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Im Bann des Maya-Kalenders

Im Bann des Maya-Kalenders

Titel: Im Bann des Maya-Kalenders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Stamm
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sagte die Leiterin des Sozialamtes in Québec einen Tag nach dem Familiendrama. Das
Ehepaar Quèze war in den Tod gegangen, ohne die Fürsorge ihrer Kinder zu regeln. Ein Musterbeispiel apokalyptischer Verblendung. Und ein weiterer Beweis, dass sektiererischer Wahn stärker als Elternliebe ist. Zusammen mit dem Ehepaar Quèze traten auch der 49-jährige Schweizer Bruno Klaus, die 63-jährige Französin Suzanne Druau und die 54-jährige Kanadierin Pauline Rioux die »spirituelle Reise« an. Mit ihnen stieg die Zahl der Endzeitopfer der Sonnentempler auf 74.
    Auch das letzte Kultdrama des Ordens wies rituellen Charakter auf. Die fünf Sonnentempler hatten sich am Frühlingsbeginn umgebracht, also an der mystisch verbrämten Tagundnachtgleiche. Sie wählten das gleiche Todesszenario wie ihr Kultführer Jo Di Mambro, indem sie das Haus nach dem Selbstmord mit einer Zündvorrichtung in Brand setzten.
    Das Werk eines Verblendeten
    Jo Di Mambro hatte sich wie viele andere Sektenführer eine fantastische Biografie auf den Leib geschneidert. In Wirklichkeit war er Goldschmied, der sich mit esoterischen und okkulten Disziplinen befasste und Mitte der 1970er-Jahre im französischen Annemasse sein Glück als Heiler versuchte. Er bewegte sich in verschiedenen esoterischen Zirkeln im Raum Genf, wo er die Foundation Golden Way gründete, aus der später der Sonnentempler-Orden hervorging. Der äußerlich eher unscheinbare Mann bediente sich beim Aufbau seiner mystischen Lehre vieler esoterischer Disziplinen, wobei es ihm die Rosenkreuzer und die Welt der Templer besonders angetan hatten. Nach theosophischer Gepflogenheit empfing er angeblich Botschaften von den Meistern aus der Astralwelt, zu denen er auch Jesus zählte. Auf diese Weise konnte Di Mambro das christliche Gedankengut in seine zusammengeschusterte Heilslehre einbauen und die tief verwurzelte Idee der Apokalypse legitimieren.

    Um diesen Wahn zu verstecken und sein Gewissen zu beruhigen, verlieh Di Mambro seinen kultischen Ideen einen religiösen Charakter. So schob er eine höhere mystisch-religiöse Instanz vor und erklärte beispielsweise, die Großmeister aus der Astralwelt hätten ihm mitgeteilt, die Ordensmitglieder müssten die Reise zum Planeten Sirius in »feinstofflicher Form« antreten, um der Endzeit auf der Erde zu entgehen. Außerdem hätten sie in ihrer neuen Existenz in der außerirdischen Sphäre einen wichtigen spirituellen Auftrag zu erfüllen. In den Augen der Kultmitglieder hatte nicht Jo Di Mambro den Befehl zur Ermordung des dreimonatigen »Antichristen« Emmanuel in Kanada erteilt, die Hüter der letzten mystischen Wahrheit waren angeblich dafür verantwortlich. Eine »Befehlsverweigerung« hätte ihren spirituellen Tod bedeutet.
    Di Mambro berief sich dabei auf die 33 Ältesten Brüder der weißen Bruderschaft der Rosenkreuzer, wie das ehemalige Ordensmitglied Thierry Huguenin in seinem Buch Der 54. schreibt. Jo Di Mambro griff immer auf die angeblich höchste kosmische Instanz zurück, wenn er seinen Anhängern eine schwer verdauliche Botschaft schmackhaft machen musste oder sich in eine scheinbar ausweglose Situation manövriert hatte. So konnte er die Verantwortung auf göttliche Instanzen abschieben, gegen die man nicht aufbegehren konnte.
    Wie der Scientology-Gründer Ron Hubbard benutzte Di Mambro als Beweismittel einen Messapparat, den er Spektrograph nannte. Dieses Gerät benutzte der Guru zur Indoktrination. Damit könnten die 33 Meister die Schwingungen des Ordens auf große Entfernung messen und dank präziser Parameter analysieren. Die Bilanz der Aura und der Schwingungen aller Kultmitglieder ließe sich so erstellen, erklärte der Kultführer. Mit diesem Trick steigerte er seine Glaubwürdigkeit und zerstreute die Zweifel seiner Anhänger.
    Di Mambro herrschte wie ein Despot. Er trennte beispielsweise Ehepaare zwecks Unterwerfung und Disziplinierung und verkuppelte die Mitglieder nach »mystischen« Gesichtspunkten
zu »kosmischen Paaren«. Der Kultführer schlug seine Anhänger auch mit mystischen Taschenspielertricks und Ritualen in seinen Bann. Wenn er im verdunkelten Sanktuarium Botschaften von den Meistern empfing oder Ordensleute initiierte, erschienen die Astralmeister »leibhaftig«, begleitet von einem Gewitter mit Blitzen aus dem Schwert des Meisters, das einst König Artus verwendet haben soll. Möglich machten die »mystischen Wunder« im verdunkelten Kultraum schwarze Kleider, Masken und elektronische Einrichtungen. Den

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