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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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Macht zu kommen. Doch egal, wie ich moralisch zu dem Buch stand, es schien mir in meiner Situation genau der richtige Text zu sein. Also schnappte ich mir meinen Laptop und bestellte das Ding. Es ging mir weniger darum, selbst nach diesen Regeln zu leben – ich wollte sie vielmehr nutzen, um mich vor den Leuten zu schützen, die sie befolgten. Wie heißt es so schön: fressen oder gefressen werden.
    Mein Zimmer verließ ich seit dem Streit mit Marleen kaum noch. Ich schloss mich die ganze Zeit darin ein und hörte Musik. Nur zum Kacken ging ich raus auf die Toilette. Deshalb knallte mir Marleens Mutter das von mir bestellte Buch auch wortlos vor die Tür, als der Postbote es zwei Tage später lieferte. Ich schnappte mir das Paket sofort, riss es auf und verschlang Greenes Regeln ohne Pause. Sofort fielen mir ganz viele Dinge auf, die ich auf mein eigenes Leben beziehen konnte. Besonders beim Leitspruch »Vertraue deinen Freunden nie zu sehr – bediene dich deiner Feinde!« wurde ich hellhörig. Das Kapitel besagte, dass die meisten Freunde irgendwann eifersüchtig werden. Der Neid zerfrisst sie, aber das vertuschen sie mit einem Lächeln. Und irgendwann fallen sie einem dann in den Rücken. Anstatt sich auf die guten Freunde zu verlassen, solle man sich deshalb lieber mit einem alten Feind verbünden – schrieb Greene in dem Buch. Denn der werde sich loyaler verhalten als ein Freund, weil er sich ja nicht mehr beweisen muss.
    Das fand ich krass. Sagte mir das Buch etwa, dass ich mich wieder mit Bushido versöhnen sollte? Das schien mir im Moment etwas zu viel verlangt. Trotzdem öffneten mir diese Power-Regeln die Augen. Die Lektüre härtete mich irgendwie ab. Mit jedem Kapitel wurde ich weniger naiv. Ich verstand jetzt, wieso manche Leute so extrem handelten. Ab sofort wollte ich mich nicht mehr manipulieren lassen. Ich legte mich aufs Bett und starrte an die Decke. Ich musste endlich ein cooler Businesstyp werden, um wieder an ordentlich Kohle zu kommen. Also überlegte ich: Was kann ich schaffen, das die Leute unbedingt täglich brauchen und das sie nicht einfach gratis aus dem Netz herunterladen können – so wie meine Musik? Ich hatte keinen blassen Schimmer, also setzte ich mich wieder auf und blickte mich im Zimmer um. Auf dem Nachttisch lag die Bibel. Ich schlug sie auf und blätterte zu meiner Lieblingsstelle: dem Psalm 23 – »der Herr ist mein Hirte«. Und plötzlich bekam ich eine Art Eingebung von oben: Klar! Ich mache ein eigene Klamottenmarke, und ich nenne sie Psalm 23. Das war die Idee!
    Schließlich hatte ich seit Monaten beobachtet, wie mein Kumpel Chris die Marke Ed Hardy in Deutschland vertrieb und damit haufenweise Kohle machte. Das wollte ich auch schaffen. Fler geht jetzt unter die Modedesigner, sah ich schon die Schlagzeile vor meinem inneren Auge.
    Ich fand die Idee bombe und hatte endlich wieder Hoffnung!
Gold-Digger! Marleen – ich bring dich um!
    Ich musste weg von diesem Bauernhof, bevor ich den Lagerkoller kriegte. Das war wenige Tage später mein einziger Gedanke, und deshalb warf ich all meine Sachen in eine Reisetasche und verabschiedete mich von der Dorfidylle. Ich fuhr zurück in meine Wohnung nach Prenzlberg. Mit Marleen blieb ich weiterhin in Kontakt, wir hatten uns nach dem Streit ausgesprochen und wieder versöhnt. Und unsere Beziehung lief zumindest lauwarm weiter. Wir telefonierten viel, und sie kam auch öfter nach Berlin. Wenig später dann bekam sie einen Praktikumsplatz bei einem Berliner Radiosender, und das war genau ihr Ding. In diese Glamourwelt hatte sie schon lange eintauchen wollen:
    »Mittendrin statt nur dabei« war jetzt ihre Devise. Ich freute mich für sie. Wenigstens kam sie mal raus aus ihrer Dorfseifenblase. Sie machte auf mich einen ziemlich entspannten und selbstständigen Eindruck, und deshalb begann ich allmählich wieder, ihr zu vertrauen. Als sie mir irgendwann am Telefon verkündete, dass sie spontan mit ihren Eltern in den Urlaub nach Ibiza fliegen würde, dachte ich mir nichts dabei. Ich wünschte ihr viel Spaß und konzentrierte mich statt aufs Ficken noch ein bisschen mehr auf mein Business. Das war jetzt ohnehin wichtiger!
    Als sie wieder zurück war, zeigte sie mir Fotos vom spanischen Strand und erzählte, wie langweilig es mit ihren Eltern gewesen war und wie sehr sie mich vermisst hatte.
    Doch der Frieden hielt nicht lange. Ich bekam einen Anruf, der mich völlig aus der Bahn warf: »Dicka, weißt du eigentlich, mit wem Marleen

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