Im Glanz der roten Sonne Roman
die stille Landschaft ergossen. Verwundert stellte er fest, dass Eve schon Feuer gemacht und das Kaffeewasser aufgesetzt hatte.
»Können Sie nicht schlafen, Eve?«, fragte er und streckte seine schmerzenden Glieder.
Sie schaute ihn an, doch er erwiderte ihren Blick nicht. Stattdessen schaute er mit einem Ausdruck der Zufriedenheit über die gerodeten Felder hinweg. Er schien bester Laune zu sein, und Eve schmerzte der Gedanke, dass Lexie der Grund für seine gute Stimmung sein könnte.
»Sie sind heute Morgen ja sehr gut aufgelegt«, stellte sie fest, ohne auf seine Frage einzugehen.
Er schaute sie an. »Warum auch nicht? Endlich geht es voran, und ich habe das Glück, dass viele gute Leute mir helfen.«
Eve blickte noch immer skeptisch drein, und Jordan runzelte die Stirn.
»Ist das wirklich der einzige Grund, dass Sie heute Morgen so fröhlich sind?«, fragte sie und wandte den Blick ab.
»Sollte es einen anderen Grund geben?«
Eve hätte ihn gern vor Lexie gewarnt, doch sie wollte ihmnicht sagen, dass sie gelauscht hatte. »Ich weiß nicht«, erwiderte sie. »Das müssten Sie mir schon sagen.«
»Stimmt irgendwas nicht, Eve? Sie führen sich heute Morgen ziemlich seltsam auf.«
»Nein, alles in Ordnung.« Sie wagte nicht, ihn noch einmal anzuschauen, aus Angst, er könnte die Wut in ihrem Blick sehen. Jordan gelangte zu dem Schluss, dass Eve sich nach einer schlaflosen Nacht in der unangenehmen Hitze unwohl fühlte. Es war sehr schwül gewesen, typisch für die Zeit, bevor der Regen kam; er selbst hatte auch nur wenig Schlaf gefunden.
»Ich würde heute gern früh mit der Arbeit anfangen, Eve«, sagte er. »Mit Sauls und Noahs Hilfe müssten wir die Felder morgen Abend so weit haben, dass wir pflügen können. Wann ist das Frühstück fertig?«
»In ungefähr zwanzig Minuten«, erwiderte Eve und stand unbeholfen auf. Der Schmerz in ihrer Hüfte trug nicht gerade dazu bei, ihre Stimmung zu heben, und je näher die Regenzeit rückte, desto schlimmer plagte ihr Bein sie.
Ting yan hätte eigentlich das Frühstück machen sollen, doch sie war schon in die Stadt gefahren, um die Vorräte an Reis und Gewürzen aufzufrischen. Seit Sauls und Noahs Rückkehr war Eve besonders froh, der Chinesin das Kochen überlassen zu können; allein der Gedanke an den gewaltigen Appetit der beiden Männer von Tonga war angsteinflößend. Eves Aufgabe bestand zurzeit darin, das Haus zu streichen.
»Haben Sie Nebo heute Morgen schon gesehen?«, fragte Jordan, während Eve zum Feuer hinkte. Sie schien Schmerzen zu haben, doch Jordan wusste, wie stolz sie war; deshalb sprach er sie gar nicht erst auf ihre kranke Hüfte an.
»Nein, noch nicht. Aber ich wollte ihm gleich Kaffee bringen.«
»Ich mach das schon, während Sie das Frühstück vorbereiten.« Ohne einen weiteren Blick in ihre Richtung goss JordanKaffee in einen Becher und eilte in Richtung der Arbeiterbaracke davon.
Eve war gekränkt, weil Jordan offensichtlich nicht auf den Gedanken gekommen war, dass auch sie den alten Mann gern sehen wollte, zumal Nebo jeden Morgen auf sie wartete. Es war eine Art Ritual zwischen Eve und Nebo geworden, und ob es Jordan recht war oder nicht – daran würde sich nichts ändern.
Lustlos legte Eve ein paar Würstchen und etwas Schinkenspeck in eine Pfanne. Sie war gerade dabei, die Würstchen anzustechen, als Gaby aus dem Haus kam, gefolgt von Josh und Bill, die sich um den Hammer ihres Vaters stritten.
»Könnten Sie das hier fertig braten, Gaby?«, bat Eve. »Ich habe etwas Dringendes zu erledigen.«
»Natürlich.« Gaby nahm die Gabel. »Haben Sie denn schon gegessen?«
»Nein. Ich habe keine Zeit, weil ich ... eine Nachbarin treffen muss. Ich bleibe nicht lange fort.«
Gaby hätte Eve gern überredet, noch etwas zu essen, bevor sie ging, denn sie war so zart und zerbrechlich – doch bevor sie etwas sagen konnte, war Eve verschwunden.
Nachdem sie kurz bei Nebo vorbeigeschaut und sich zum Frühstück eine Mangofrucht vom Baum gepflückt hatte, nahm sie den Weg, der hinter der Plantage nach Willoughby führte. Dort angekommen, ging sie bis zu den Ställen, hinter denen sie ihr Fahrrad versteckte. Dann sah sie, hinter einem Bougainvilleastrauch verborgen, ihren Vater mit Milo Jefferson und einer großen Gruppe kanakas sprechen, die vor ihrem Quartier standen. Sie war entsetzt über den schrecklichen Zustand der Baracke; das Gebäude sah aus, als könnte es jeden Augenblick einstürzen. Eve konnte kaum glauben, dass es sich
Weitere Kostenlose Bücher