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Im Glanz der roten Sonne Roman

Titel: Im Glanz der roten Sonne Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Neuseeland in Nordqueensland Station gemacht hatte. Sie war lebhaft und charmant gewesen, und Max hatte in ihr die perfekte Gattin gesehen – eine schöne Frau, mit der er sich schmücken konnte. Als die Rochesters nach Auckland weitergezogen waren, um dort Merinoschafe zu züchten, war Letitia nicht mit ihnen gegangen. Sie fragte sichoft, was geschehen wäre, hätte sie damals ihre Zweifel ernst genommen, wie Celia es tat.
    Im Lauf der vergangenen Jahre war Letitias Leben trist und langweilig geworden. Ihre Augen hatten allen Glanz verloren, ihre Schritte die Anmut und Leichtigkeit. Sie füllte ihre Zeit mit Klatsch und Tratsch und unbedeutenden Dingen; mittwochs spielte sie Bridge in ihrer Frauenrunde, und freitags arbeitete sie für einen Wohltätigkeitsverein. Ansonsten aber war ihr Leben leer. Max hatte polynesische Frauen eingestellt, die kochten und putzten, und polynesische Gärtner, sodass Letitia ihre Zeit mit Nichtstun verbrachte und sich mit Rumcocktails tröstete. Zwischen ihr und Max gab es keine Zärtlichkeiten, keine Vertrautheiten. Wenn er sie nicht beschimpfte oder anschrie, beachtete er sie kaum noch. Die Willoughby-Plantage war sein Leben. Letitia blieb nur die Einsamkeit.
    Plötzlich wurde ihr klar, wann die Dinge sich zum Schlechten entwickelt hatten: ungefähr zu der Zeit, als Max sein Interesse an Catheline Hale entdeckt hatte, etwas mehr als zehn Jahre zuvor. Letitia fragte sich verwundert, weshalb sie nicht schon viel eher darauf gekommen war. Wie seltsam, dass Max sie jetzt vor Cathelines Sohn warnte, der ein hoch gewachsener, sehr gut aussehender und reicher Mann sein musste, wie man allgemein hörte.
    Letitia fragte sich, was für eine Drohung Jordan ausgestoßen haben mochte, die Max so sehr in Aufregung versetzte ...

4
    D ie Sonne weckte Jordan bei Tagesanbruch. Er war auf der Veranda an der Ostseite des Hauses in einem Liegestuhl eingeschlafen. Die ersten Geräusche, die in sein Bewusstsein drangen, waren das Summen der Buschfliegen und der Schrei einer Krähe in dem riesigen Affenbrotbaum unten am Fluss.
    »Jetzt weiß ich wenigstens, dass ich wirklich zu Hause bin«, seufzte Jordan und verscheuchte mit einer ärgerlichen Bewegung die Fliegen. Er hatte Kopfschmerzen und fühlte sich steif; umso dankbarer nahm er den Duft von frischem Kaffee wahr, der ihm in die Nase stieg.
    »Schönen guten Morgen«, hörte er jemanden rufen. Als Jordan aufblickte, sah er Ryan O’Connor an der Ecke der vorderen Veranda stehen. Er trug bereits den Arbeitsanzug: ausgebeulte lange Hosen über hohen Stiefeln, ein weites Hemd mit aufgerollten Ärmeln und einen Hut mit breiter Krempe. Er hatte die gebräunten Arme vor der Brust verschränkt und lehnte lässig an einem Pfeiler, ein Bein übers andere gelegt.
    Ryan schien ein kräftiger Mann zu sein, der auch harte Arbeit nicht scheute. Jordan hoffte, dass ihn dieser Eindruck nicht trog. Stöhnend stemmte er sich aus dem Liegestuhl hoch.
    »Haben Sie nicht gut geschlafen?«, fragte Ryan.
    Jordan fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln auf dem Kinn und erwiderte: »Nein. Und Sie?«
    »Ich war zehn Jahre bei der Handelsmarine. Seitdem kannich überall schlafen, egal, was um mich herum vorgeht. Im Golf habe ich mal drei Wirbelstürme verschlafen. Allerdings hatte ich einen halben Liter Rum intus.«
    »Trinken Sie viel?«
    Der Ire schüttelte den Kopf. »Nein, nicht mehr. Ich habe damit aufgehört, nachdem ich eines Morgens aufwachte und feststellen musste, dass der Wirbelsturm ›Dulcie‹ meine Kabine davongeweht hatte.« Er grinste. »Ich lag im Bett, und fast alles um mich herum war verschwunden. Ein ziemlich ernüchterndes Erlebnis – jedenfalls ernüchternd genug, um dem Alkohol abzuschwören. Für einen Iren, der seine Drinks liebt, ist das eine stramme Leistung.«
    Jordan richtete sich langsam auf und streckte sich. Rücken und Schultern taten ihm weh, und plötzlich war ihm, als höre er seinen Vater sagen: »Ich bin steif wie eine Meeresbrise.« Trotz seiner Müdigkeit musste Jordan lächeln. Patrick hatte diese Worte nach jedem harten Arbeitstag auf den Zuckerrohrfeldern gesagt. Seit zehn Jahren hatte Jordan diesen Spruch nicht mehr gehört.
    »Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für Sie«, sagte Ryan, während Jordan seine Stiefel anzog.
    »Und welche?«, fragte Jordan, noch immer nicht ganz wach.
    »Wahrscheinlich bin ich der Einzige, der heute Morgen hier zur Arbeit antritt.«
    Die Sonne stand inzwischen rotglühend und rund

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