Im Feuer der Nacht
Winkel zu ihr, setzte sich und drapierte den Arm über die Lehne ihrer Sitzgelegenheit. Es war eine Geste, die zeigte, wie sehr er sie als sein Eigen, als seinen Besitz betrachtete; er warf einen Blick auf die Raufbolde in der schattigen Ecke und stellte sicher, dass sie die Botschaft auch begriffen hatten. Die Männer wandten den Blick ab.
Zufrieden drehte er sich zu Griselda und schaute mit ihr aus dem Fenster.
Sie lehnte sich zu ihm, tätschelte seinen Arm auf dem Tisch und wisperte: »Es gibt keinen Grund, den Leuten hier Angst und Schrecken einzujagen.«
Er fing ihren amüsierten Blick auf, brummte verlegen in sich hinein und schaute auf die gegenüberliegende Straßenseite. Den linken Arm ließ er dort, wo er ihn drapiert hatte.
Eine blasse Kellnerin, das Mädchen war kaum den Kinderjahren entwachsen, kam aus dem hinteren Bereich und fragte die Gäste nach ihren Wünschen. Abgesehen davon, dass er einen halben Liter Ale bestellte, überließ er das Mädchen Griselda. Zu seiner Überraschung beschränkte sie sich darauf, etwas zu essen zu bestellen.
Nachdem das Mädchen gegangen war, wandte er sich mit hochgezogener Braue an Griselda, die kaum merklich das Gesicht verzog.
»Sie hat meiner Kleidung zu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Wir sollten zuerst etwas essen und ihr die Zeit lassen zu entscheiden, dass wir keine Bedrohung darstellen.«
Brummend drehte Stokes sich weg. Und dachte darüber nach, dass sie an den meisten Tagen, die sie miteinander verbracht hatten, mehr Gebrumm als sonst irgendetwas von ihm zu hören bekommen hatte. »Das Mädchen hat recht«, wagte er es dann, »Sie gehören nicht hierher.«
Er schaute sie direkt an.
Griselda senkte den Kopf. Ein paar Sekunden später, nachdem sie den Blick erneut auf die grüne Tür gerichtet hatte, bemerkte sie: »Ich bin gegangen. Ich wusste, dass ich gute Chancen gehabt hätte, so zu enden wie sie, wenn ich geblieben wäre«, sie drehte den Kopf zu der Kellnerin, »ohne aufrichtige Hoffnung, dass es jemals besser würde.«
»Also haben Sie gearbeitet, haben die Gegend verlassen und noch härter gearbeitet, um sich eine Existenz außerhalb des East Ends aufzubauen.«
Sie nickte, lächelte. »Und es ist mir gelungen. Jetzt«, sie fing einen Blick auf, »hänge ich irgendwie dazwischen, verkörpere weder das East End noch gehöre ich woanders hin.«
Stokes durchschaute ihr ungezwungenes Lächeln. »Ich weiß, wie sich das anfühlt.«
»Wirklich?« Sie hob die Brauen, weniger ungläubig als vielmehr neugierig.
Er hielt ihren Blick fest. »Ich bin nicht unbedingt ein Gentleman, aber auch kein gewöhnlicher Bulle.«
Wieder lächelte sie. »Das ist mir auch schon aufgefallen.« Griselda musterte ihn aufmerksam. »Aus welchem Stall stammen Sie denn? Und wie kam es, dass Sie zwischen allen Stühlen sitzen, so wie ich?«
Stokes ließ die grüne Tür nicht aus dem Blick. »Ich bin in Colchester geboren. Mein Vater war Kaufmann, meine Mutter die Tochter eines Büroangestellten. Ich war ihr einziges Kind, genau wie meine Mutter auch ein Einzelkind gewesen ist. Mein Großvater, also ihr Vater, hat sich für mich interessiert und mich in die dortige Oberschule geschickt.«
Versunken in seine Rückschau, fing er Griseldas Blick auf. »Aus diesen Kreisen stammt jener Teil an mir, der beinahe an einen Gentleman erinnert, was mich von den meisten Leuten in der Truppe unterscheidet. Ich stamme zwar nicht aus den Salons, gehöre aber auch nicht zum Fußvolk.« Immer noch hielt er ihren Blick fest. »Ich bin kein Gentleman.«
Mit ernster Miene studierte sie seine Augen, verzog die Lippen zu einem Lächeln und lehnte sich vertraulich näher. »Auch gut. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich so wohlfühlen würde, wenn ich mit einem Gentleman hier säße.«
Das Mädchen erschien mit den bestellten Mahlzeiten auf einem Tablett. Aus zwei Schüsseln dampfte ein überraschend appetitlicher Eintopf, außerdem gab es Brot, das zwar ein wenig trocken, aber essbar war. Der Duft des Eintopfs verschaffte Griselda die Gelegenheit, dem Mädchen ein aufrichtiges Kompliment zu machen; es taute zwar ein wenig auf, aber auch diesmal ließ Griselda sie wieder gehen.
Stokes mahnte sich, ihren Instinkten zu trauen. Er kümmerte sich um den Eintopf in seiner Schüssel, ohne die grüne Tür aus den Augen zu verlieren.
Griselda und er hatten ihre Mahlzeit beendet und warteten geduldig auf die Kellnerin, als die grüne Tür plötzlich geöffnet wurde und eine struppige Brünette, die
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