Im Dunkel der Nacht (German Edition)
Schaden genommen hatten. Das hätte erklärt, warum er Blut brechen musste und in seinem eigenen Haus verblutete. Allein. Sie machte ihn für seinen eigenen Tod verantwortlich. Ein weiterer Stein, der das Gewicht erhöhte, das ihr Herz zu erdrücken drohte.
Sie konnte weder die Polizisten noch die Gerichtsmedizinerin noch ihren Vater länger sehen. Sie zog sich in die Küche zurück.
Reflexartig nahm sie einen Filter aus der Schublade und füllte ihn mit Kaffee.
»Veronica.«
Sie hatte gewusst, dass Zach ihr folgen würde, doch sie brauchte einige Minuten, um sich zu sammeln. Sie wollte nicht, dass sie diese tiefe Stimme, die voller Mitgefühl war, vereinnahmte.
»Veronica«, wiederholte er. »Geht es Ihnen gut?«
Sie lachte. Damit überspielte sie Dinge am liebsten.
Vermutlich dachten alle, dass sie vollkommen verrückt war. Vielleicht stimmte es auch.
»Nein. Es geht mir nicht gut. Ich bin meilenweit davon entfernt, dass es mir gut geht.« Sie füllte Wasser in die Kaffeemaschine, ihre Hände blieben dabei völlig ruhig. Sie war genauso süchtig wie ihr Vater; nur dass ihre Droge das Adrenalin war. Ein kleiner Schuss Whiskey im Morgenkaffee hatte immer das Zittern aus den Händen ihres Vaters vertrieben. Ihr Kreislauf brauchte seltsamerweise einen ordentlichen Schock, um ruhig zu werden.
»Hören Sie auf damit.« Er sollte aufhören, mit dieser tiefen, angenehmen Stimme zu sprechen. Sie wusste genau, was er tat und es regte sie auf. Sie drehte sich um, um ihm genau das zu sagen, doch er fuhr fort. »Das hier ist ein Tatort. Sie müssen alles unberührt lassen. Eigentlich müssen Sie sogar das Haus verlassen, bis wir fertig sind.«
Sie erstarrte. Daran hatte sie nicht gedacht. Sie trat von der Küchenzeile zurück. »Tut mir leid. Meine Fingerabdrücke sind aber sowieso im ganzen Haus. Ich bin mehrmals die Woche hier.«
Er nickte. »Verstehe. Trotzdem sollten Sie jetzt gehen. Können wir jemanden verständigen?«
Sie sah auf die Küchenuhr. Tina war bestimmt schon im Bett. Monica war sicher schon auf der Arbeit. Sie würde im Handumdrehen kommen, wenn Veronica sie darum bat, aber was hätten die beiden schon tun können? Nichts konnte ihren Vater von den Toten zurückholen.
Sie blickte auf ihre Hände. »Ich bin schon okay. Wo soll ich warten?«
»Am besten gehen Sie nach Hause. Einer von uns wird schnellstmöglich zu Ihnen kommen und Ihnen alles berichten.« Er kam noch etwas näher. »Es tut mir sehr leid, Veronica.«
Sie hasste das Mitgefühl in seiner Stimme. Sie hasste die Tatsache, dass diese breiten Schultern der ideale Ort zu sein schienen, um ihren Kopf abzulegen und zu weinen. Am meisten jedoch hasste sie ihr Verlangen danach, von ihm in die Arme genommen zu werden und all ihren Schmerz, ihre Traurigkeit und ihr Bedauern bei ihm auszuheulen.
Er streckte ihr die Hände entgegen. Sie sah ihm in die Augen und für einen Moment hielt sie den Atem an.
»Hey, Zach, Martinez ist fertig. Ist es in Ordnung für dich, wenn wir die Leiche wegbringen?« Rodriguez betrat die Küche und Zachs Hände wichen wieder zurück.
Er wandte sich seinem Partner zu. »Sicher. Wenn Martinez sagt, dass wir fertig sind, dann sind wir fertig.« Er widmete sich wieder Veronica. »Glauben Sie, dass Sie fahren können?«
Sie nickte.
»Sicher? Ein kleiner Schock wäre jetzt ganz normal. Einer meiner Kollegen kann Sie heimfahren. Das ist kein Problem.«
»Ist schon gut. Es sind ja nur ein paar Meilen.« Wahrscheinlich war es besser, wenn sie nach Hause lief, denn sie brauchte etwas Zeit, um ihren Kopf freizubekommen.
»Sind Sie sicher?«, fragte er erneut, während er der Geschäftigkeit hinter sich einen Blick zuwarf.
Sie nickte.
»Es ist vermutlich besser, wenn Sie die Hintertür nehmen«, schlug er vor.
Logisch. Niemand mochte es, wenn er mit ansehen musste, wie ein Verwandter in einem schwarzen Plastiksack abtransportiert wurde. Sie hatte selbst schon viele Angehörige aus der Notaufnahme geführt, um ihnen diesen Anblick zu ersparen. Wieder nickte sie.
Sie sah sich nach ihrer Handtasche um. Sie war nicht auf der Küchenanrichte, wo sie sie für gewöhnlich ablegte, wenn sie ins Haus kam. Sie biss sich auf die Lippe und überlegte, wo sie sein konnte. Sie war ins Haus gekommen, hatte ihren Vater gesehen …
»Was ist los?«, fragte er. »Was suchen sie?«
Verdammt. Musste er so viel Intuition besitzen? »Meine Handtasche. Ich weiß nicht mehr, wo ich sie hingelegt habe.«
Er hob den Zeigefinger und lief
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