Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
sein Mund ein kleines rundes O bildete.
Drinnen hockte Clete an einem aus Armeebeständen stammenden Metallschreibtisch und hatte die Hände im Nacken verschränkt. Johnny Carp, dessen buschige Brauen wie Riffeln auf einem Waschbrett wirkten, saß ihm mit steif angewinkelten Armen und Beinen und düster funkelnden Augen gegenüber. Er trug ein gelbes Hemd mit einem aufgestickten lila G auf der Tasche und einen grauen Anzug mit dunklen Streifen und einem gelben Tuch in der Brusttasche. Er hatte die Füße auf den Boden gestemmt, als wolle er jeden Moment aufspringen und davonlaufen.
»Dave, hilf mir. Wir müssen Johnny von was überzeugen«, sagte Clete. Er lächelte gut gelaunt.
»Was gibt’s, Johnny?« fragte ich und setzte mich auf die Kante eines anderen Metallschreibtisches.
»Ihr habt versucht, Patsy Bones abzuknallen«, sagte er.
»Falsch«, sagte ich.
»Jemand hat ’ne Neun-Millimeter-Kugel zehn Zentimeter neben seinen Kopf gesetzt. Er glaubt, ich steck dahinter«, sagte Johnny.
»Ich seh ein, daß so was heikel sein kann«, sagte ich.
»Kommen Sie mir nicht mit Klugscheißerei, Dave.«
»Ich habe Sie immer mit Respekt behandelt, Johnny. Aber ich bin jetzt außen vor. Sie wenden sich an den Falschen.«
»Hören Sie mir mal zu.« Die engstehenden Augen, die Nase und der Mund schienen noch näher zusammenzurücken. »Versuchen Sie mich nicht anzuschmieren. Wenn Sie irgendwas wollen, auf irgendwas scharf sind, dann bringen Sie’s aufs Tapet. Aber lassen Sie diesen Voodoo-Quatsch sein, oder was immer das auch ist. Ich rede hier von Sonny.«
Ich schaute Clete an. Er schüttelte den Kopf und hob die Hände.
»Da komm ich nicht mit, Johnny«, sagte ich.
»Eine Nutte hat ihn gestern in der Straßenbahn vorbeifahren sehen. Und Frankie und Marco da draußen schwörn, daß gestern nacht entweder er oder sein Zwillingsbruder in den Louis Armstrong Park gegangen ist. Welcher Weiße geht denn bei Nacht in den Louis Armstrong Park? Dann erzählt mir meine Frau, daß ’n rothaariger Typ im Garten neben unserm Haus gestanden und durchs Fenster reingeschaut hat.« Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Habt ihr etwa ’n Schauspieler engagiert oder so was Ähnliches?« Dann wandte er den Blick von mir ab.
»Ne«, sagte ich.
Er strich sich mit dem Zeigefinger über die Schneidezähne und wischte ihn dann am Knie ab. Er ließ den Blick durch das Zimmer schweifen.
»Eine Scheißbude habt ihr hier«, sagte er.
»Sonny ist tot«, sagte Clete. »Da du den Auftrag erteilt hast, solltest du das wissen, Johnny.«
»Du bist’n armer Irentropf aus der Magazine Street, Purcel, und kannst nix dafür, daß du ständig in die Scheiße latschst, daher nehm ich’s dir nicht übel«, sagte Johnny. »Aber Sie, Dave, Sie haben doch was in der Birne. Ich bitte euch, nein, ich flehe euch an – wenn ihr Patsy abknallen oder euch mit mir oder einem von meinen Leuten anlegen wollt, laßt es sein. Ich bin ein ehrlicher Geschäftsmann. Wir haben uns die alten Methoden größtenteils abgewöhnt, aber provoziert mich nicht.«
»Wir haben damit nichts zu tun«, sagte ich.
»Der Typ is die Pest gewesen. Niemand sonst schert sich um den«, sagte er.
»Sonny war in Ordnung, Johnny. Er hat zu seinem Leben gestanden, und er hat keinen Scotch mit Milch und zwei Miezen gebraucht, damit er den Morgen übersteht«, sagte ich.
Clete zündete sich mit seinem Zippo eine Zigarette an, hockte vornübergebeugt da, so als ginge ihn unsere Unterhaltung überhaupt nichts an, aber ich sah durch den Qualm, daß sein Blick auf Johnnys Hals gerichtet war.
»Sie haben sich ein ziemlich freches Mundwerk zugelegt, Dave. Ich bin zum Schlichten hergekommen. Wenn ihr nicht zuhören wollt – scheiß drauf. Aber kommt mir nicht mit schrägen Touren«, sagte Johnny.
»Hier geht es um etwas, das tief in Ihnen sitzt, John. Clete und ich haben damit nichts zu tun.«
»Sie halten sich jetzt wohl für ’n Psychofritzen, bloß weil ihr ein Büro und ein paar Möbel habt, die Nig Rosewater im Schwarzenviertel nicht losgeworden ist?«
»Sie haben Blut an den Händen. Das läßt sich nicht so einfach abwaschen«, sagte ich.
Er stand auf, zog zwei Zwanzigdollarscheine aus seiner Brieftasche und legte sie auf Cletes Schreibtisch.
»Geht ein paar Häuser weiter, gönnt euch was Gutes zu Mittag«, sagte er und ging hinaus in die Sonne.
Clete streifte seine Zigarette am Aschenbecher ab. Dann kratzte er sich mit dem Daumennagel die Augenbraue, so als wüßte
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