Im Himmel ist die Hölle los
und Ihresgleichen sich nicht immer auf diese hinterhältige Art an mich heranschleichen würden.«
»Ich wollte mich nicht anschleichen«, verteidigte sich der Personalchef. »Ich wollte nur …«
Aber so leicht war Jane nicht zu beschwichtigen. »Ich meine, ich stehe hier, putze mir die Zähne, und auf einmal ist da irgendein fremdes Gesicht über meiner Schulter«, beschwerte sie sich. »Haben Sie zufällig mal für einen Mann namens Hitchcock gearbeitet? So ein dicker Typ mit einer riesigen Nase.«
Der Mann blickte sie verdutzt an. »Nein, jedenfalls nicht, daß ich wüßte.«
Jane lächelte entschuldigend. »Tut mir leid, denn das war wohl eher ein Witz für Menschen. Ich nehme an, ihr Teufel kennt euch nicht besonders gut mit Filmen aus.«
Der Fremde wirkte gekränkt. »Ich bin kein Teufel«, stellte er richtig. »Ganz und gar nicht.«
»Entschuldigen Sie, ich wollte auch eigentlich Daimon sagen. Ist mir einfach so rausgerutscht.«
»Ein Daimon bin ich auch nicht«, widersprach der Fremde. »Ich bin ein …« Er machte eine Pause und errötete. »Nun ja, ich bin eben kein Daimon. Andere Abteilung.«
Einen Moment lang überlegte Jane, und dann breitete sich auf ihrem zahnpastagesprenkelten Gesicht ein schwaches Lächeln aus. »Jetzt habe ich’s!« rief sie triumphierend. »Sie sind ein Engel.«
»Bitte«, wehrte der Fremde ab, »mir wäre es wirklich lieber, wenn wir dieses Wort nicht gebrauchen würden. Das klingt so …« Hilflos fuchtelte er mit den Armen in der Luft.
»Einverstanden. Aber welches Wort soll ich dann benutzen?«
»Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst«, stellte der Fremde in bestimmtem Ton klar. »Das halte ich für eine sehr viel treffendere Bezeichnung, finden Sie nicht?«
Jane nickte und sah sich den Fremden sorgfältig an. Er war groß, hatte graues Haar, das sich ganz oben ein wenig lichtete. Um die Taille herum wurde er etwas dicker, die Handrücken waren stark behaart, und er trug einen Anzug mit ziemlich blankgescheuerten Ärmelaufschlägen. ›Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst‹ paßte wirklich wesentlich besser zu ihm als ›Engel‹. »Sie haben völlig recht«, stimmte Jane ihm schließlich zu. »Hören Sie, könnten wir bitte aus dem Badezimmer rausgehen?«
»Ja, natürlich.« Der Fremde trat unbeholfen zur Seite und öffnete ihr die Tür.
Jane versuchte, möglichst gleichgültig zu wirken. »Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?«
»Ja … ähm … danke.« Der Fremde setzte sich auf einen Stuhl mit gerader Lehne und verschränkte die Arme. Er machte einen verlegenen Eindruck.
»Ich habe die Kette vorgelegt«, sagte Jane. »Also, das steht alles bestimmt im Zusammenhang damit, was gerade mit der Sonne passiert ist, stimmt’s?«
Der Fremde nickte. »Sie sind eine sehr aufmerksame Beobachterin«, stellte er anerkennend fest.
»Ach, das hält sich in Grenzen«, antwortete Jane und rümpfte nachdenklich die Nase. »Ich meine, man braucht sich doch nur mal die ganze Geschichte vor Augen zu halten. Die Sonne spielt verrückt, überall verfolgen mich übernatürliche Wesen, da muß man wirklich nicht Aleister Crowley heißen, um auf den Gedanken zu kommen, daß es da einen gewissen Zusammenhang … Entschuldigen Sie, habe ich etwas Falsches gesagt?«
»Nein«, antwortete der Fremde, »oder zumindest konnten Sie das nicht wissen. Es ist nur so, daß wir den Namen dieser Person in unserer Abteilung nicht erwähnen.«
»Aha.« Jane biß sich auf die Lippe. »Sagen Sie, könnten wir jetzt zur Sache kommen? Was wollen Sie eigentlich alle von mir? Der andere – der … ähm … Daimon – sagte etwas von einem Job, aber ich …«
Sie brach mitten im Satz ab. Der Fremde nickte.
»Also geht es tatsächlich um einen Job?« staunte Jane. »Das kann unmöglich Ihr Ernst sein.«
Der Fremde stand auf und ging zum Fenster hinüber. »Also«, begann er, wobei er die Vorhänge ein Stückchen aufzog, »ich nehme an, Sie haben heute die ganze Sache mitbekommen, oder? Ich meine, die Sonne und das alles.«
»Ja, allerdings.«
Der Fremde sackte ein wenig zusammen. »War nicht besonders beeindruckend, wie?«
Jane zuckte unentschlossen die Achseln. »Ich weiß nicht recht. Sollte das denn damit bezweckt werden? Ich meine, ich halte wirklich nicht viel von bösen Vorzeichen und solchen Sachen. Ich dachte, so was passiert nur, wenn jemand wie Julius Cäsar erstochen wird, und Leute wie Julius Cäsar gibt es heutzutage nicht mehr viele. Nach meinem Dafürhalten muß man so
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