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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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sich. Das Pferd stand wie fest­ge­schmie­det und war­te­te auf die Be­feh­le sei­nes Herrn. Das Ge­sicht des Rei­ters war so ru­hig und kühl wie Ei­sen. Lan­ges, dunkles Haar floss ihm über die Schul­tern. Sei­ne Lip­pen wa­ren voll und schön ge­schwun­gen, sei­ne Au­gen grau. Er war jung, stell­te Ra­vin fest, kaum äl­ter als Ladro – und doch schi­en ihn das Al­ter zu um­ge­ben wie die Stil­le des To­des. Er ließ sich Zeit. Sei­ne Au­gen ruh­ten auf Sel­la, er lä­chel­te ein Lä­cheln, das einen Schau­der über Ra­vins Rücken schick­te.
    »Sel­la!«, sag­te er mit ei­ner Stim­me, die sich auf Ra­vins Hals leg­te wie die sanf­te Pfo­te ei­ner Mar­tis­kat­ze, die ih­re Kral­len noch ver­bor­gen hielt. »Was macht mei­ne trau­ri­ge Braut denn hier?«
    Es ist Dio­len, schoss es Ra­vin durch den Kopf, wäh­rend er end­lich zum Schwert des ge­fal­le­nen Krie­gers griff und auf die Bei­ne sprang.
    Der Rei­ter lach­te. Sein Pferd er­wach­te aus sei­ner Ru­he und tän­zel­te. Al­le Mus­keln spann­ten sich. Dann presch­te es los, die schwe­ren Hu­fe pflüg­ten den Bo­den.
    Dicht an Ra­vins Ohr kreisch­ten Stim­men, doch er stell­te sich vor Sel­la und riss das Schwert hoch. Sel­la hob die Hän­de über den Kopf, als die Klin­ge des Krie­gers nie­ders­aus­te. Ra­vin ge­lang es, den Hieb zu pa­rie­ren, aber die Wucht des Auf­pralls zwang ihn in die Knie. Dio­len hob sein Schwert und lach­te.
    »Dein Be­schüt­zer?«, frag­te er spöt­tisch. Pferd und Rei­ter be­gan­nen Ra­vin zu um­krei­sen. Er mach­te die Dre­hung mit, wo­bei er gleich­zei­tig ver­such­te Sel­la hin­ter sich zu drän­gen. Dio­len grins­te höh­nisch.
    »Ich st­er­be, Dari­an!« Das war sei­ne ei­ge­ne Stim­me.
    »Sel­la, lauf!«, schrie er, dann bäum­te das Pferd sich vor ihm auf. »Lauf!«, schrie er wie­der und trieb Dio­len noch ein­mal mit ei­sern Schwert­hieb zu­rück. Der sil­ber­ne Um­hang wir­bel­te vor ihm her­um, ein Huf­ei­sen blitz­te auf. Den Stoß spür­te Ra­vin kaum, be­vor er in ei­nem Stru­del ver­sank, der ihn in einen grel­len See aus Feu­er zog. Al­les brann­te.
    Dann brann­te es nicht mehr und es war still. Vor­sich­tig blin­zel­te er. Sein Bru­der beug­te sich über ihn. »Jo­lon!«, rief Ra­vin und ver­such­te sich auf­zu­set­zen. Trä­nen stie­gen ihm in die Au­gen. »Du bist auf­ge­wacht«, flüs­ter­te er. »Und ich dach­te, du wür­dest schla­fen.« Jo­lon ant­wor­te­te nicht. »Ich hat­te die­sen Traum«, fuhr Ra­vin fort. »Wir kämpf­ten ge­gen Krie­ger, die er­lo­sche­ne Au­gen hat­ten und tau­send Stim­men. Mir träum­te, ei­ner da­von hät­te mich ge­tö­tet.« Jo­lons Lä­cheln war schmerz­li­cher ge­wor­den. Er sah Ra­vin lan­ge an, dann schüt­tel­te er den Kopf. Ra­vin ließ sich ge­trös­tet wie­der auf den Wald­bo­den zu­rück­sin­ken. Jo­lon leg­te ihm sei­ne küh­le Hand auf die Au­gen und es wur­de dun­kel.
     
    E
    s war still. Ich bin bei Jo­lon, dach­te Ra­vin. Oder ha­be ich doch ge­kämpft? Vor­sich­tig öff­ne­te er die Au­gen. Der Him­mel über ihm wur­de dun­kel, schon lan­ge zu­vor war die Son­ne un­ter­ge­gan­gen. Je­der Herz­schlag schick­te ei­ne Wel­le von Schmerz vom Ge­nick in die Schlä­fen. Nicht weit von ihm lag ein zer­bro­che­nes Schwert im zer­tram­pel­ten Gras und et­was wei­ter ein Ba­dok-Krie­ger. Ein Pfeil steck­te in sei­ner Sei­te. Ra­vins Ma­gen krampf­te sich zu­sam­men, er wand­te sich ab, kam zit­ternd auf die Bei­ne und tau­mel­te zum Un­ter­holz. Wo wa­ren die an­de­ren? Aus der Fer­ne er­kann­te er ei­ni­ge Krie­ger, die auf der Lich­tung la­gen, of­fen­sicht­lich wa­ren sie tot. Es gab ihm einen Stich bei dem Ge­dan­ken, hin­zu­ge­hen und viel­leicht Dari­an zu fin­den.
    »Ra­vin?«, flüs­ter­te ei­ne Stim­me hin­ter ihm. Er brauch­te einen Mo­ment um zu be­grei­fen, dass es kein Hall­ge­spenst war, son­dern Ami­na.
    »Ra­vin!« Blut und Schmutz ver­kleb­ten ihr Ge­sicht. »Du lebst! Ich dach­te … Ich hät­te schwö­ren kön­nen, dass du tot bist!«
    Ra­vin konn­te nicht ant­wor­ten, konn­te nicht nach Dari­an und den an­de­ren fra­gen. Sei­ne Keh­le fühl­te sich an, als wür­de er nie wie­der ein Wort sa­gen kön­nen.
    »Komm«,

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