Im Bann des Prinzen
jetzt wirklich: Der atemberaubend gut aussehende – schweigsame – Mann, der neben ihr ging, war ein blaublütiger Prinz.
„Tony?“ Sie berührte seinen Ellbogen.
„Nach dir“, sagte er nur und deutete zu der Flügeltür, die von einem Butler aufgehalten wurde.
Shannon setzte sich ihren Sohn auf die Hüfte und schritt tapfer voran … Kolby blickte entgeistert um sich.
Von der eindrucksvollen runden Halle führten golden schimmernde Torbögen in offene Säle. Zwei geschwungene Treppen trafen im ersten Stock zusammen. Und, Himmel, war das etwa ein Picasso an der Wand?
Ihre Turnschuhe quietschten auf dem Marmorboden, während sie durch weitere Torbögen tiefer in das Anwesen hineingeführt wurde. Und auch wenn Shannon sich immer wieder versicherte, dass Geld nicht wichtig war, wünschte sie jetzt, sie hätte andere Schuhe eingepackt.
Vor ihnen tauchte eine große, gläserne Verandatür auf, die den Blick auf das Meer freigab. Tony bog jedoch vorher ab und ging mir ihr in ein Zimmer, das wohl die Bibliothek war. Bücherregale bedeckten drei der vier Wände, nur unterbrochen von großen Fenstern.
Ein älterer Mann döste in einem Sessel beim Kamin. Zwei große Hunde lagen rechts und links von ihm.
Tonys Vater. Ein echter König.
Entweder eine Krankheit oder das Alter hatten ihren Tribut gefordert – die Ähnlichkeit zu Tony war kaum noch zu erkennen. Das silbergraue Haar war zurückgekämmt, und die Zerbrechlichkeit und Blässe in seinem Gesicht riefen in Shannon den Wunsch hervor, ihn zu trösten.
Dann schlug er die Augen auf. Das Funkeln in den dunklen Augen ließ sie innehalten.
Wow, der König mochte alt sein, aber er hatte nichts von seinem Charisma eingebüßt.
„Willkommen zu Hause, hijo pródigo .“ Der verlorene Sohn.
Enrique Medina sprach Englisch, mit unmissverständlich spanischem Akzent. Und offenbar ließ ihn dieses Wiedersehen nicht ganz unberührt. Oder war es nur Wunschdenken ihrerseits, weil sie es sich für Tony wünschte?
„Hallo, Vater.“ Tony legte ihr eine Hand auf den Rücken. „Dies sind Shannon und ihr Sohn Kolby.“
Der alternde Monarch nickte in ihre Richtung. „Wir heißen Sie und Ihren Sohn willkommen.“
„Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft und Ihre Hilfe, Sir.“ Aus Angst, sich mit Eure Hoheit oder Eure Majestät zu verfransen, entschied sie sich für diese einfache Anrede.
„Wenn meine Familie nicht wäre, bräuchten Sie meine Unterstützung nicht.“
Tonys Finger zuckten auf ihrem Rücken. „Wollen wir hoffen, dass wir dir nicht allzu lange zur Last fallen müssen. Shannon und ihr Sohn brauchen nur einen Ort, wo sie Unterschlupf finden können, bis Gras über die Sache gewachsen ist.“
„Das wird nicht so schnell geschehen“, stellte Enrique fest.
Shannon zuckte zusammen.
„Ich freue mich, dass Sie hier sind, meine Liebe. Sie haben Tony nach Hause gebracht, also haben Sie schon meine Gunst gewonnen.“ Enrique lächelte, und nun konnte sie die Familienähnlichkeit ganz deutlich erkennen.
Kolby zappelte und linste zu Enrique. „Was ist mit dir?“
„Pst … Kolby.“ Sie drückte ihm hastig einen Kuss auf die Stirn, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Das ist eine unhöfliche Frage.“
„Es ist eine ehrliche Frage.“ Der König wandte seine Aufmerksamkeit Kolby zu. „Ich bin krank, und meine Beine sind nicht mehr kräftig genug, daher kann ich nicht mehr so gut gehen.“
Kolby nickte und beäugte den Rollstuhl, der zusammengeklappt neben dem Kamin stand. „Da musst du aber ziemlich krank gewesen sein.“
„Ja, aber ich habe gute Ärzte.“
„Hast du Bazillen?“
Ein Lächeln huschte über das ernste Gesicht. „Nein, Kind. Du und deine Mutter, ihr braucht keine Angst zu haben, dass ihr euch ansteckt.“
„Das ist gut.“ Er stopfte seine kleinen Fäuste in die Taschen. „Ich mag nämlich nicht, Hände zu waschen.“
Enrique lachte leise, bevor er eine Hand auf den Kopf eines Hundes legte. „Magst du Tiere?“
„Mhm.“ Kolby wand sich, bis Shannon nichts anderes übrig blieb, als ihn loszulassen. „Ich will auch einen Hund.“
Solch ein völlig normaler Wunsch, dachte Shannon, und ich kann es mir nicht leisten, ihn zu erfüllen. Ihr tat es schrecklich weh, dass es so viele Dinge gab, die sie ihrem Sohn nicht bieten konnte.
Andererseits hatte Tony nicht trotz seines Reichtums auch auf so viel verzichten müssen? Er hatte seine Heimat verloren, seine Mutter und stattdessen ein goldenes Gefängnis bekommen. Mitleid mit
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