Im Herzen Rein
Kleider! Für wen waren die bestimmt?
In einem Fach des Schrankes fanden sie weitere Fotos der beiden Opfer, wenn auch nicht in dieser Vergrößerung, sondern im DIN-A4-Format. Paula blätterte sie durch. Obenauf lag ein weißer Umschlag, der ein Handy-Foto von Johanna im Kino enthielt. Von ihm war die Vergrößerung gemacht worden. Er musste Johanna in dem Moment fotografiert haben, als das Licht vor dem Hauptfilm im Kino noch einmal anging.
Marius nahm eine Schachtel aus dem Schrank und hielt sie Paula hin: Es lagen mehrere lange Nadeln darin, alle mit verschiedenfarbigen Glasköpfen.
Paula war schockiert.
In weiteren Fächern befanden sich jede Menge Pressematerial über die beiden Mordfälle und zwei Computer-Festplatten. Marius vermutete: »Da sind alle Berichte zu den Mordfällen drauf. Das wird seine Karriere erst einmal bremsen.«
Sie hatte sich auf Mendel eingeschossen. Heiliger hatte sie - wenn sie ehrlich war - als Täter eher für eine Konstruktion ihrer Freundin gehalten. »Meinst du, Mendel und Heiliger haben zusammengearbeitet?«
»Kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ich rufe Neuenfeld an. Er soll einen Haftbefehl bringen.«
Neuenfeld zögerte am Telefon. »Das ist nicht irgendwer«, sagte er. »Wenn wir danebengreifen, sitzen wir in der Tinte.«
»Kommen Sie her, und überzeugen Sie sich selbst.«
»Was für ein Motiv sollte er haben?«
»Rufen Sie Professor Bach an. Heiliger entspricht seinem Profil. Bachs Meinung war von Anfang an, dass die Art und Weise, wie die Opfer inszeniert wurden, auf krankhaften Geltungswahn als Motiv hindeutet. Auf einen wahnsinnigen Künstler.«
»Mir scheint das ein bisschen dünn. Aber gut, ich komme.«
Paula war nicht überrascht von Neuenfelds Reaktion. Sie wandte sich an Marius. »Wir sollten die Spurensicherung anfordern. Entweder machen wir jetzt den Deckel zu und haben ihn, oder wir stecken in der Scheiße. Wir brauchen vor allem Spuren von den Opfern. Sieh dir den Raum nebenan genau an. Ich gehe inzwischen den Schrank noch einmal durch.« Dann fiel ihr schlagartig ein, dass Heiliger für die Zeit, als Chris im Guggenheim war, ein Alibi hatte - er war bei einer Auktion in Hamburg gewesen. Aber wann genau war eigentlich Heiligers Bild versteigert worden? Er musste ja gar nicht bis zum Ende der Auktion dort geblieben sein.
Sie besprach die Sache mit Marius, und er schlug vor, im Auktionshaus Ketterer anzurufen. Er hatte schon einmal mit dem Auktionator geredet, wollte aber diesmal den Zeitraum genauer definieren.
Paula durchsuchte währenddessen noch einmal den Schrank. Sie wusste aus Erfahrung, dass jede Hast einen Erfolg zunichte machen konnte. Sie musste sich jedes Detail in Ruhe ansehen. Aber sie fand nicht mehr als vorher. Sie rief die Spurensicherung an und bestellte fünf Leute ins Atelier.
Ihr Handy klingelte. Wahrscheinlich Neuenfeld. Sie blickte zur Uhr, während sie »Zeisberg« sagte.
»Paula, ich bin in Berlin.«
Jonas. Sie bekam weiche Knie und ärgerte sich darüber.
Das konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. »Jonas. Ich habe überhaupt keine Zeit. Wir machen gerade eine Wohnungsdurchsuchung und werden gleich eine schwierige Verhaftung durchführen. Es tut mir leid.«
»Ich habe ja damit gerechnet, dass du auch am Wochenende arbeitest, aber ich bin trotzdem gekommen. Vielleicht für einen Kaffee im Hotel. Ich bin im Kempinski und bleibe auf dem Zimmer. Wenn du irgendwann eine Minute übrig hast, könntest du doch schnell vorbeikommen. Mit weniger Aufwand kann man keinen Menschen glücklich machen.«
»Du machst es mir sehr schwer, aber ich werde ganz sicher keine Zeit haben. Die Dinge überschlagen sich gerade, und ich muss jetzt auch weitermachen.«
»Ich bin hier.«
Marius kam herein, und sie drückte den Anruf weg.
»Ich habe im Auktionshaus nur eine Aushilfe erreicht.
Der Geschäftsführer kommt aber gleich zurück. Ich bleibe dran.« Er sah die Fotos in Paulas Hand. »Wieso bist du dir eigentlich so sicher?«
»Das Foto kann nicht von der Presse sein. Das Kino war abgesperrt. Es kann nur vom Täter sein.«
Marius stimmte zu. »Der Täter hat aber auch die Barbiepuppe im Museum deponiert. Das darf sich nicht ausschließen.«
Paula nickte. Sie war dankbar für die Unterstützung, denn sie wusste, wie schwer sich ihre Kollegen taten, wenn der Verdächtige ein Prominenter war. Viele konnten sich nicht vorstellen, dass so jemand ein brutales Verbrechen begehen könnte.
Sie rief Scholli an und sagte, er solle sofort
Weitere Kostenlose Bücher