Im Feuer der Smaragde
Jasin warf die Satteltasche, von der er sich scheinbar nicht trennen konnte, in die Schlafkoje, dazu den neuen Koffer mit den wenigen standesgemäßen Kleidern, die sie in Brisbane gekauft hatten.
Er überprüfte die Tür, sie hatte kein Schloss. »Stell dich mal hier herüber, Liebste. Ich konnte es kaum erwarten, dir davon zu erzählen, aber ich wollte warten, bis wir auf See sind.« Er holte einen prallen Leinenbeutel aus der Satteltasche. »Ich habe etwas Interessantes in der Asche unseres armen Hauses gefunden. Es gehört uns nicht, also müssen diese Wilden es mitgebracht haben. Vermutlich haben sie es gesammelt, weil es so schön glänzt, wie manche Vögel es tun…« Er leerte den Inhalt auf die Koje, und die glitzernden, gezackten Steine fielen so schwer darauf nieder, dass Georgina sie zunächst für gefärbtes Blei hielt. »Was ist das?«, wollte sie wissen. »Was hast du da?« Er lachte. »Das ist Gold, pures Gold!«
In dieser Nacht konnte Georgina nicht schlafen. Sie durchlebte erneut den Albtraum des Angriffs, konnte den Schrecken, der sich in ihr Gehirn gebrannt hatte, nicht vergessen. In dem Lärm und Tumult und dem Donnern der Schusswaffen sah sie wieder den bemalten Körper des Schwarzen, der in das Schlafzimmer eingedrungen war, in dem sie sich versteckte, und hörte ihre eigenen Schreie, als er nach ihr griff. Sie dachte, er würde sie töten, und wehrte sich, doch er warf sie zu Boden und schob sie unters Bett! Und dann schlug er die Tür hinter sich zu und war weg. »Es war, als wollte er mich vor den anderen Wilden verstecken, Jasin«, sagte sie. »Unsinn! Vermutlich bekam er es mit der Angst, hörte jemanden kommen und rannte davon. Du bildest dir nur ein, dass er dich unters Bett geschoben hat. Du hast dich gegen ihn gewehrt und bist druntergekrochen, damit er dich nicht erwischen konnte.« Jasin wollte von der Geschichte nichts hören, sagte, sie sei verwirrt gewesen durch das ganze Chaos und bilde sich Dinge ein. Und damit hatte er wohl Recht. Es war eine furchtbare Erfahrung, die jeden durcheinander bringen würde. Doch da war noch etwas, an das sie sich zu erinnern versuchte, irgendetwas, und es war zum Greifen nah… Sie blickte zurück in ihr eheliches Schlafzimmer mit dem Himmelbett aus Mahagoni, das sie in Sydney hatte anfertigen lassen, und der Chaiselongue, die anmutig vor dem Fenster stand, darüber die bauschigen Spitzenvorhänge, sah den Kleiderschrank neben der Tür. Jasins Schaffelljacke hing am Haken hinter der Tür; sie hing dort, weil sie so viel Platz im Kleiderschrank wegnahm. Und sie war auch an jenem Tag dort, als der bärtige Wilde hereinstürmte. Sie erinnerte sich an das Funkeln seiner wilden, grünen Augen… und da traf sie die Erkenntnis! Grüne Augen? Seit wann hatten Schwarze helle Augen? Vielleicht war er ein Halbblut, was so weit im Norden jedoch ungewöhnlich schien. Doch, das war es, diese Erinnerung zumindest stimmte, selbst wenn der Mann nicht versucht hatte, sie zu beschützen. Das alles kam ihr so real vor. Sie seufzte, zog es vor, alles zu vergessen, lag da und lauschte auf das Geräusch der Motoren, als das kleine Schiff den Brisbane River hinunter Richtung Küste stampfte. Sie wusste, ihr Mann wollte nach Montone zurückkehren, sobald es sicher wäre, und seinen Viehbestand wieder aufbauen. Es war nicht aufzuhalten, aber sie würde nicht dorthin zurückgehen. Niemals. Sie könnte dort nie wieder ruhig schlafen.
Sie dachte an die Reise nach Sydney auf der Emma Jane, eine schwierige Zeit, da das Schiff mehr Sträflinge als Passagiere transportierte. Jasin hatte sich bitter beschwert, doch vergeblich, und wollte, was typisch für ihn war, seine Reisepläne auch nicht verschieben. Sie segelten wie geplant von London los. Georgina lächelte. Gott sei Dank war er auf dieser Reise besser gelaunt.
6. KAPITEL
Adrian war in letzter Zeit so besorgt, dass er kaum schlafen konnte. Großvater Marcus war noch immer schwer krank, die Ärzte sagten, er habe einen weiteren Schlaganfall erlitten. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, war Mercia Flynn von Parramatta gekommen, um bei den Pinnocks zu bleiben. Es hatte nicht lange gedauert, bis sie über die Sache mit Cissie Dignam Bescheid wusste.
»Wenn dir Cissie lieber ist als ich, hättest du es gleich sagen sollen«, erklärte sie zornig. »Dann hätte ich Jessies Einladung gar nicht erst angenommen. Ich habe nicht den Wunsch, dich in Verlegenheit zu bringen, Adrian. Morgen früh reise ich ab.«
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