Im Bann des Highlanders
könntet Euch viel Ärger ersparen, indem Ihr mich laufen lasst.«
Er lachte leise, dabei schüttelte er gemächlich den Kopf. »Den Ärger nehme ich gerne in Kauf, Seonag. Solange Ihr mir nicht die Wahrheit sagt, werde ich nichts unternehmen, um Euch Eure Freiheit zu schenken. Zudem wisst Ihr bereits, dass es keinen Weg aus der Burg gibt, außer durch das Tor, und das wird Tag und Nacht bewacht.« Er rückte etwas näher, und Joan wurde fast schwindelig von seiner männlichen Ausstrahlung. »Die einzige Möglichkeit, diese Kammer zu verlassen, ist, mir zu sagen, wer Ihr seid. Aber da Ihr Euch weigert, muss ich davon ausgehen, dass Ihr etwas zu verbergen habt oder etwas im Schilde führt, und deshalb seid Ihr ganz gut hier aufgehoben, aye?«
Gegen ihren Willen nickte Joan, sie konnte plötzlich seine Beweggründe verstehen. »Aber Ihr könnt mich nicht für immer hier gefangen halten. Spätestens, wenn Màiris Mann zurückkommt, fliegt das Geheimnis auf.«
»Wir werden ja sehen.« Er hob nur die Schultern.
»Woran denkt Ihr?«, fragte er unvermittelt mit zusammengekniffenen Augen. »Falls Ihr darüber nachgrübelt, wie Ihr mich überreden könnt, Euch zur Flucht zu verhelfen, muss ich Euch enttäuschen. Ich will wissen, wer Ihr seid, Sasannach!«
Sie betrachtete angestrengt ihren Webrahmen, der noch immer mitten auf dem Tisch lag. Ewan sollte bloß nicht glauben, dass er ihr Angst machte; allerdings brauchte er auch nicht zu merken, dass sie sich zunehmend von ihm angezogen fühlte.
Schweigsam saß sie da, und irgendwann erhob sich Ewan, trat neben ihren Stuhl und raunte ihr zu: »Warum macht Ihr es mir nur so schwer? Früher oder später werdet Ihr Euer Geheimnis lüften. Ich habe viel Geduld, sehr viel Geduld.«
Joan machte sich nicht die Mühe, ihn anzusehen, sondern zupfte an ihrem holprigen Webgut, das dadurch auch nicht gleichmäßiger wurde.
Mit einem hingeworfenen »Tioraidh an-dràsda 11 « verließ er die Kammer, und Joan fragte sich, wie lange er dieses Spielchen wohl noch mit ihr treiben wollte. Mal war er frech, beinahe unverschämt, dann wieder recht zugänglich und teilweise richtig liebenswürdig.
11 Tschüss, bis später
»Mist!«, fluchte Joan laut und schob den schweren Webrahmen beiseite. Mit Ewan konnte man nicht vernünftig reden, mit seiner Schwester schon ...
Geduldig wartete Joan, bis Màiri die Sprache auf die ungeheuerliche Eröffnung brachte, mit der Joan sie konfrontiert hatte.
Und tatsächlich musste sie nicht lange darauf warten, bereits einen Abend später, als beide Frauen wieder mit ihren Webarbeiten beschäftigt waren, sagte Màiri: »Ich habe über dein Geständnis nachgedacht. Du sagst, du kommst aus der Zukunft, aus einer Zeit, die in unbeschreiblicher Ferne liegt.«
»So ist es, und oft kann ich es selbst nicht begreifen.«
Màiri kräuselte die Oberlippe. »Wenn es wirklich so ist, dass dich Ceana Mathesons Stimme hierher gelockt hat ... warum sollte sie das getan haben?«
»Wenn ich das wüsste.« Joan seufzte leise. »Darüber zerbreche ich mir seit Wochen den Kopf, es ergibt alles keinen Sinn.«
»Was sagt die Stimme in deinen Träumen?«
»Seitdem ich hier bin, sagt sie gar nichts mehr, ich träume seitdem nicht mehr von ihr. Es scheint, als sei Ceanas Geist oder was immer es sein mag, zufrieden, dass ich hier bin.«
An Màiris Mimik erkannte Joan erleichtert, dass die Schottin wohl anfing, ihrer Geschichte ein wenig zu glauben, zumindest musterte sie Joan nicht mehr wie eine Kandidatin für die Psychiatrie.
»Ich habe nie verstanden, was die Stimme in meinen Träumen sagte«, fuhr Joan nachdenklich fort. »Aus dem gleichen Grund wollte meine Großmutter wohl Gälisch lernen und nach Schottland reisen, sie muss unter diesen Träumen auch sehr gelitten haben.«
Màiri holte tief Luft. »Kannst du mir irgendwelche Beweise liefern, dass du die Wahrheit sagst?«
»Nein, leider nicht.« Joan stockte und stand auf. »Oder vielleicht doch. Die Kleidung, die ich bei der Zeitreise trug und später unter dem Lumpengewand versteckte, habe ich aufgehoben.« Sie eilte zur Nische, riss den Vorhang beiseite und bückte sich, um ihre neuzeitlichen Kleidungsstücke unter dem Bett hervorzuholen. Mit triumphierendem Blick breitete sie schließlich Jeans, Pullover, Schuhe und Unterwäsche auf dem Tisch aus. »Das trägt man im Jahre 2005!«
Entgeistert starrte Màiri auf die ihr fremdartige Garderobe, dann nahm sie mit spitzen Fingern Joans schwarzen Spitzen-BH hoch und
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