Im Herzen der Wildnis - Roman
möchte Dir auch sagen, dass ich Dich immer noch liebe. An meinen Gefühlen für Dich hat sich nichts geändert.
Bevor ich über Dich gestolpert bin und Du über mich, habe ich in meinem Leben etwas gesucht. Ich habe nicht gewusst, was es war. Die Freiheit? Als ich Dir begegnet bin, wusste ich, ich habe es gefunden. Die Liebe, die alles ändert. Den geliebten Menschen, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Der mich liebt, wie ich bin. Der mich glücklich macht. Ich hätte Dich nicht gehen lassen dürfen. Und ich hätte selbst nicht gehen dürfen. Du könntest jetzt meine Frau sein, und Ronan mein Sohn.
Sie konnte nicht weiterlesen. »Oh, Josh, er ist doch dein Sohn!« Sie barg ihr Gesicht in den Händen, schloss für einen Moment die Augen und spürte ihren aufgewühlten Gefühlen nach.
Ich schreibe Dir diesen Brief, der lange unterwegs sein wird, damit Du Dich nicht von mir unter Druck gesetzt fühlst. Ich weiß, wie schwer das alles für Dich sein muss. Und ich weiß, dass Du Zeit brauchst, um in Ruhe über alles nachzudenken, was ich Dir in den letzten Monaten in über hundert Briefen geschrieben habe. Und was Du nun tun willst.
Sie zog das Päckchen mit den Briefen zu sich heran und holte eine Hand voll heraus. Es waren tatsächlich Briefe von Jay, wie jene, die Hamish ihr nach ihrer Rückkehr aus Alaska gegeben hatte. Wer war der Freund gewesen, dem Josh seine Briefe an sie anvertraut hatte? Nicht Ian! Ihr stockte der Atem. Es war Rob!
Wie auch immer Du Dich entscheidest, für mich oder für ihn, gib mir eine Chance, Dich zu sehen. Ich habe Dir so viel zu sagen, was ich keinem Brief anvertrauen kann. Ich trauere nicht mehr um das, was ich verloren habe, sondern freue mich auf das, was vor mir liegt. Ich habe Dich wiedergefunden, wie damals, als wir einander schon einmal verloren hatten.
Bitte lass uns reden. Im Palace Hotel, in der Bar, bei Cappuccino und Amaretto. So, wie alles angefangen hat.
Wehmütig erinnerte sie sich an ihr Übereinanderstolpern vor dem Palace Hotel. An das Gespräch in der Bar. An ihren Kuss in der Lobby. An ihre Suche nach dem anderen …
Ich rufe Dich an, sobald ich in San Francisco bin.
Ein Wiedersehen mit Josh! Sie besann sich. Und Rob?
Überwältigt von ihren Gefühlen wühlte sie in dem Stapel von langen Briefen und gekritzelten Zettelchen, die er ihr während des vergangenen Jahres geschrieben hatte, und überflog hier und da eine Zeile. Diese Hand voll Papier war Joshs Leben: Freude, Trauer und Schmerz. Hoffnung und Verzweiflung. Und immer wieder die Sehnsucht nach ihr, seiner Liebe, die er für immer verloren glaubte.
Ihre Augen brannten. Sie konnte jetzt nicht alles lesen. Sie hatte nicht die Kraft dazu … sie musste …
Das Telefon schrillte, und sie zuckte schmerzhaft zusammen. Wie gebannt starrte sie den Apparat auf ihrem Schreibtisch an.
»Josh?«, flüsterte sie atemlos.
Na los, trau dich! Wovor hast du Angst?
Wieder klingelte es. Ihre zitternde Hand tastete nach dem Hörer, bevor es erneut klingelte. »Shannon Conroy.«
»Bist du das, Shannon?«
»Ja.«
»Ich habe deine Stimme erst nicht erkannt. Geht’s dir gut?«
Sie atmete tief durch. »Charlton, es ist halb drei! Wieso rufst du an? Ist etwas passiert?«
»Josh kommt nach Hause! Sein Schiff wurde im Golden Gate gesichtet! In einer Stunde geht er an Land! Ich schicke jemanden zum Hafen, der ihn abholt. Er …« Charlton schluckte gerührt. »… er ist wieder zu Hause!«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
»Shannon, bist du noch dran? Sag mal, wollt ihr nicht kommen, um ihn zu begrüßen? Sissy und Lance sind gestern nach New York abgereist, ich bin ganz allein. Na los, springt ins Auto! Er wird sich bestimmt freuen, euch zu sehen!«
»Das ist …« Sie machte einen tiefen Atemzug. »… eine wundervolle Idee, Charlton.«
»Finde ich auch! Ich lasse schon mal den Champagner kalt stellen! Und … Shannon?«
»Ja?«
»Ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, dass du zu Rob zurückgekehrt bist. Er ist bestimmt sehr glücklich.«
»Das ist er.«
Und ich?, fragte sie sich. Was empfinde ich eigentlich?
»Na, siehst du!«, rief Charlton überschwänglich. »Na los, kommt her! Wir haben etwas zu feiern! Deine Versöhnung mit Rob und Joshs Heimkehr!«
Das Nebelhorn dröhnte wieder in die Nacht. Eine Glocke wurde geläutet, sonst war es still auf dem Schiff. Die Dampfmaschine stampfte durch die Bay.
Mit dem Foto von Shannon und ihrem Sohn stand Josh mit Randy am Bug. Kein
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