Im Bann des Prinzen
Monaten kennengelernt, waren vor zwei Monaten das erste Mal ausgegangen … und hatten vor vier Wochen zum ersten Mal miteinander geschlafen. „Merkwürdig, wenn man bedenkt, dass wir zusammen geduscht haben, ich aber noch gar nicht alles von deinem Haus gesehen habe.“
„Irgendwie sind wir immer ein wenig abgelenkt gewesen, sobald wir hier oben ankamen“, meinte er leicht amüsiert.
Das stimmte. Der Weg hatte sie immer direkt ins Schlafzimmer geführt.
„Beim ersten Mal …“ Shannon erinnerte sich, dass sie in der Oper gewesen waren. Die Inszenierung hatte sie aufgewühlt, und außerdem hatten ihre Hormone verrückt gespielt. „… hatte ich Angst.“
Das Geständnis entschlüpfte ihr, bevor sie darüber nachdenken konnte, aber irgendwie war es in der Dunkelheit einfacher, solche Schwächen zuzugeben.
„Das Letzte, was ich je wollte, ist, dir Angst zu machen“, sagte Tony und zog sie noch enger an sich.
„Das war ja nicht dein Fehler. Es war für mich ein großer Schritt nach vorn, weil ich wieder jemandem Vertrauen schenken musste.“ Auf einmal war es wichtig, dass er verstand, was sie bewegte. „Seit Nolan war es das erste Mal, dass ich mit einem Mann zusammen war.“
Tony erstarrte, und sogar sein Atem stockte einen Moment, bis sie spürte, wie er schluckte. „Es gab niemand anderen?“
„Nein.“ Nicht nur, dass Tony ihr erster Liebhaber nach Nolan gewesen war, er war auch erst ihr zweiter überhaupt.
Irgendwie geriet sie immer an Männer mit dunklen Geheimnissen.
„Ich wünschte, du hättest es mir erzählt.“
„Und was hätte das geändert?“
„Ich wäre … vorsichtiger gewesen.“
Eine Flut von Erinnerungen schoss ihr durch den Kopf … Kleidung, die auf die Treppe fiel, als sie hinaufstolperten. Nackt waren sie oben angekommen, das Mondlicht hatte Tonys Haut warm schimmern lassen und Schatten auf seine ausgeprägten Muskeln geworfen. An die Wand gelehnt, hatten sie sich stürmisch geküsst, bis Shannon ihre Beine um seine Taille geschlungen und er kraftvoll in sie eingedrungen war. Im nächsten Moment schon hatte sich die aufgestaute Spannung in einem köstlichen Höhepunkt entladen, und noch ehe das wunderbare Kribbeln ihren Körper verlassen hatte, war sie von Tony ins Schlafzimmer getragen worden. Im Bett hatte sie noch einmal zusammen mit ihm Erlösung gefunden, bevor sie schließlich gemeinsam unter die Dusche gegangen waren und sich in dieser aufregenden Nacht ein letztes Mal geliebt hatten.
Allein beim Gedanken daran durchrieselte ein Wonneschauer sie. „Du warst fantastisch an dem Abend, und das weißt du auch.“ Sie schlug ihn leicht auf die Hand. „Und jetzt verkneif dir das selbstherrliche Lächeln.“
„Du kannst mich ja gar nicht sehen.“ Seine Stimme klang erstaunlich ernst.
„Aber ich habe recht, oder?“
„Sieh mich an.“
Sie drehte sich herum. Sein intensiver Blick war sehr viel berührender als ein Lächeln.
In diesem Augenblick war es schwer, sich daran zu erinnern, dass sie kein Paar mehr waren. „Hätte ich es dir erzählt, hätte ich dem Ganzen zu viel Gewicht beigemessen.“
Sein Angebot, ihr finanziell unter die Arme zu greifen, stand noch immer zwischen ihnen und wirkte jetzt sogar noch verletzender. Warum konnten sie nicht einfach zwei ganz normale Leute sein, die sich im Park vor ihrer Wohnung getroffen hatten? Hätte sie dann einen Neuanfang gewagt?
Sie würde es niemals erfahren.
„Shannon.“ Seine Stimme klang heiser und gequält. „Kannst du jetzt wieder schlafen? Ich muss nämlich gehen.“
Seine Worte hatten denselben Effekt wie eine kalte Dusche. „Natürlich, du musst sicherlich eine Menge regeln.“
„Du verstehst mich falsch. Ich muss gehen, weil es mich fast verrückt macht, wie sehr ich dich verletzt habe. Und als würde das nicht schon genügen, um mich in die Knie zu zwingen, drehe ich fast durch, wenn du deinen Kopf bewegst und dein Haar über meinen Oberkörper streicht.“ Seine dunklen Augen funkelten vor Entschlossenheit. „Aber ich will verdammt sein, wenn ich irgendetwas tue, was dein Vertrauen in mich erneut erschüttert.“
Bevor Shannon die Bedeutung seiner Worte richtig begriffen hatte, löste er sich von ihr und verschwand genauso leise, wie er gekommen war. Ohne seine tröstende und wärmende Umarmung wurde ihr auf einmal kalt, und sie zog die Decke enger um sich.
Allerdings brauchte sie nun wohl keine Angst mehr vor Albträumen zu haben. Schlafen würde sie jetzt ohnehin nicht mehr.
Tony
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