Im Bann des Fluchträgers
Flammen erinnerten. In seinem Kopf begann sich ein Gedanke zu formen.
»Habt ihr den Wettermantel gesehen, den der Junge trägt, der unsere Pferde bewacht?«, fragte er. »Der Stoff ist dunkel. Wenn er nass ist, sieht er schwarz aus – und wenn ich noch passende Stiefel hätte und einen Helm …«
Ladro blickte Ravin beunruhigt an.
»Wieder auf der Suche nach Schwierigkeiten, Ravin?«
»Wir haben ein Horjun-Pferd«, erwiderte Ravin und rollte sich herum, sodass er Mel Amie und Ladro in die angespannten Gesichter blicken konnte. »Und ich bin ein Horjun. Ich bin Galo Bor. Ich gehöre in die Burg!«
»Skigga hat dir wohl zu fest auf den Kopf geschlagen!«, flüsterte Mel Amie.
»Sie werden dich fangen, Ravin!«, fügte Ladro hinzu.
»Ich bin schon einmal entkommen«, gab Ravin zu bedenken. Er spürte, wie er ungeduldig wurde.
Ladro schüttelte den Kopf.
»Ravin, es ist viel wichtiger, dass wir zu Jolon kommen. Deine Reise hast du um Jolons Willen gemacht, erinnerst du dich? Vielleicht ist es die letzte Möglichkeit, ihn lebend zu sehen.«
Die Worte versetzen Ravin einen Stich.
»Du brauchst mich nicht daran zu erinnern, aus welchem Grund ich auf die Suche gegangen bin«, erwiderte er mit eisiger Stimme. Wut brodelte in seinem Blut auf, gleich würde er die Beherrschung verlieren. Ladros Augen funkelten.
»Anscheinend doch, Ravin«, sagte er mit bebender Ruhe. »Aber vielleicht hast du Recht: Du hast es nicht vergessen, du bist nur zu feige, zu deinem Lager zu reiten und vor Jolon zu treten. Ist es das, Ravin?«
»He!«, rief Mel Amie. »Beruhigt euch. Beide! Es hat doch keinen Sinn, dass ihr euch die Köpfe einschlagt. Wir haben Wichtigeres zu tun!«
»Eben!«, zischte Ladro. »Eines sage ich dir, Ravin! Ich werde verhindern, dass du allein zur Burg reitest, hörst du?«
Wutentbrannt drehte er sich um und ließ Mel Amie und Ravin allein. Ravin schnappte nach Luft.
»Was ist los mit ihm?«, schrie er Mel Amie an. »Kannst du mir sagen, was er plötzlich gegen mich hat?«
Mel Amie winkte ab.
»Gar nichts, Ravin. Er meint es nicht ernst, bis morgen hat er sich wieder beruhigt.«
Wie ernst Ladro es meinte, erfuhren sie jedoch wenig später, als ein Wächter Ravin ins Zelt der Königin bat. Noch bevor er eintrat, wusste er, was ihn erwarten würde – und richtig: Ladro stand dort, immer noch mit zornigen Augen und rotem Gesicht. Als er Ravin kommen sah, ging er wortlos nach draußen. Zurück blieben ein betreten dreinblickender Darian, die Königin und Atandros.
Die Königin lächelte nicht, als sie ohne Umschweife zur Sache kam.
»Dein Freund hat uns erzählt, du willst uns verlassen und allein zur Burg reiten?«
Ravin seufzte.
»Ja, ich habe über die Möglichkeit gesprochen. Meine Überlegung war, in die Burg zu gelangen um herauszufinden, was dort geschehen ist. Aber es war nur ein Gedanke, kein Plan!«
Die Königin wechselte mit Atandros einen Blick, der nichts Gutes verhieß.
»Das will ich hoffen, Ravin«, sagte sie leise. »Denn das will ich auf gar keinen Fall! Du magst einmal überlebt haben, aber noch mal wirst du dein Leben nicht so leichtfertig aufs Spiel setzen. Wir werden morgen zur Regenbogenburg reiten, wenn die Truppen bei uns eintreffen. Haben wir uns verstanden, Ravin?«
Ravin holte tief Luft. Das Blut pulste in seinen Wangen, aber er nickte. Im Stillen schwor er sich, Ladro zu suchen und ihn zur Rede zu stellen.
»Ja«, sagte er. »Ich habe verstanden.«
Die Königin musterte ihn prüfend, doch er hielt ihrem Blick stand. Als der Traumfalter seine Stirn streifte, atmete er aus, entspannte sich und verwandelte sich innerlich in den Ravin, der er vor vielen Monden gewesen war.
Größer erschien ihm die Königin, Ehrfurcht gebietend. Ihr Wort war Gesetz.
Die Königin blinzelte und wischte sich mit einer müden
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