himmelsabschnitt zurückkehrte, in dem er zuvor verschwunden war.
    So unglaublich es klingen mag, die Vögel fegten in einer richtigen Spirale die Straße entlang und an uns vorbei, schossen wie ein riesiger Korkenzieher den Commissary Way entlang und bohrten sich mit einem Schwirren von Flügeln durch die Nacht. Diese Vorführung, dieses unglaubliche Kunststück war so

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