Im Banne des stuermischen Eroberers
man ihn nicht haben wollte. „Was, glaubt Ihr, habe ich die ganze Nacht lang hier getrieben? Das Problem war in dem Augenblick behoben, da Mary den Geruch bezähmt hat, der meiner Gemahlin anhaftete. Die Ehe ist vollzogen, und nun gebt endlich Ruhe.“ Erneut wandte er sich seiner Tunika zu, ehe er noch einmal aufsah und Templetun durchdringend fixierte. „Wenn ich es recht bedenke, besteht kein Grund mehr dafür, dass Ihr hier weiterhin Eure kostbare Zeit verschwendet. Ich bin gewiss, Ihr sehnt Euch danach, an die Seite des Königs zurückzukehren.“ Damit forderte er ihn - ziemlich unverblümt - auf, Holden zu verlassen. Lord Templetun furchte leicht die Stirn und schaute hinüber zum Bett. „Lady Helen?“
Ein Moment verstrich, ehe Helen gerade so weit unter den Decken hervorkam, dass sie den Älteren ansehen konnte.
„Wurde die Ehe vollzogen?“, fragte der alte Mann leise.
Sie nickte, und vor Scham schoss ihr das Blut in Wangen und Stirn. Templetun zauderte kurz und wusste offenbar nicht, ob er ihr glauben sollte oder nicht. Dann jedoch musterte er eingehend Helens mit Salbe verschmiertes Gesicht, ließ den Blick von diesem zu Hethes Brust wandern und entspannte sich sichtlich.
Als Hethe an sich hinabschaute, verstand er, warum Templetun beruhigt war. Sein Oberkörper war ebenfalls voller Balsam -ja nicht nur seine Brust, sondern sein gesamter Leib, ebenso wie Helens. Die Decken waren gleichfalls besudelt. Aber schließlich hatten sie beide ja auch eine bewegte Nacht hinter sich. Er sah zu Helen hinüber, die die verräterischen Zeichen ebenfalls bemerkt hatte, prompt erneut rot anlief und beschämt stöhnend unter den Decken verschwand.
„Sehr gut“, beschied Lord Templetun zufrieden und schritt auf die Tür zu. „William, Ihr seid mein Zeuge, dass die beiden die Besiegelung der Ehe bestätigt haben. Somit hat die Verbindung Gültigkeit. Umgehend nach dem Morgenmahl breche ich auf.“ „Weist das Gesinde an, das Badewasser auszutauschen!“, rief Hethe ihm nach, als die Tür zufiel, und er fragte sich, ob Templetun ihn wohl gehört hatte. William wandte sich ebenfalls dem Ausgang zu.
„Wo ist Stephen?“, fragte Hethe.
William blieb stehen und schnitt eine Grimasse. „Ich bin mir nicht sicher. Da war etwas, um das er sich angeblich kümmern musste. Ich weiß nur, dass er aus dem Burghof geritten ist“, erwiderte er langsam und schaute von Hethes grimmiger Miene zu der Erhebung unter den Bettdecken. „Gibt es Schwierigkeiten?“ „In der Tat.“ Hethe knüllte seine Tunika zusammen, warf sie auf das Fußende des Bettes und machte sich daran, seine Hosen wieder auszuziehen. Wie er geargwöhnt hatte, war die getrocknete Salbe einfach überall. Er musste sich waschen; so konnte er nicht herumlaufen.
„Schwierigkeiten welcher Art?“, fragte William.
Hethe blickte finster drein, als er an Stephens niederträchtige Taten dachte. „Er hat Strafen vollstreckt, die nicht von mir angeordnet wurden.“
„Unmöglich!“ Fassungslos starrte William ihn an.
Hethe nickte. „Das steckt hinter Lady Helens Beschwerdebriefen. Stephen hat seine Vormachtstellung ausgenutzt und alles mir angelastet.“
„Stephen?“, fragte William ungläubig.
Hethe verstand dessen Zweifel angesichts eines solchen Verrats. Es war in der Tat schwer zu fassen. Andererseits hatte Helen keinen Grund, ihn in dieser Sache anzulügen. Zudem hatte er die Bestrafungen zwar nicht angeordnet, erinnerte sich jedoch vage an Schreiben, in denen Stephen die erwähnten Vorfälle aufgelistet und ihn gefragt hatte, wie sie zu ahnden seien. Hethe wusste nicht mehr, welche Weisungen er dem jungen Ritter erteilt hatte. Was er hingegen mit Gewissheit wusste, war, dass er kein Abschneiden von Händen, Brüsten oder Beinen angeordnet hatte.
„Aye, Stephen“, entgegnete er bedächtig. „Ich will ihn sehen, sobald er wieder auf der Burg ist.“
„Soll ich nach ihm suchen? Ihn zu dir zurückbringen?“ William klang unsicher. Die Neuigkeiten schienen ihm ebenso zuzusetzen, wie sie Hethe zugesetzt hatten.
„Nay. Ich werde warten, bis er zurück ist“, entschied er müde und blickte zum Bett. Als er seine Frau betrachtete, spürte er seinen Ärger schwinden, weshalb er sich rasch wieder William zuwandte. „Geh nach unten und iss etwas. Ich komme später nach.“
Er wartete, bis William die Kammer verlassen hatte, umrundete das Bett, trat zu Helen und gab ihr einen leichten Klaps auf die Hüfte. Lächelnd setzte er sich auf die
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