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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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gegeben und bist allein …«
    »Jetzt halt endlich das Maul und such den Schraubenschlüssel!« unterbrach ihn der Inspekteur.
    Ein paar Augenblicke später hörte der Planet Erde zu rütteln auf und drehte sich geräuschlos und leichtgängig um die eigene Achse. Allmählich wurden die Drehungen langsamer …
     
    »Autsch!« rief Jane laut.
    Hätte sie damals die freie Wahl gehabt, hätte sie sich eine andere Wohnung genommen. Weder die Wohnung selbst noch die Wohnlage gefielen ihr; zur Bushaltestelle hatte sie jeden Morgen einen ganz schönen Fußmarsch zurückzulegen, die Wände des Schlafzimmers mußten dringend neu tapeziert werden, im Winter klemmten die Türen, und in der Küche gab es Probleme mit dem Kondenswasser. Allerdings hatte sie bis heute noch nie Probleme damit gehabt, daß die Decke zu niedrig sein könnte, was nun offenbar der Fall war.
    Sie blickte nach unten. Ja, dort war der Boden, genau da, wo er hingehörte. Die Möbel waren auch noch da; dieselben alten Möbel, zumeist unpassende und ganz unterschiedliche Spenden von Verwandten und Freunden. Früher hatten sie nur keinerlei Anzeichen erkennen lassen, in die Luft springen und wie ein Schwarm verstörter Thunfische in der Wohnung herumschweben zu wollen. Und dort kam sogar ihr Frühstück – ein Becher Kaffee, eine Scheibe Toast – zuvorkommend durch die dünne Luft auf sie zugeflogen.
    Als der Kaffeebecher vorbeitrieb, griff sie nach ihm, verfehlte zwar den Becher, nicht aber den Griff, und verschüttete den Kaffee. Er fiel nach oben und platschte gegen die Decke.
    Ganz behutsam und in dem Bewußtsein, daß sich hier oben eine ganze Menge mehr Spinnweben befanden, als Meister Proper gutgeheißen hätte, streckte Jane die linke Hand über den Kopf und stieß sich von der Decke ab. Sie spürte, wie sie ein Stück, vielleicht einen Meter, nach unten schnellte und dann von der Strömung – oder was zum Teufel es sonst war – wieder erfaßt und langsam nach oben getrieben wurde. Selbst heftiges Strampeln mit den Beinen nützte nichts. Schließlich prallte sie sanft mit dem Kopf gegen den Lampenschirm, stieß sich wieder ab und lief auf den Händen zum Türrahmen hinüber.
    »Das muß mir irgend jemand erklären«, sagte sie zum vorbeifliegenden Telefonbuch.
    Das Telefonbuch flatterte mit den Blättern und stieg immer höher, bis es aufgeschlagen gegen den Stuck gepreßt wurde. Jane griff mit beiden Händen nach dem Holzrahmen der Tür und versuchte, sich nach unten zu ziehen.
    »So ist es schon besser«, stellte sie fest, als ihre Füße mit dem Teppich in Berührung kamen. Sie blickte nach unten. Die Fasern bemühten sich nach besten Kräften, zu Berge zu stehen, und vermittelten so den Eindruck eines äußerst erschreckten Axminsterteppichs. Und was noch schlimmer war, der ganze Staub, den sie herauszusaugen versäumt hatte, erhob sich ebenfalls in die Luft. Er stieg ihr in die Nase, und sie mußte niesen. Eine Blumenvase trieb kopfüber an ihr vorbei und schnellte in unregelmäßigen Abständen nach oben, wenn aus ihrem Innern Luft entwich.
    Jane mußte sich etwas einfallen lassen. Schließlich gelang es ihr, sich auf den Rücken des Küchentischs zu schwingen, der langsam und schwerfällig nur etwa dreißig Zentimeter über dem Boden vorbeischwebte. Wie sie gehofft hatte, half ihr Gewicht, ihn hinunterzudrücken, und so befand sie sich nur noch fünfzehn Zentimeter über dem Boden. Jetzt benötigte sie noch etwas, womit sie sich abstoßen konnte.
    Ein vorbeitreibender Schirm löste dieses Problem, und bald stakte sie, auf dem Tisch sitzend, vorsichtig über den Boden auf das Fenster zu, wobei sie umhertreibenden Sesseln auswich und nicht zu heftig gegen die Wände zu stoßen versuchte. Sie hatte so eine Ahnung, daß es dort draußen ziemlich unwirklich zugehen müßte; ein Jammer, daß sich ihre Kamera momentan wie ein kleiner schwarzer Schildfisch an die Decke schmiegte.
    »Ach, du meine Güte!« rief sie erstaunt aus.
    Der Anblick, der sich ihr bot, war in gewisser Weise wirklich schön. Auf jeden Fall friedlich. Die Autofahrer waren größtenteils so vernünftig gewesen, die Motoren abzustellen, und trieben nun wenige Zentimeter über dem Boden einfach ziellos umher, während sich in die Luft aufgestiegene Fußgänger an den Türgriffen festhielten. An der Bedarfshaltestelle gegenüber vom Eckladen schwebte ein Schwarm roter Busse vorbei, während sich der Warenbestand des Zeitungshändlers graziös, ja, beinahe majestätisch in die

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