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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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Kartei?«
    Â»Hat er sonst noch etwas gesagt? Herrgott, er kann doch nicht fast wortlos rein- und wieder rausspaziert sein!«
    Jörg stellte sich an die Brüstung der Terrasse, sah hinaus aufs Meer und nippte am Glas, aber es war ihm anzusehen, dass ihm kein Wort entging.
    Ebba begann sich zu ärgern. Über seine Gegenwart, darüber, dass sie nicht in der Galerie war, über Frau Hilperts Korrektheit und die Unverfrorenheit Flemmings.
    Â»Wie gesagt, ich dachte, Sie hätten seine Nummer. Das tut mir jetzt leid.«
    Â»Hat er gesagt, wann er wiederkommt?«
    Â»Nur, dass er sich bei Gelegenheit bei Ihnen meldet.«
    Mit einem leisen Fluch legte Ebba auf.
    Â»Ã„rger?«
    Â»Ãœberhaupt nicht.«
    Jörg sah sie skeptisch an. Sie stellte sich neben ihn. Die Sonne war ein glutroter Ball. Stille legte sich über die malerische Landschaft, ein Vogel sang sein Abendlied, irgendwo unter ihnen heulte ein Hund, ein zweiter kläffte zurück. Dann war für einen Moment gar nichts mehr zu hören. Jörg hob das Glas. »Auf unseren tollen Urlaub.« Es klang ironisch.
    Ebba stieß eher mechanisch mit ihm an, denn auch ihr war die Stimmung verdorben.
    Schweigend standen sie nebeneinander, die Minuten tropften dahin. Ihre Gläser klirrten noch einmal aneinander, während sich Ebba vorzustellen versuchte, womit Flemming sie wohl hatte überraschen wollen. Kino- und Theaterkarten sowie eine Rollerfahrt schieden aus. Er war niemand, der sich wiederholte.
    Â»Du bist so schweigsam. Wer ist Flemming? Kenne ich den? Hast du ihn schon mal erwähnt?«
    Sie hob die Hand, aber diesmal gab er nicht nach.
    Â»Komm schon. Du trägst zwar immer noch dein Pokerface, aber ich habe doch gemerkt, dass du vorhin am Telefon innerlich gekocht hast.«
    Ebba biss sich auf die Lippen. Warum hatte sie sich nur so gehen lassen? Jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als über Flemming zu reden. Mit sehr knappen Worten berichtete sie, was sie von dem Mann wusste. Die verhinderte Rollerfahrt ließ sie aus.
    Â»Das hast du mir nie erzählt«, wunderte sich Jörg.
    Â»Georg hat ihn nie erwähnt. Kein Sterbenswort über ihn. Aber sie müssen sich gekannt haben. Er weiß viel über meinen Bruder und über die Familienverhältnisse. Über sich selbst hat er leider kaum etwas verraten.«
    Â»Lad ihn ein, wenn wir wieder in Baden-Baden sind. Ich krieg aus jedem etwas raus.«
    Â»Ich kann aber keinen Kontakt aufnehmen, ich habe keine Visitenkarte, keine Telefonnummer, nichts. Er würde sich wieder melden, hat er damals nur gesagt.«
    Â»Wichtigtuer!«
    Â»Das dachte ich auch. Aber heute war er in der Galerie.«
    Â»Was will er von dir?«
    Â»Wahrscheinlich ein Bild meines Vaters.«
    Â»Ich dachte, die seien unverkäuflich, und deshalb hast du sie weggeschlossen.«
    Â»Das stimmt ja auch …«
    Â»Aber?«
    Â»Nichts.« Ebba nahm noch einen Schluck Wein. Er schmeckte gut. Frisch, leicht, rund. Sie sollte sich die Sorte merken. Vielleicht konnte man sie auch in Deutschland kaufen. Andererseits hatte sie oft die Erfahrung gemacht, dass Urlaubsweine zu Hause nicht schmeckten.
    Jörgs Stimme wurde so weich wie sein Blick. »Liebes, auch wenn du es nicht gern verrätst, merke ich doch, dass dich das beschäftigt. Warum versteckst du die Bilder eigentlich? Bei der Eröffnung hast du sie doch auch gezeigt, wenigstens ein paar.«
    Â»Ich möchte nicht darüber reden. Diese Bilder … Sie tun mir nicht gut. Zu viele schlechte Erinnerungen. Ich hätte den ganzen Bestand längst weggeben sollen, aber irgendwie kam in letzter Zeit immer etwas dazwischen. Können wir das Thema beenden?«
    Jörg drehte sein Glas und suchte nach den richtigen Worten. »Was hat dich nur in deiner Kindheit so verstört, dass es dich heute noch quält? Was sind das für Erinnerungen?«
    Ebba straffte den Rücken. »Mich quält nichts. Hör auf.«
    Er lachte und strich ihr über die Haare. »Oh, Ebba. Du Starke. Ist ja schon gut. Du hast mal erwähnt, dass dein Großvater sich umgebracht hat. Hat es damit etwas zu tun?« Er schenkte ihr nach und sah sie erwartungsvoll an. Alles in ihr wehrte sich. Es brachte nichts, in der Vergangenheit zu wühlen.
    Anderseits war es längst zu spät. Alles war wieder da, jeder einzelne Todesfall in ihrer Familie. Sie würde sich für den Rest des Urlaubs im Kreis drehen

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