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Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Titel: Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim al-Khalili
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wissenschaftlichen Forschung von seinen religiösen Überzeugungen zu trennen.
    Al-Birunis bekannteste – allerdings nicht wichtigste – wissenschaftliche Leistung war seine berühmte Bestimmung des Erdumfangs mit Hilfe einer phantasievollen Messung der Höhe eines Berges. (Die Methode war schon zwei Jahrhunderte zuvor von al-Ma’muns Astronom Sanad erörtert worden – wir haben aber nur al-Birunis Bericht über ihre Anwendung.) Das Experiment wurde zwischen 1020 und 1025 ausgeführt, als er mit dem Ghaznawidensultan Mahmud im Nordwesten Indiens auf Reisen war. Während dieser Zeit beobachtete er von einer Festung in dem Ort Nandna aus – er liegt im heutigen Pakistan ungefähr 100 Kilometer südlich von Islamabad – einen hohen Berg im Westen. [169] Dieser war genau das, was er gesucht hatte: Man konnte von dort die flachen Ebenen des Punjab überblicken, die sich erstreckten, so weit das Auge reichte; deshalb konnte er den Winkel der Blicklinie zum Horizont sehr genau ermitteln, wenn er vom Gipfel des Berges aus Ausschau hielt.
    Ich möchte seine Methode im Einzelnen beschreiben, denn sie erfordert nur elementare geometrische Kenntnisse und ist erstaunlich erfindungsreich. In seiner Bestimmung der Koordinaten von Städten nimmt al-Biruni zu Beginn seiner Beschreibung Bezug auf die berühmten Messungen, die zuerst von Eratosthenes ausgeführt und später von al-Ma’muns Astronomen wiederholt wurden. Dann schreibt er mit seinem legendären, scharfen Verstand folgende unsterblichen Zeilen: »Hier ist eine andere Methode zur Bestimmung des Erdumfangs. Sie erfordert nicht, dass man durch Wüsten wandert.« [170] Sein erster Schritt besteht darin, genau die Höhe des Berges zu messen, während er in der Nähe von dessen Fuß in der flachen Ebene steht. Er hat ein quadratisches Brett mit einer Kantenlänge von einem Kubit (ungefähr 50 Zentimeter), das an den Kanten eine Einteilung in gleich große Abschnitte trägt. (Wer keine mathematischen Neigungen verspürt, kann die nächsten Absätze bei der Lektüre auslassen.)

Al-Birunis Methode zur Messung der Höhe eines Berges mit geometrischen Mitteln (Vergleich der Seitenverhältnisse ähnlicher Dreiecke).
    Wir bezeichnen das quadratische Brett als ABCD und stellen es wie in der Zeichnung senkrecht auf die Ecke C. Von der Ecke D lassen wir ein Lineal frei beweglich herabhängen. Zunächst sorgen wir dafür, dass die Seite BC mit der Blickrichtung zum Berggipfel (Punkt E) übereinstimmt, dann befestigen wir das Quadrat in dieser Position. Jetzt drehen wir das Lineal so, dass es ebenfalls in gerader Linie zum Berggipfel zeigt und demnach die Seite AB an einem Punkt G schneidet. Jetzt haben wir die beiden ähnlichen Dreiecke ADG und CED (da die Linien CE und DA parallel verlaufen, haben beide bei A und C einen rechten Winkel, und die Winkel ADG und CEG sind gleich). Demnach können wir die Seitenverhältnisse gleichsetzen, so dass AG:AD = CD:CE. Da drei dieser Seiten bekannt sind, können wir die Länge der vierten (CE) berechnen.
    Als Nächstes lassen wir einen kleinen Stein ungehindert von der Ecke D zu Boden fallen und markieren die Stelle H, an der er landet. Dann messen wir mit dem Lineal, das wir vom Quadrat gelöst haben, am Boden die Entfernung von H nach C. Jetzt können wir die beiden anderen rechtwinkligen Dreiecke DCH und CEF vergleichen: Dabei ist F der (unzugängliche) Punkt an der Unterseite des Berges unmittelbar unter E. Da die Winkel DCH und ECF sich zu 90 Grad summieren (weil CDE ein rechter Winkel ist), muss der Winkel DCH gleich dem Winkel CEF sein (weil die Winkel EDF und CEF sich ebenfalls zu 90 Grad summieren). Die beiden Dreiecke DCH und CEF sind sich also ebenfalls ähnlich, und wir können wiederum die Seitenverhältnisse vergleichen: CH : CD = EF : EC. Damit haben wir wiederum nur eine unbekannte Seite, nämlich EF, die Höhe des Berges.

30.
Der Berg, von dem aus al-Biruni den Erdumfang maß.
    In der Praxis ist die Strecke AG sehr klein, weil die Blicklinien zum Berggipfel entlang von CBE und DGE nahezu parallel verlaufen. Aber al-Biruni versichert uns, diese heikle Messung sei ihm gelungen.
    Nachdem nun die Höhe des Berges bekannt ist, kann er mit Hilfe dieses Wertes den Radius der Erde ermitteln. Dazu muss er aber zuerst auf den Berggipfel klettern und ein ausreichend präzises Astrolabium mitnehmen, mit dem man sehr kleine Winkel messen kann. In seinen Aufzeichnungen beschreibt al-Biruni zwei mathematische Wege, um den Radius zu

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