Im Herzen der Nacht - Roman
einem kurzen Blick auf Talons Jacke und den Halsring zischte Valerius das Wort »Kelte« und ließ ihn wissen, eine Freundschaft mit diesem Dark Hunter wäre ebenso unrealistisch wie eine Parklücke an der Bourbon Street während des Mardi Gras, in die ein Panzerwagen passen würde. Allein schon der Gedanke, die Zeit mit diesem Scheißkerl
in ein und derselben Stadt zu verbringen... Ätzend , würde Nick sagen.
Das schwarze Haar des Römers war zu einem untadeligen Pferdeschwanz zusammengebunden. Zu einer schwarzen Bügelfaltenhose und leichten Halbschuhen trug er einen Rollkragenpullover und einen langen Kaschmirmantel. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man ihn für einen gutbetuchten Anwalt halten, nicht für einen Daimon-Henker. Beinahe hätte Talon gelacht. Neben ihm und insbesondere an der Seite Acherons, der einer Reklame für Gruselromane glich, wirkte Valerius völlig fehl am Platz. Diesmal betonte nicht nur der silberne Nasennagel die exzentrische Erscheinung des Atlantäers, an den Seiten seiner spitzen Stiefel funkelten auch noch neue Silberschnallen.
»Wie pünktlich du bist, Valerius«, bemerkte Acheron und warf einen kurzen Blick auf die verbeulte Taschenuhr, die er hervorgeholt hatte. Vor etwa hundert Jahren hatte diese Uhr ein Missgeschick bei einem größeren Daimon-Aufstand erlitten. Doch sie hatte überlebt. Im Gegensatz zu den Daimons.
Die schwarzen Augen voller Abneigung, starrte Valerius den Atlantäer an. »Dass du mein Kommandant bist, gefällt mir ganz und gar nicht, Grieche. Aber als Soldat werde ich dir bedingungslos gehorchen, ohne Rücksicht auf meine persönlichen Ressentiments.«
»Ist es nicht eine reine Freude, mit diesem sympathischen Mann zusammenzuarbeiten, T-Rex?«, spottete Talon.
»Vielleicht solltest du die Leute respektieren, die dir überlegen sind, Kelte«, fauchte Valerius und kräuselte die Oberlippe. »Oder ich zeige dir, wie wir Römer mit deiner barbarischen Rasse verfahren.«
Mit diesen Worten erregte er keine nennenswerten Emotionen, nur Langeweile und bestenfalls Belustigung. Aber Talon war nicht der Mann, der Beleidigungen kommentarlos hinnahm, und mittlerweile zu alt, um seine Gewohnheiten zu ändern. »Nur um meinen Respekt zu bekunden...«, murmelte er und schnippte dicht vor Valerius’ Nase mit den Fingern.
Erbost wollte Valerius sich auf Talon stürzen. Aber Acheron trat blitzschnell dazwischen. Nicht, dass Talon diese Barriere gebraucht hätte, aber dem Römer musste man offensichtlich Einhalt gebieten, nach der zornigen Glut in den schwarzen Augen zu schließen. »Kinder, Kinder, zwingt mich nicht, euch Manieren beizubringen!« Sein durchdringender Blick veranlasste den Römer, einen Schritt zurückzuweichen. »Glaub mir, Val, genau genommen brauche ich deine Hilfe nicht, wenn ich meine Kämpfe ausfechte. Und ich dulde keine Attacken auf Talon.«
»Ich heiße Valerius!« Mit einer arroganten Geste rückte der römische General seinen Mantel zurecht. »Und ich werde seine Frechheit nicht dulden.«
Anscheinend duldete der Mann überhaupt nichts. Wie immer, wenn zwei oder mehrere Dark Hunter zusammenkamen, spürte Talon, wie seine Energie nachließ. Diesen Sicherheitsmechanismus setzte Artemis ein, damit sie nicht mit vereinten Kräften die Götter angriffen oder über die Menschen herfielen. Da gab es nur eine einzige Ausnahme - Acheron.
Als Ältester der Spezies und Lehrer aller frisch gebackenen Dark Hunter schwächte er sie nicht - nur alle seine Feinde. Wenn Talon und Valerius noch länger beisammenblieben, würden sie in dieser Nacht ihre Pflichten nicht erfüllen können.
Als Talon über die Schulter des Römers hinwegblickte,
sah er Nick und Zarek an der Bäckerei vorbeigehen. »Ah, da kommt unsere Verstärkung.«
Valerius drehte sich um und stieß einen vulgären Fluch hervor, der einen seltsamen Kontrast zu seiner eleganten Erscheinung bildete.
»Ganz meinerseits«, knurrte Zarek und blieb neben Acheron stehen.
»Nicht noch ein verdammter Grieche!«, stöhnte Valerius angewidert.
»Was ist los mit dir, Römer?«, fragte Talon. »Hast du was gegen die Griechen?«
Valerius’ Nasenflügel bebten. Die Augen voller Hohn, musterte er Zarek von oben bis unten. »Wäre ich in Troja gewesen, als sie dieses elende Pferd zurückließen, hätte das Blut der Griechen den ganzen Strand überschwemmt.«
Sarkastisch schnitt Talon eine Grimasse. »Verdammt, T-Rex, er scheint deine Ahnen ernsthaft zu hassen.«
»Schon gut, Talon.« Lässig
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