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Im Herzen der Nacht - Roman

Titel: Im Herzen der Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon Eva Malsch
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beobachtete, würde auch ihm eine harte Strafe drohen.
    »Was tust du?« Die ärgerliche Stimme seines Vaters ließ ihn zusammenzucken.
    »Ich... ich schaue mir nur seinen Rücken an«, stammelte er.
    »Warum?«
    »W-w-weil... weil ich neugierig war.« In der Gegenwart seines Vaters fing Valerius stets zu stottern an. Dafür hasste er sich selbst.
    »Glaubst du, er hat Schmerzen?«
    Valerius wagte nicht zu antworten. In den Augen des Vaters war jener eisige Ausdruck erschienen, den er fürchtete. Dieser Blick bekundete, dass der unbarmherzige Feldherr an die Stelle des liebevollen Vaters trat.
    »Sprich, mein Junge! Glaubst du, er hat Schmerzen?«
    Valerius nickte.

    »Bekümmert dich das?«
    Hastig schluckte Valerius seine Tränen hinunter. Ja, es bekümmerte ihn. Doch das durfte er nicht gestehen, sonst würde er den Zorn seines Vaters erregen. »N-n-n-nein, es … es bekümmert mich nicht.«
    »Beweise es.«
    Was mochte das bedeuten? Angstvoll blinzelte Valerius. »W-w-wie?«
    Der Vater nahm die Peitsche vom Haken und reichte sie ihm. »Verpass ihm zehn Schläge. Oder du bekommst zwanzig.«
    Schweren Herzens und mit zitternder Hand ergriff Valerius die Peitsche und schlug zu.
    Da er es nicht gewohnt war, mit einer Peitsche umzugehen, verfehlte er Zareks Rücken, und der Lederriemen landete auf den unverletzten Armen und Beinen, auf unverletztem Fleisch.
    Zum ersten Mal stöhnte Zarek und versuchte den Peitschenhieben auszuweichen, und so landete der letzte auf seinem Gesicht, unterhalb einer Augenbraue.
    Schreiend presste er die Hand auf die Wunde, Blut quoll zwischen seinen schmutzigen Fingern hervor.
    Beinahe hätte Valerius sich übergeben, als er das Lob seines Vaters hörte, weil er einem Sklaven das Auge zerschlagen hatte.
    Er klopfte sogar auf Valerius’ Rücken. »Sehr gut, mein Junge. Du musst immer dort zuschlagen, wo dein Gegner am verletzlichsten ist. Eines Tages wirst du einen tüchtigen General abgeben.«
    Als Zarek aufschaute, war die Leere aus seinem Blick verschwunden. Blut bedeckte die rechte Gesichtshälfte. Aber im
linken Auge hatte sein ganzer schmerzlicher Zorn gelegen, ein abgrundtiefer Hass.
    Dieser Blick verfolgte Valerius bis zum heutigen Tag.
    Wegen dieses unverschämten Blicks hatte der Vater beschlossen, Zarek erneut auspeitschen zu lassen.
    Kein Wunder, dass Zarek sie alle hasste. Das war sein gutes Recht. Umso mehr, weil Valerius jetzt wusste, von wem der einstige Sklave abstammte.
    Wann hatte Zarek die Wahrheit erfahren? Und warum hat mich niemand informiert?
    Wütend umklammerte er die Büste seines Vaters. »Warum?« Doch er wusste, dass er niemals eine Antwort erhalten würde. In diesem Moment hasste er seinen Vater heftiger denn je, hasste das Blut, das in seinen Adern floss.
    Aber letzten Endes war er ein Römer, und er musste sein Erbe hinnehmen. Mochte es richtig oder falsch sein, er konnte es nicht verleugnen.
    Den Kopf hoch erhoben, ging er zu der Treppe, die zu seinem Schlafzimmer hinaufführte. Bevor er auf die erste Stufe stieg, trat er gegen das Podest.
    Die Büste des Vaters stürzte auf den Marmorboden hinab und zersprang in tausend Scherben.
     
    NEW ORLEANS, AM NACHMITTAG
    Zarek lehnte sich zurück, als der Hubschrauber startete. Nun würde er nach Hause fliegen.
    Dort würde er zweifellos sterben.
    Wenn Artemis ihn nicht tötete, würde Dionysos diese Aufgabe übernehmen.
    In Zareks Ohren dröhnte Dionysos’ Drohung. Um Sunshine zu retten, hatte er die Pläne eines Gottes durchkreuzt,
der ihm zweifellos noch schlimmere Qualen als jene in der Vergangenheit bereiten würde.
    Warum er es getan hatte, wusste er noch immer nicht, abgesehen von der Tatsache, das er es genoss, andere Leute zu ärgern. Die einzige Freude in seinem Dasein …
    Sein Blick fiel auf seinen Rucksack.
    Ehe ihm bewusst wurde, was er tat, nahm er die handbemalte Schüssel heraus und strich über die kunstvollen Ornamente, die Sunshine hineingeritzt hatte. Wahrscheinlich hatte sie stundenlang an diesem Kunstwerk gearbeitet, das er jetzt mit liebevollen Händen streichelte.
    »Sie vergeuden ihre Zeit wegen einer Fetzenpuppe, die wird ihnen sehr wichtig, und wenn sie jemand wegnimmt, weinen sie...«
    An diese Worte aus dem »Kleinen Prinzen« musste er jetzt denken. So viel Zeit hatte Sunshine für diese Schüssel geopfert und sie ihm geschenkt. Wahrscheinlich ahnte sie gar nicht, wie sehr sie ihn damit beglückt hatte.
    »So erbärmlich bist du«, flüsterte er und umklammerte die Schüssel noch

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