Im fernen Tal der Hoffnung
gewesen wärst, wäre mein Junge jetzt nicht da drüben«, entgegnete Maggie. » Nichts von allem wäre passiert. SchlieÃlich warst du es, die gesagt hat, was keiner wissen sollte.« Maggie war klar, dass ihre Argumentation nicht ganz logisch war, aber sie beharrte trotzdem darauf. » AuÃerdem hat ja der GroÃvater das Testament gemacht.â Und jetzt ist es eine Familienangelegenheit und geht dich nichts an.«
Catherine Jamieson blickte sie unverwandt an. » Du hättest es nicht zulassen dürfen. Du hast Ronald nicht geliebt.«
Maggie blinzelte. Es war ein seltsamer Gedanke, dass diese Frau einmal jung gewesen war. Maggie räusperte sich und straffte die Schultern. Sie brauchte niemandem etwas zu beweisen, sie musste nur an ihre Familie denken. » Natürlich habe ich ihn geliebt.«
Die ältere Frau warf ihr einen zweifelnden Blick zu. Sie kramte in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch und drückte es an ihre Nase. » Mehr als dein Laufen? Mehr als die Laufschuhe, nach denen du jeden Tag gejammert hast? Wenn ich es nicht besser wüsste, Maggie Macken, würde ich sagen, du lügst.« Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und ging.
Maggie blickte ihr nach. Im Dorf sagte man, Catherine Jamieson sei sitzen gelassen worden oder ihr Mann sei bei einem Unfall ums Leben gekommen. Was würden die Klatschtanten wohl sagen, wenn sie entdeckten, dass der Mann in Catherines Herz Ronald Gordon war? Dass Catherine Jamieson niemals geheiratet hatte, weil sie einen Mann geliebt hatte, den sie nicht haben konnte? Das war Liebe, die Maggie nie begreifen würde. Kein Wunder, dass die Frau sie hasste.
Maggie schloss ihr Auto ab und ging den Wanderweg entlang. Die Dorfbewohner waren immer nett zu ihr gewesen, weil sie glaubten, sie sei damals mit dem Kind im Stich gelassen worden. Die Tatsache, dass sie neben der Schwangerschaft auf einmal genügend Geld für ihre Laufschuhe gehabt hatte, trug ihr noch mehr Mitgefühl ein. Ãber Nacht war alles anders geworden. Maggie Macken war die vielversprechende Läuferin aus dem Ort, deren Karriere durch eine unglückselige Wendung der Ereignisse zerstört worden war.
Der Weg ging bergab, und Maggie rutschte über nasses Gras und Schlamm. In der Ferne, hinter der Bucht, erhoben sich verlockend die Berge. Für gewöhnlich versteckten sich die Gipfel im Dunst, während unten die eisige Nordsee an die Felsen schlug. Unten in dem kleinen Tal kam Maggie an einen Bach. Sie keuchte, als das kalte Wasser durch ihre Halbschuhe drang, und fluchte insgeheim über ihre Dummheit, weil sie unbedingt mit StraÃenschuhen einen halb überwucherten Pfad entlanglaufen musste. Sie kletterte über einen Holzzaun und wischte sich die Fliegen vom Gesicht. Kurz blieb sie stehen und blickte auf den Weg nach oben. Trotz ihrer kalten, nassen FüÃe war sie völlig verschwitzt. Sie konnte sich nicht mehr an den Weg zur Ruine erinnern, und sie wusste auch nicht mehr, ob der Aufstieg so steil gewesen war. Aber ihr Gedächtnis würde sie doch bestimmt nicht im Stich lassen, auch wenn es schon lange her war, seit sie diesen Weg gegangen war, in der Hoffnung, ein junger Mann würde ihr folgen. Sie musste mindestens noch über zwei weitere Zäune klettern. Und der Weg war ziemlich rutschig. Allerdings war er zu bewältigen, sogar mit StraÃenschuhen. Maggie schob sich eine Haarsträhne hinter die Ohren und ging weiter.
Hochsommer 1909
Wangallon Station
Hamish ritt in den heiÃen, staubigen Morgen hinein und blickte sich noch nicht einmal nach der Frau um, die ihn so schamlos provoziert hatte. Es roch nach Rauch, anscheinend brannten im Südosten Buschfeuer. Aborigines, vermutete er und setzte sich im Sattel zurecht. Wenn er seinen Plan gegen Crawford ausführen wollte, würde er etwas von Lees Salbe brauchen. Das Alter machte sein Hinterteil empfindlich. Er wandte sein Pferd zum Hügel und ritt zum Bach, wobei er immer wieder zu dem Rauch am Horizont schaute. Die Aborigines entzündeten Feuer, um Kängurus, Eidechsen und andere essbare Tiere auszuräuchern. Hamish wusste, dass sich Bäume und Pflanzen danach wieder regenerierten, aber auf Wangallon waren diese Feuer verboten. In der Sommerhitze konnten sie sich zu leicht unkontrolliert auf gutes Weidenland ausbreiten und so das Ãberleben seiner Herden und den Wohlstand Wangallons gefährden. Seine gröÃte Sorge galt jedoch der
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