Im Bann des Highlanders
Arbeit, schon lange nicht mehr. Seitdem wir von unseren Clans verstoßen wurden, können wir nur noch im Wald leben und uns von dem ernähren, was uns der Herrgott beschert – und das ist zu wenig, um satt zu werden.«
»Ich verstehe«, sagte sie, obwohl sie überhaupt nichts verstand. Strähne für Strähne arbeitete sie sich währenddessen durch ihr Haar. Sie wollte gar nicht wissen, weshalb diese Männer angeblich von ihren Clans verstoßen worden waren, obwohl sie sich inzwischen völlig veralbert vorkam.
Es dauerte über eine Stunde, bis Joan ihre Locken entwirrt hatte. Iain warf ihr schließlich ein längliches Stück ausgefransten Stoff hin, mit dem sie sich das Haar am Hinterkopf zusammenband. Diesmal schien wieder einer der Männer Glück bei der Jagd gehabt zu haben, denn er trat mit einem triumphierenden Schrei und zwei fasanartigen toten Vögeln aus dem Wald.
Der Rest des Tages verlief ähnlich wie der am vorangegangenen. Joan bekam einige Bissen von der Mahlzeit, einen Becher Wasser und wurde dann wieder an den Baum gefesselt.
Inzwischen machte sie sich nicht nur über eine Flucht Gedanken, sondern auch darüber, dass das Gehabe der komischen Kauze möglicherweise doch nicht gespielt war. Irgendetwas stimmte nicht, doch Joan wusste noch immer nicht, was es war. Doch sie ahnte bereits, dass dies alles mit dem Erdloch zusammenhing, in das sie gestürzt war.
7. Kapitel
Schon bald hörte Joan auf, die Tage zu zählen, die seit ihrer Gefangennahme verstrichen waren, sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Eines Nachts musste sie sogar einen der Männer abwehren, als dieser sich unter ihrem Kleid zu schaffen machte, während sie schlief.
Sie hatte laut um Hilfe geschrien, und nur wenige Sekunden später fühlte sie sich umringt von den anderen, deren Silhouetten sie wegen der Dunkelheit nur erahnen konnte. Joan konnte auch nicht erkennen, welcher der Männer sie befummelt hatte, doch das war ihr im Grunde genommen gleich, denn für sie waren es allesamt verabscheuungswürdige, ekelhafte Gesellen – mit Ausnahme vielleicht von Iain, der zumindest Ansätze von Mitgefühl erkennen ließ.
Joan sehnte sich nicht nur nach einem weichen Bett, sondern auch nach einem heißen Bad, doch davon konnte sie nur träumen, solange sie sich in der Gewalt ihrer Entführer befand. Einmal hatte Iain ihr erlaubt, sich notdürftig am Bach zu waschen, aber das war mittlerweile auch schon wieder Tage her.
Tagsüber war es heiß, dafür die Nächte umso kühler. Die vor Dreck starrende Decke, die man ihr hingeworfen hatte, konnte die nächtliche Kälte kaum abhalten, und innerlich hatte Joan bereits mit ihrem Leben abgeschlossen. Diese Verrückten würden sie nie wieder frei lassen, eher würden sie sie umbringen, wie Iain bereits angedroht hatte.
Als er Joan wieder einmal morgens etwas zu essen brachte – diesmal eine dünne Suppe aus wilden Wurzeln und Kräutern – hielt er sich länger als gewöhnlich bei ihr auf.
»Wir werden dich heute ein paar Stunden alleine lassen, denn wir haben erfahren, dass eine der Viehherden von den MacLaughlins unbeaufsichtigt oberhalb der Burg weidet«, erklärte er in einem Gleichmut, als würde er über das Wetter reden. »Natürlich werde ich dafür sorgen, dass du nicht fliehen kannst. Ich denke, wenn wir zurückkommen, werden wir endgültig entscheiden, was mit dir passiert, denn allmählich wirst du lästig. Bevor der Viehdiebstahl entdeckt wird, müssen wir unser Lager hier abbrechen, und wir haben keine Lust, dich mitzuschleppen.«
»Dann lasst mich doch frei.« Joan verlegte sich auf ein Flehen, denn sie wusste inzwischen, dass sie mit ihrer aufmüpfigen Art bei diesen ungehobelten naiven Klötzen nicht weiter kam. »Ich verspreche, dass ich nicht die Polizei einschalte, mein Handy habe ich ohnehin verloren und kann somit niemanden anrufen. Und euren genauen Standort kann ich später sicherlich nicht mehr beschreiben.«
Iain runzelte die Stirn. »Was hast du verloren? Ich glaube, du hast zu viel in der Sonne gesessen.« Nachsichtig schüttelte er den Kopf. »Mach kein dummes Zeug, während wir weg sind, denn du darfst nicht vergessen, dass meine Freunde und ich dieses Gebiet in- und auswendig kennen und wir dich finden werden – egal, wo du dich versteckst.«
Die Worte klangen bedrohlich und duldeten keinen Widerspruch. Ernüchtert neigte Joan ihr Gesicht wieder über den verbeulten Blechnapf und trank den Rest der ungenießbaren Brühe. Es hatte keinen Zweck, sie würde
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