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Im Bann der Lilie (Complete Edition)

Im Bann der Lilie (Complete Edition)

Titel: Im Bann der Lilie (Complete Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
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Capes mit einer Pergamentrolle in der Hand auf Julien zurauschte. Sie trug eine goldbestickte Brokatrobe und eine perlenverzierte Perücke. Das Gesicht war fast weiß geschminkt, verziert mit einem kleinen, künstlichen Leberfleck auf der rechten Wange, wie es bei Hofe gerade in Mode war. Große, blaue Augen wurden von dunkler Tusche umrahmt. Ohne die Schminke hätte diese schöne Frau sicherlich noch schöner ausgesehen. Schon von weitem streckte sie ihm die Hand zum Kuss entgegen.
    „Mein lieber Schwager. Wie freue ich mich, Euch zu sehen und welch ein schöner Anlass. Ich habe Eurem Wunsch entsprochen und bringe Euch die kleine Überraschung für Euren Protegé. Aber Ihr müsst zugeben, Ihr schuldet mir einen kleinen Gefallen für diese Mühe“, zwitscherte sie mit hoher Stimme ohne Punkt und Komma und tippte dabei mit der Rolle auf die Brust des Marquis.
    Dieser küsste ihr höflich die dargebotene Hand und nahm ihr das Pergament mit einem gezwungen Lächeln ab.
    „Meine liebe Athénais, wie bezaubernd Ihr ausschaut. Aber, wie ich sehe, seid Ihr guter Hoffnung. Ich gratuliere und danke Euch von Herzen für Eure Bemühungen.“
    Er deutete eine Verneigung an. Insgeheim fragte er sich, ob das Kind, das sie unter dem Herzen trug, wohl von seinem Bruder oder vom König war. Aber was sollte ihn das kümmern? Er hatte, was er wollte, um seine Pläne voranzutreiben. Zufrieden öffnete er das rote Band, das die Rolle zusammenhielt. Er öffnete sie und las die wenigen Zeilen, unter denen Unterschrift und Siegel des Königs prangten. Dann wandte er sich zu Marcel, der mit einem der Gäste ins Gespräch gekommen war.
    „Dies hier ist die Überraschung, von der gesprochen hatte.“
    Damit überreichte er ihm feierlich die Rolle, die Marcel verdutzt entgegennahm.
    „Mit diesem Schreiben hat der König Euch in den Rang eines Chevaliers erhoben. Ich gratuliere Euch. Von Stunde an werdet Ihr auch bei Hofe willkommen sein.“
    Marcel war überwältigt. Voller Freude umarmte er den Marquis. Dieser umfing ihn mit starken Armen und drückte ihn an sich. Die Umstehenden applaudierten bei dieser freudigen Mitteilung. Am liebsten hätte Julien den Jungen in seinen Armen behalten, doch die Pflicht rief. Er musste den Ball eröffnen und Marcel sich weiterhin um seine Gäste kümmern. Gute Kontakte waren in Adelskreise unersetzlich. Mit Neugier und einer kleinen Spur Eifersucht bemerkte der Marquis aber auch, wie die Damen hinter den vorgehaltenen Fächern den jungen Mann betrachteten. Er konnte hören, wie einige Mütter bereits die Fäden spannen, um ihn in das Netz ihrer Familie zu ziehen und ihre Töchter anzupreisen. Aber noch bevor er sich näher mit den Bekanntschaften seines Mündels beschäftigen konnte, war seine Schwägerin wieder an seiner Seite. Sie klopfte ihm mahnend mit ihrem Fächer auf den Arm.
    „Ihr vernachlässigt mich, Schwager“, monierte sie.
    Der Marquis verneigte sich artig und bat um Vergebung.
    „Wie kann ich Euch zu Diensten sein, Madame?“
    Die schöne Frau stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm ins Ohr zu flüstern.
    „Ich habe gehört, Ihr seid der dunklen Künste mächtig. Ich benötige Euren Ratschlag, um eine unliebsame Kurtisane vom Hofe zu entfernen.“
    „Ich verstehe, bitte folgt mir“, murmelte der Marquis.
    Jetzt war er sicher, dass Francoise-Athénais de Montespan das Kind des Königs austrug. Es war doch immer wieder das gleiche. Kaum war eine Dame schwanger, da wandte sich der Schwerenöter der nächsten zu. Die Königin musste wahrhaft viel erdulden. Julien geleitete seinen hochgestellten Gast in einen der Salons und schloss die Tür hinter sich. Sein Weggehen wurde von Marcel beobachtet, der aber schon wieder von einer der jungen Damen mit Beschlag belegt wurde. Es war ihm ganz recht, dass er während der vielen Unterhaltungen wenig zum Tanzen kam. Aber warum zog sich der Marquis mit einer der Damen zurück? Die Neugier ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Vorsichtig zog er sich unter höflichen Entschuldigungen aus dem Pulk der Gäste zurück und folgte dem Hausherrn. Weit weniger höflich begann er, an der Tür des Salons zu lauschen, was sonst gar nicht seine Art war. Zunächst hörte er nur ein Schluchzen, dann die Stimme des Marquis.
    „Beruhigt Euch, Madame, natürlich werde ich Euch behilflich sein. Wenn Ihr ein Gift bevorzugt, das langsam wirkt, so kann ich Euch die römische Bleiweiße empfehlen. Man mischt es ganz einfach in einen Schminktiegel und jeden Tag vergiftet es

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