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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Direktor mit leichtem Widerwillen. »Aber das ist wirklich eine irreführende Bezeichnung, weil das unbedeutende R/J-Syndrom genaugenommen zu einer vollkommen gesonderten und in sich geschlossenen Untergruppe mit einer eigenen typischen Spannungsmatrix gehört. Das sind sehr seltene Fälle, anders als die H/As, die in ihrem natürlichen Zustand ganz alltäglich sind. Ah, hier ist etwas, das möchte ich Ihnen zeigen. Sehen Sie?«
    Er lenkte Janes Aufmerksamkeit auf eine völlig symmetrische kleine Spinnwebe, in deren Maschen traurig vier oder fünf einzelne rosafarbene und blaue Lichtpunkte flackerten. Jane mußte kräftig schlucken.
    »Sehen Sie, ein klassisches dreiblättriges Mißverständnis mit einem seelischen Trostpflaster direkt hier«, erläuterte der Direktor. »Wenn man erst mal dahintergekommen ist, erklären sich die Muster natürlich ganz von selbst.«
    Zuerst begriff Jane nicht so ganz, was er meinte; als sie sich jedoch auf die Spinnwebe konzentrierte, wurde alles sonnenklar. Die beiden hellsten Punkte verkörperten eindeutig das ursprüngliche Liebespaar (Entschuldigung, die Kunden), doch der Faden, der sie einmal miteinander verbunden hatte, hing lose herab, in zwei gleich lange Teile zerrissen. Rings um die beiden ursprünglichen Kunden befand sich jeweils eine weitere Spinnwebe, in die ein anderer Kunde gezogen worden war (wahrscheinlich das Trostpflaster), wodurch ein neuer kleiner gesonderter Strudel des Kummers für den ehemaligen Partner geschaffen wurde, der eigentlich mit dem Trostpflaster hätte verbunden sein müssen. Von weitem wirkte das Gesamtmuster sofort einleuchtend und ungeheuer niederschmetternd.
    »Das Wunderbare an diesem speziellen Gebilde liegt darin, daß sich das Muster, wenn die Bedingungen stimmen, möglicherweise unendlich oft selbst wiederholt«, sagte der Direktor gerade. »Es geht einfach immer weiter und weiter und weiter, indem es sich immer wieder selbst vervielfältigt.« Er lachte abfällig. »Manchmal sagen wir, es habe ein Eigenleben, aber das trifft genaugenommen natürlich nicht zu. Zu guter Letzt unterbricht irgendein Zufall den Vorgang, und dann kommt die ganze Sache zum Stillstand.«
    »Mhm.«
    »Ja, in gewisser Weise ist das schade«, seufzte der Direktor. »Meiner Meinung handelt es sich um eine Struktur, die den Intellekt voll und ganz befriedigt. Ganz im Gegensatz zu dieser hier«, fuhr er fort und deutete auf eine andere Stelle des Schirms. Jane sah in die angegebene Richtung und erblickte etwas, das in ihr schlagartig Erinnerungen an das gewöhnliche Schicksal teurer Strumpfhosen weckte.
    »Das«, erklärte der Direktor mit einem merklichen Lippenkräuseln, »ist das Phänomen, das wir als LH-Annäherung bezeichnen.«
    »Alles klar«, sagte Jane. »Und LH steht wofür?«
    »Für Liebeshotel«, antwortete der Direktor. »Das ist kein besonders verbreitetes Phänomen, obwohl es sich, wie ich glaube, auf dem Vormarsch befindet.«
    Jane sah sich die Figur genau an; und erneut wurde die Sache ganz deutlich. Wie sie feststellte, war dort nur ein großer blauer Punkt vorhanden sowie Unmengen von kleinen rosafarbenen Punkten, die sich aus ihren früheren Paarungen losgerissen hatten und von dem blauen Punkt wie Eisenspäne von einem Magneten angezogen wurden. Unwillkürlich runzelte Jane die Stirn; das Gefühl kannte sie. Genauer gesagt, sie hatte so eine bestimmte Ahnung, den betreffenden blauen Punkt persönlich zu kennen. Nigel Soundso, hatte früher in der Buchhaltung gearbeitet …
    »Und hier drüben befindet sich der Hauptcomputer«, fuhr der Direktor mit seinen Ausführungen fort, »den wir dafür verwenden, die verschiedenen Verbindungen und Strukturen graphisch aufzubereiten, bevor wir sie auf den Bildschirm bringen. Früher mußten wir das natürlich noch alles von Hand machen, was das Leben furchtbar einfach gemacht hat.«
    »Sie meinen doch bestimmt schwer«, wandte Jane ein.
    »Ich meine, für die Kunden«, entgegnete der Direktor streng. »Wissen Sie, damals haben wir einfach nicht über die Kapazitäten verfügt; das hatte zur Folge, daß noch bis vor etwa fünfzig Jahren die ganz grundlegende JTM/JHM/BHG-Struktur die weitaus häufigste Grundform dargestellt hat.«
    »Wie bitte?«
    »Junge trifft Mädchen/Junge heiratet Mädchen/bis heute glücklich«, übersetzte der Direktor. »Von der Struktur hat es Millionen Ausführungen gegeben, eine öder und langweiliger als die andere, und das nur, weil wir damals noch nicht diese Möglichkeiten

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