Im fernen Tal der Hoffnung
werde dich nicht begleiten, Vater.«
» Hier gibt es nichts zu diskutieren, Luke«, antwortete Hamish missmutig.
» Da stimme ich dir zu.« Luke zog an seiner Zigarette und trat den Stummel dann auf der Erde aus. » Da gibt es nichts zu diskutieren.«
» Ich habe Angelegenheiten mit Crawfordâ¦Â«
» Das ist deine Sache. Du scheinst meine Anliegen zu missachten, also ist es wohl langsam mal an der Zeit, dass ich mich genauso verhalte.«
» Die Rinder müssen am Ende der Woche bewegt werden. Bei abnehmendem Mond.«
» Sieh dich doch um«, erwiderte Luke. » Es hat wenig geregnet, das Gras ist trocken, und die Erde fliegt jetzt schon bei jedem Windhauch davon. Wenn ich einen Monat zu früh aufbreche, verhungern mir die Tiere auf der Strecke, und auch weiter im Süden ist es noch zu früh für Regen.«
» Die Rinder müssen bis zum Ende der Woche aus dem Land sein, sonst kommen wir in Schwierigkeiten. AuÃerdem sind sie ja schon gemustert.«
» Du drängst wohl nur so auf diese Entscheidung, weil du irgendeinen bösen Plan ausgeheckt hast.«
» Es sind meine Rinder, und du arbeitest für mich«, sagte Hamish ärgerlich.
Ach, so war das also. Sein Vater erwartete von ihm, dass er blieb und zum Wohl von Wangallon und der Gordons arbeitete, obwohl er für ihn nichts Besseres war als jeder andere Viehtreiber auf dem Besitz. » Dann kündige ich eben.« Die Worte kamen so schnell heraus, dass Luke einen Moment lang selbst erschrocken war. Die beiden Männer starrten sich finster an. Luke fragte sich kurz, was für Konsequenzen seine Erklärung wohl haben würde. Aber was spielte das schon für eine Rolle? Er hatte ja sowieso beschlossen, von diesem Viehtrieb nicht mehr zurückzukommen. Er blickte seinen Vater an, diesen Mann, der ihm so fremd war. Er bewunderte ihn für das, was er in seinem Leben geleistet hatte, aber er hatte sich nie wirklich als sein Sohn gefühlt. Und er wusste auch gar nicht, ob er das sein wollte, denn Hamish warf einen langen Schatten, und bisher hatte Luke sich daraus noch nicht befreien können.
» In Ordnung«, erwiderte Hamish schlieÃlich. » Einem dummen Mann werde ich mich nie in den Weg stellen.« Er stieg auf sein Pferd. » Ich erwarte nicht, dich wiederzusehen.«
Hochsommer 1909
Crawford Corner
William Crawford fand seinen Vater am Esstisch, eine einsame Gestalt am Kopfende des auf Hochglanz polierten Tischs, an dem bequem zwanzig Personen Platz hatten. Steif saà er vor einer Ansammlung von Schüsseln, die alle innerhalb seiner Reichweite hingestellt worden waren, obwohl er das Essen auf seinem Teller noch nicht angerührt hatte. Die Kristallkaraffe mit dem Brandy hingegen war schon halb leer. Hinter ihm stand geduldig wartend Billy, sein Page, ein achtjähriger Aborigine in einer englischen Dienstbotenuniform, mit Jackett und Weste und den obligatorischen weiÃen Strümpfen. Es fehlte nur noch der Fächer, und William wäre sich vorgekommen wie in den Tropen.
» Ah, mein Junge, da bist du ja. Gut, gut. Gerade noch rechtzeitig zum Abendessen, obwohl ich sagen muss, dass du einen köstlichen Apfelstrudel versäumt hast. Ja, wirklich einen feinen Strudel!«
William setzte sich links von seinem Vater, schenkte sich einen doppelten Brandy ein und trank einen groÃzügigen Schluck. Mr Hamish Gordons Visitenkarte in Form eines garstigen violett-gelben Veilchens prangte immer noch auf Mr Crawfords linkem Auge. Die Schwellung zog sich über die Wange hinunter und hatte offensichtlich auch die Kauwerkzeuge in Mitleidenschaft gezogen, denn in den Tagen seit seinem unverschämten Besuch schien sein Vater an Gewicht verloren zu haben.
» Dieses Wetter, Vater, also ich weià wirklich nicht, wie du das aushältst«, verkündete William. Er trank noch einen Schluck Brandy. Seine Freunde in Sydney und Melbourne verfügten über diese neuen Eisschränke, die alles wunderbar kühl hielten. Hier jedoch saà er zwischen Kerzenleuchtern und schweren Golddamastvorhängen, die buchstäblich jeden Luftzug abhielten.
» Die Suppe ist exzellent, Kohl, hat Mrs Dean mir gesagt, mit einer Spur eingelegter Orange.«
Billy tat William Suppe auf und bot ihm ein Stück Brot an.
Oscar wartete darauf, dass sein Sohn ihn über den Besitz informierte. Er hatte tagelang im Sattel verbracht und war weit umhergeritten. Jetzt konnte er
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