Im Bann des Feuers Drachen2
kam mir ohnmächtig und nutzlos vor.
»Prinrut, wach auf«, murmelte ich und schüttelte ihren Arm. Er fühlte sich an wie der Ast eines gefällten Baumes. Ich fürchtete mich vor einer Nacht ohne sie und mein Gift, wusste nicht, wie ich die Dunkelheit überstehen sollte, wenn mir nur die Realität meiner Gefangenschaft Gesellschaft leistete. »Wach auf, Prinrut!«
»Du bist abhängig von ihr«, erklärte Misutvia, die neben mir hockte. »Es wird schwer für dich, wenn sie geht.«
Mein Herz hämmerte schmerzhaft gegen meine Rippen. Ich betrachtete Misutvias kühle Augen, die von ihrem strengen, schwarzen Pony verschattet wurden.
»Wenn sie geht?«
»Sie wird die Baracken nicht mehr betreten, Naji. Sie hat beschlossen, eher zu sterben, als sich erneut zu unterwerfen. Ist das nicht klar?«
Großmutter tauchte hinter uns auf, ein steifes, zahnloses, blutäugiges Gespenst.
»Du gibst dich nutzlosem Geplapper hin, Misutvia, und vergiftest Najis Verstand mit deinen absurden Spekulationen. Ich beanspruche die Pflicht, dein Fehlverhalten morgen zu melden.«
Misutvia schüttelte sich und schien vor lautlosem Ärger zu pulsieren.
»Selbstverständlich, Großmutter«, flüsterte sie schließlich, während ihre Augen, die sie zu Boden gesenkt hatte, funkelten.
In dieser Nacht schlief ich nicht, ganz und gar nicht. Ich schlich mich eine Klaue voll Malen heimlich zu Prinruts Nische und bat sie, zu mir zurückzukommen, aufzuwachen. Noch vor dem Morgengrauen tat sie es endlich. Sie schnappte einmal nach Luft, wie ein Fisch, der aus dem Wasser genommen wird, ihre Augen traten fast aus ihren Höhlen, sie riss den Mund weit auf und umklammerte dann mit aller Kraft mein Handgelenk.
Sie starrte in meine Augen; die Furcht zeichnete sich so scharf wie ein Messer in ihrem Blick ab. Keuchend bewegte sie die Lippen, als wollte sie sprechen. Dann brach sie ab, biss sich auf die Unterlippe und schloss die Augen. Sie drückte meine Hand noch fester, in den Krallen einer Furcht, die sie nicht mit mir teilen wollte.
»Schlaf jetzt«, murmelte ich und kroch neben sie, schmiegte mich an sie. Sie fühlte sich so kalt an wie vom Regen benetzte Knochen. »Ich bin hier, wir sind zusammen, schlaf.«
Ich umarmte sie, als wäre sie mein Kind, und wiegte uns beide, bis der Schrei eines Dschungelvogels jenseits unserer Gefängnismauern alle in der Viagand weckte. Mit schmalen Lippen und teigigen Gesichtern krochen wir alle, bis auf Kabdekazonvia, aus unseren Steingrotten. Der Morgen war da.
»Du hast gestern Nacht schlecht geschlafen, Najivia«, begann Großmutter und richtete ihre blutunterlaufenen Augen auf mich, sobald ich mich aus meiner knienden Position aufgerichtet hatte. »Ich beanspruche die Pflicht …«
»Ich habe fest geschlafen!«, fuhr ich ihr in die Parade. »Ich bin nur aufgewacht, um deine Pflicht zu tun, Prinrut zu wecken, worum der Eunuch dich gebeten hat. Du hast deine Pflichten vernachlässigt, und das ist ein Fehlverhalten. Ich übernehme die Pflicht, es zu melden.«
Die Frauen der Viagand schwiegen, standen so steif da wie tote Singvögel, die auf Röstspieße gerammt worden waren, und sahen mich mit ihren starren Drachenaugen an.
Schließlich war es Misutvia, die das Wort ergriff. »Sie hat recht, Großmutter. Du hast geschlafen, als du es nicht solltest. Najis Anspruch ist berechtigt.«
»Es ist nicht nötig, mich darüber zu informieren«, flüsterte Großmutter, deren Worte wie ein lauer, schwacher Wind waren. »Ich strebe nach Reinheit.«
»Ja, Großmutter.« Die Bosheit troff förmlich von Misutvias Lippen. »Das tust du. Es ist deine Entscheidung.«
14
K abdekazonvia verließ ihre Nische den ganzen Morgen nicht. Kurz bevor die Eunuchen auftauchten, bat Großmutter Prinrut und mich, Kabdekazonvia herauszuholen. Ich hockte mich vor ihre Nische, aus der mir ein fauliger, süßlicher Gestank entgegenschlug.
Rasch stand ich auf und zog Prinrut weg.
»Nicht«, sagte ich, während es in meinem Kopf summte. »Nicht.«
Prinrut sah weg, richtete ihren Blick auf einen der schmalen Fensterschlitze hoch oben in der Wand der Gewölbekammer. Draußen prasselte der Regen vom Himmel, und die Feuchtigkeit hing fühlbar in der Luft. »So. Dann ist sie jetzt frei.«
»Sie ist tot!«, fuhr ich sie gereizt an. »Das ist ein Unterschied.«
»Tatsächlich?« Prinrut sah mich wieder an. Die entzündete Haut um ihre Augen herum schimmerte feucht.
Ich hätte sie gern gehalten, sie geliebt, sie beschützt. Gleichzeitig wollte
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