Im Feuer der Nacht
wenig mehr Zeit darauf, die Reaktion des Schutzmannes zu beäugen, der sie hergebracht hatte - um anschließend bedauerlicherweise die falsche Entscheidung zu treffen. Er zerrte seinen Gürtel nach oben und verkündete kampfeslustig: »Ich weiß nicht, ob das maßgebend ist. Wir sind hier, um dem Gesetz Genüge zu tun, und wir erledigen nur unsere Arbeit, indem wir ...«
»Sergeant, den Durchsuchungsbefehl«, unterbrach Penelope ihn frostig. Sie fing seinen Blick auf und brachte es diesmal zur Arroganz einer Lady Osbaldestone oder der Duchess of St. Ives, die beide aus den respektabelsten Kreisen stammten. Wenn es darum ging, sich in solchen Situationen zu behaupten, gab es keine besseren Vorbilder als diese Ladys.
»Ich nehme an, dass die maßgebenden Vorschriften diktieren, mir sowohl in meiner Eigenschaft als Repräsentantin der Inhaber dieses Hauses als auch in meiner Eigenschaft als geschäftsführende Leiterin der Anlage den Durchsuchungsbefehl auszuhändigen, bevor die Maßnahme Ihren Gehilfen anbefohlen wird. Ist das korrekt?«
Sie hatte zwar nur geraten, aber mit Barnaby öfter über das Vorgehen der Polizei gesprochen, und konnte daher nicht ganz falsch liegen.
An der Art, wie er sich bewegte, an den Blicken, den er den drei Schutzmännern zuwarf - die zwei, die mit der Durchsuchung beschäftigt gewesen waren, arbeiteten zunächst langsamer, hörten dann ganz auf und warteten ab -, konnte man erkennen, dass der Sergeant ebenfalls davon überzeugt war.
Wieder streckte sie ihm gebieterisch die Hand entgegen. »Den Durchsuchungsbefehl, wenn ich bitten darf.«
Der Mann zögerte theatralisch, griff sich dann in die Manteltasche und zog ein gefaltetes Papier heraus.
Penelope nahm es, klappte es auf. »Wie soll eine Zusammenarbeit stattfinden, wenn es einem noch nicht einmal gestattet wird zu erfahren, was es mit diesem Unsinn eigentlich auf sich hat...«
Im Grunde genommen plapperte sie nur, weil sie sich ein wenig Zeit verschaffen wollte, die Einzelheiten der Anordnung zu studieren. Aber ihre Stimme verflüchtigte sich und erstarb schließlich ganz, als sie las, welche Reichweite der Befehl besaß - es handelte sich um eine Durchsuchung sämtlicher Akten und Amtspapiere im Findelhaus -, und schließlich bei der Begründung der Maßnahme angekommen war. »Was?«
Alle vier Männer im Zimmer nahmen unwillkürlich Haltung an.
Penelope starrte auf das Papier und traute ihren Augen kaum. »Das ist ungeheuerlich!«, verkündete sie so zornig, wie noch nie eine weibliche Stimme geklungen hatte.
Der Sergeant trat einen Schritt zurück, als sie aufschaute. »Ja«, bestätigte er, klang allerdings weit weniger selbstsicher als zuvor. »In der Tat, Miss, es ist ungeheuerlich. Deshalb sind wir hier. Wir dürfen es doch nicht zulassen, dass Sie die Jungen an diese Lehranstalt verkaufen, nicht wahr?«
Mit geradezu heldenhafter Anstrengung gelang es Penelope, ihr Temperament zu zügeln. Denn immerhin beschuldigte man sie eines Vergehens, gegen das sie in den letzten Wochen mit aller Kraft gekämpft hatte ... »Wer zum Teufel hat Ihnen solch einen himmelschreienden Unsinn eingetrichtert?«
Obwohl sie die Stimme nicht angehoben hatte, brannte sie förmlich vor Wut.
Der Sergeant scherte sich offenbar keinen Pfifferling darum, sich selbst zu schützen, und setzte eine selbstgefällige Miene auf, als er noch ein Papier aus seiner Tasche zog und es ihr reichte. »Scotland Yard hat das hier in Umlauf gebracht. Ein Exemplar wurde mit dem Befehl verschickt, Ihre Akten zu durchsuchen. Nun, es ist keine Kunst, eins und eins zusammenzuzählen.«
Penelope hielt den Durchsuchungsbefehl in einer Hand und starrte auf das zweite Papier - auf ihre Notizen mit der Beschreibung der vermissten Jungen und der Zusicherung einer Belohnung. »Ich habe diese Notizen gemacht. Die Belohnung, falls sie jemals eingefordert werden wird, stammt aus Mitteln des Findelhauses. Der Steckbrief wurde von einem gewissen Mr. Cole in seiner Druckerei in der Edgware Road gedruckt. Der Mann war Mr. Barnaby Adair noch einen Gefallen schuldig, dem Sohn des Earl of Cothelstone, welcher die neue Polizeitruppe beaufsichtigt. Inspektor Basil Stokes von Scotland Yard hat den Steckbrief mit Unterstützung einer Freundin verteilt.«
Sie hob den Blick und sah dem unglückseligen Sergeanten direkt ins Gesicht, dann fuhr sie mit beängstigender Ruhe fort. »Es will mir nicht einleuchten, wie es Ihnen unter gegebenen Umständen gelingen sollte, das hier ...«, sie
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