Im Bann des Maya-Kalenders
machen. Die Schweizerin versteht sich als »Sprachrohr Jesu Christi« und verkündet angeblich göttliche Botschaften, die sie in Volltrance empfängt. Das Gesicht des Mediums nimmt bei den Ritualen einen Ausdruck der Verklärung an, sie hebt ihre Stimme und übermittelt in schwülstigem Vortrag die angeblich authentischen Worte Gottes. Wenn die himmlischen Botschaften dramatisch werden, wirft sie den Kopf herum, ihr Gesicht nimmt grimmige Züge an, ihre Stimme wird laut.
Uriella behauptet, der Sohn Gottes spreche direkt durch sie. Einem Journalisten verriet die Fiat-Lux-Gründerin, sie könne mit astrologischen Kosmogrammen und den Handlinien beweisen, dass sie das Sprachrohr Gottes sei. Sie fühlt sich durchdrungen vom Christusbewusstsein, das angeblich in ihrem Körper, dem Tempel Gottes, wohne.
Legendär ist ihr »Erleuchtungsakt«. Uriella stürzte 1973 bei einem Ausritt vom Pferd, fiel auf den Kopf und verletzte sich schwer. Laut eigener Aussage soll dabei ihr Kleinhirn Schaden genommen haben. Als sie im Krankenhaus aufwachte, seien Engel um ihr Krankenbett gestanden. Kurz danach empfing sie Offenbarungen.
Erika Bertschinger verkehrte Anfang der 70er-Jahre in verschiedenen spiritistischen Zirkeln in der Schweiz, in England und in den USA. Besonders angetan war sie von der mystischen und okkulten Welt in der Geistigen Loge von Zürich, einem
christlich-spiritistischen Bund, der durch seine medialen Jenseitskontakte Aufsehen erregte. Gott habe ihr die Kraft der Bilokation, Präkognition und der Geistheilung gegeben, behauptete Uriella. Sie verkündete die Botschaften aus dem Jenseits ab 1984.
Am 12. Januar 1980 gründete Uriella den Orden Fiat Lux. Anfang der 80er-Jahre entdeckte sie das kleine Dorf Strittmatt im südlichen Schwarzwald, ein angeblich mystischer Ort, und errichtete ein neues Ordenszentrum, die Bethanien-Stiftung. Seither kauften ihre Anhänger in Strittmatt mehrere Häuser. In der Nachbargemeinde Ibach ist ebenfalls ein Ableger entstanden. Im Appenzellerland, dem Schweizer Mekka für Naturheiler, führt Uriella eine Praxis für Geistheilung.
Uriella hat eine synkretistische Lehre aus christlichen Grundideen, Reinkarnations- und Karmatheorien, apokalyptischen Szenarien, esoterischen und spirituellen Versatzstücken, okkulten Vorstellungen, Weltverschwörungsideen, Numerologie, alternativer Medizin und ökologischen Gedanken entwickelt. Ihre »himmlischen Botschaften« vermitteln den Anhängern angeblich einen Einblick in die Pläne Gottes und schreiben die Heilsgeschichte fort. Die Ordensmitglieder glauben, der Gottesfunke sitze auf dem Sinusknoten, »der sich im Vorhof der rechten Herzkammer befindet«. Das Herz erhalte Impulse von diesem Knoten.
Legendär ist auch das sogenannte Athrumwasser, das Uriella mit einem eigentümlichen Ritual »erzeugt«. Vor einer vollen Badewanne kniend, rührt sie mit einem silbernen Löffel 21 Minuten lang das Wasser. Um die kosmischen Athrumstrahlen zu bündeln, hebt sie die rechte Hand. Die Anhänger holen das »heilige Wasser« in Kanistern ab und benutzen es zum Trinken, Waschen und zur Desinfizierung von Wunden. Bakteriologische Untersuchungen ergaben zwar, dass das abgestandene Wasser gefährlich hohe Konzentrationen von Bakterien enthält. Doch gegen den unerschütterlichen Glauben an die heilende Wirkung des Athrumwassers haben wissenschaftliche Untersuchungen kein Gewicht.
Rituale in Weiß
Uriella will die Menschen zur Umkehr bewegen, bevor die Endzeit anbricht. Unter den zeitweise rund 700 Ordensanhängern, die teilweise Geistnamen erhielten, finden sich viele, die glauben, in früheren Leben bedeutende Persönlichkeiten gewesen zu sein. Sie hüllen sich in helle Kleider, die Rituale finden ganz in Weiß statt. Dunkle Farben stören die Schwingungen, behauptet Uriella in esoterischer Manier. Frauen tragen in der Regel keine Hosen, weil Jesus Christus daran keinen Gefallen finden könne.
Uriella verschreibt ihren Anhängern eine asketische Lebensweise, die den Weg zum Heil ebnen solle. Lebensfreude müssen die Anhänger auf der geistigen Ebene suchen. Sexuelle Enthaltsamkeit ist Ehrensache. Uriella erklärt, sie pflege zu ihrem vierten, um viele Jahre jüngeren Mann Icordo eine platonische Beziehung. »Wir sind miteinander verheiratet, weil wir uns lieben und unsere Ehe im göttlichen Plan vorgezeichnet ist.« Ihr einziger »Liebespartner« ist Jesus. Uriellas Anhänger bestätigen, dass sie einzig zur Zeugung von Nachwuchs sexuell verkehren
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