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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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herausgerissen, als sie gerade nicht hingesehen hatte.
    »Glauben Sie mir«, fuhr Gänger fort, »selbst wenn wir die Absicht hätten, Sie für eine Weile aus dem Verkehr zu ziehen – was keineswegs der Fall ist –, würden wir das bestimmt nicht durch Ihre Versetzung zum Botendienst bewerkstelligen. Dafür ist diese Tätigkeit viel zu auffallend.«
    »Auffallend!« wiederholte Jane atemlos in hämischem Ton (probieren Sie das mal selbst). »Botengänge machen und Mitteilungen überbringen soll auffallend sein?«
    »Ja.« Einen Moment lang blieb Gänger stehen, fuhr mit dem Finger an der Innenseite des an den Enden aufgeknöpften Kragens seines rosafarbenen Hemds von Abercrombie and Fitch entlang und schöpfte Atem. »Schließlich handelt es sich dabei wohl kaum um einen Job, bei dem man sich in einem abgeschiedenen Hinterzimmer versteckt, oder?«
    Mit Daumen und Zeigefinger wischte sich Jane den Schweiß aus den Augen. »Trotzdem ist das nicht unbedingt eine herausfordernde Tätigkeit, die einem ein Höchstmaß an Leistungsfähigkeit abverlangt. Ich dachte, Sie hätten gesagt, ich sei eine Senkrechtstarterin.«
    Gänger wollte gerade einen Blick in die Tiefe werfen, hielt sich dann aber schnell zurück. »Wenn Sie noch höher hinaus wollen als jetzt, müssen Sie sich selbst einen Weg suchen.«
    Mit knapper Not gelang es Jane, ernst zu bleiben. »Sie haben doch keine Höhenangst, oder?« fragte sie.
    »Ich habe sogar verdammte Höhenangst«, antwortete Gänger. »Überlegen Sie doch mal. Mich hoch oben auf der Spitze von irgendwas zu befinden, entspricht nicht unbedingt meiner natürlichen Umgebung; die besteht sogar aus dem genauen Gegenteil. Manchmal kriege ich schon Schwindelanfälle, wenn ich auf einem dicken Veloursteppich stehe. Und wenn Sie das so furchtbar lustig finden«, fügte er hinzu, »können wir gerne einmal an einem der nächsten Tage im Hauptquartier meiner Abteilung vorbeischauen. Dann werden wir schon sehen, wie Ihnen das gefällt.«
    Atemlos stieß Jane ein reumütiges Keuchen aus, und eine Zeitlang setzten sie ihren Aufstieg schweigend – oder zumindest wortlos – fort.
    Schließlich biß sich Jane verlegen auf die Lippe. »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Und ich weiß es durchaus zu schätzen, daß Sie mitgekommen sind, um mich vorzustellen. Danke.«
    Gänger lächelte. »Keine Ursache, das ist schon in Ordnung.«
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte, ist schon in Ordnung!«
    »Entschuldigung!« schrie Jane zurück. »Aber so, wie mir das Blut in den Ohren pocht, kann ich Sie nicht verstehen.«
    »Ist auch nicht wichtig.«
    »Bitte?«
    »Ich sagte, das ist … nicht so …«
    »Sind wir jetzt da?«
    Gänger öffnete den Mund, besann sich eines Besseren und nickte. Vor ihnen befand sich das Torhaus der Burg in den Lüften, deren Zugbrücke über absolut nichts heruntergelassen war und auf noch weniger ruhte.
    Über dem Schlußstein des Torbogens befand sich eine Holztafel. Zwar war der Lack schon seit langem vom Wind im Luftdruck abgescheuert worden, aber die in verblichenem Weiß geschriebenen Worte
     
    Der Lorbeerkranz
     
    waren noch schwach zu lesen.
    Jane runzelte die Stirn und blickte fragend auf das Schild.
    »Eine Zeitlang haben wir versucht, die Burg so zu bezeichnen«, erklärte Gänger, »aber irgendwie hat sich der Name nicht durchgesetzt. Warten Sie bitte hier, während ich ans Tor klopfe.«
    Er ging auf das gewaltige Tor zu und drückte mit beiden Händen und aller Kraft den Klopfer nach oben. Es gelang ihm, den schweren Ring volle drei Zentimeter hochzustemmen, bevor er ihn wieder loslassen mußte.
    »Wissen Sie, das hier ist gar kein richtiger Türklopfer«, sagte er, wobei er sich die leicht schmerzenden Arme rieb. »Beziehungsweise ist das letztendlich zwar ein richtiger Türklopfer, er dient aber nur ideellen Zwecken; die Leute hier verschaffen sich nämlich wesentlich mehr Bewegung als wir.«
    »Mhm.«
    »So, ich glaube, ich weiß, was wir als nächstes tun müssen«, fuhr Gänger fort und neigte sich leicht nach vorn. Dann ging er eine unsichtbare Schräge hinab und einfach unter dem Tor hindurch. Jane, deren Glaube nur noch an einem seidenen Faden hing, folgte ihm.
    »Passen Sie von jetzt an auf, wo Sie hintreten!« rief ihr Gänger zu, als sie kurz darauf im äußeren Hof wieder auftauchten. »Das gesamte Burggelände ist nämlich Haftungsausschlußgebiet.«
    Jane kniff die Augen zusammen. »Wie bitte?«
    »Haftungsausschlußgebiet«, wiederholte Gänger.

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