Im Bann des Highlanders
ohnmächtig mit ansehen müssen, wie die rauen Kerle sie umbrachten.
Bevor die Männer das Lager verließen, wurden Joans Fesseln verstärkt, indem ihr weitere Stricke um Hand- und Fußgelenke geschlungen und fest verknotet wurde. Willenlos ließ Joan die Prozedur über sich ergehen, wusste sie doch, dass Abwehr ihr Leben auf der Stelle beenden konnte.
Durch die lange Zwangspause war der linke Knöchel inzwischen wieder abgeschwollen und schmerzte auch nicht beim Auftreten. Doch das nützte Joan überhaupt nichts; solange sie an diese Eiche gefesselt war, konnte sie sich keinen Zentimeter von ihrem harten Lager fortbewegen.
»Werdet ihr heute Abend zurück sein?«, fragte sie ängstlich, als Iain seine Arbeit beendet hatte. »Ich fürchte, wenn ihr mich noch länger alleine lasst, sterben mir Hände und Füße ab.«
»Aye, bei Anbruch der Dunkelheit sind wir wieder hier«, versprach der Schotte und wandte sich ohne einen weiteren Blick ab, um sich zu den anderen Burschen zu gesellen, die offensichtlich schon ungeduldig darauf warteten, aufbrechen zu können.
Stunde um Stunde verging, ohne dass etwas passierte. Die mittägliche Hitze war schier unerträglich, und die raue Wolle des grob gewebten Kleides kratzte Joan an Hals und Armen, an einem unangenehmen Kribbeln der Hände und Füße erkannte sie, dass durch die enge Verschnürung die Blutzirkulation stark eingeschränkt war.
Ganz vorsichtig versuchte sie die Fesseln zu lockern, zumindest so weit, dass die derben Stricke nicht mehr in ihre Haut einschnitten. Die Sonne ging bereits unter, als Joan sich etwas Erleichterung verschafft hatte, sodass das taube Gefühl in Händen und Füßen nachließ.
Immer wieder glitten ihre Blicke zu der Stelle, an der ihre Entführer im Wald verschwunden waren. Doch kein Laut wies darauf hin, dass die Männer von ihrem Raubzug zurückkehrten, und allmählich kroch kalte Angst in Joan hoch.
Vielleicht hatten sie ihre Absicht geändert, ins Lager zurückzukommen und überließen die Gefangene ihrem Schicksal; dass es den wilden Burschen auf ein Menschenleben mehr oder weniger nicht ankam, hatte sie bereits vor Tagen begriffen.
Die Dunkelheit brach herein, ohne dass die Männer auftauchten; von Hunger und Durst gepeinigt zerrte Joan an ihren Fesseln, was jedoch lediglich zur Folge hatte, dass die Stricke wieder stärker in ihr Fleisch einschnitten.
Die Nacht wurde zur längsten in Joans bisherigem Leben. Als sie begriff, dass die Männer nicht zurückkehren würden, versuchte sie vernünftig nachzudenken. Es gab keine andere Möglichkeit, als sich eigenständig von den Fesseln zu befreien, und wenn ihr dies gelang, konnte sie sich auf die Suche nach der Burgruine machen – dort, wo der Leihwagen parkte und sie auf zivilisierte Menschen treffen würde.
Am Horizont wurde es bereits wieder hell, als Joan die Handfesseln am knorrigen Stamm der Eiche, an der sie lehnte, so weit durchgescheuert hatte, dass sie merklich lockerer geworden war. Doch dann verließen sie ihre Kräfte, und sie fiel in einen erschöpften Schlaf.
Sie spürte im Traum, dass jemand bei ihr war ... nein, nicht irgendjemand, sondern die Person, deren klagende Stimme sie seinerzeit nach Schottland getrieben hatte. Joan konnte die Anwesenheit dieses Wesens spüren, doch sie hatte diesmal keine Angst, denn es strahlte Sicherheit und Trost aus. Joans Unterbewusstsein signalisierte ihr, dass die Person ihr nicht schaden, sondern sie schützen wollte. Dann war die Erscheinung fort, und Joan schreckte aus dem Schlaf.
Die Sonne stand mittlerweile hoch am Himmel und sendete ihre warmen Strahlen auf das verlassene Lager. Das Hungergefühl wurde fast übermächtig, und wie gewohnt zerrte Joan an den Handfesseln, ohne an einen Erfolg dieser Handlung zu glauben. Doch diesmal gaben die Fesseln nach und sie war endlich frei!
8. Kapitel
Vor Erleichterung schluchzte sie und blickte fassungslos auf ihre schmutzigen Hände. Noch konnte sie ihr Glück kaum begreifen, und es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich mit steifen Fingern daran machte, das Seil um ihre Fußgelenke zu lösen.
Während dieser anstrengenden Tätigkeit blickte sich Joan immer wieder wie gehetzt um, doch die Männer ließen sich nicht sehen. Wie war es möglich, dass sich nach dem unruhigen Schlaf die Stricke gelöst hatten? War dies das Resultat des stundenlangen Reibens am Baumstamm – oder hatte sie gar nicht geträumt, und die unsichtbare Gestalt hatte die Fesseln gelöst?
Darüber wollte sich
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