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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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flüsterte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    Soll ich ihn verbrennen?, fragte Highwing mit sanfter Stimme.
    Beinahe hätte sie Ja gesagt, dann seufzte sie und setzte sich aufrecht hin. Lieber nicht. Wem würde es nützen? Vielleicht hat er genug gelitten, ich weiß es nicht. Aber es ist vorbei. Sie tat einen zittrigen Atemzug. Lass uns so schnell wie möglich von hier verschwinden.
    Die
Felszinne, auf der ihr Vater gestanden hatte, verdunkelte sich. Mit
glühenden Augen sah Highwing Jael an. Dann spreizte er die Schwingen
und sprang in die Luft. Ich hatte angenommen, du würdest vielleicht … nun ja …
    Was?, fragte sie gereizt.
    Ach, nichts. Vergiss es. Der Drache schien nachdenklich zu sein. Aber ich glaube, dass ich dich jetzt ein bisschen besser verstehe.
    Bring mich schleunigst von hier weg!, befahl sie, als frischer Zorn in ihr aufwallte. Mitfühlend schnaubte
der Drache Rauchfahnen aus den Nüstern. Aus irgendeinem Grund steigerte
dies nur ihre Wut, und sie hämmerte mit den Fäusten auf die harten
Schuppen. Bring mich aus diesem verfluchten Tal heraus und lass mich in Frieden meinen Flug fortsetzen!
    Funkengarben stoben aus den riesigen Nasenlöchern. Ist das dein Ernst?, vergewisserte er sich, wobei seine mächtige Stimme missbilligend bebte.
    Ja!, schrie Jael im Flüsterton, und sie wusste, dass ihr Kummer aus ihr sprach. Ja, ich will nur noch fort!
    Und du ziehst nicht in Erwägung … du hast nicht die Absicht …
    Highwing!, kreischte sie in höchster Pein. Bring mich weg!
    Wie du willst, meine Freundin Jael, seufzte der Drache. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und grummelte
unglückliche Laute. Doch mit kraftvollen Flügelschlägen gewann er Höhe
und trug sie geschwind durch die Nacht.

Kapitel 11
    A BSCHIED
    D ER D RACHE KREISTE UND SCHRAUBTE sich in die Höhe. Die Berggipfel umgaben sie wie schwarze Türme in der
Nacht, düstere Schatten, die sich gegen die vom Mond beleuchteten
Wolken abhoben. Wenn ich dich aus diesem Gebirge herausbringe, erklärte Highwing bekümmert, befinden
wir uns in der Nähe des Ortes, an dem ich dich verlassen muss. Doch
während unserer Begegnung bist du deinem Ziel näher gekommen. Ich hatte
gedacht … nun ja. Schon gut. Vermutlich bleibt uns jetzt nichts anderes
übrig, als voneinander Abschied zu nehmen.
    Jael
hörte die Traurigkeit heraus, doch in ihrem Geist flackerten so viele
Bilder, dass sie seinem Kummer nichts entgegenzusetzen hatte. Im Grund
spielte es auch keine Rolle. Schließlich war es Highwing, der sie an
diesen magischen Ort geführt und Erinnerungen an Pein und Schmerzen
geweckt hatte.
    Alles erschien ihr sogar richtig zu
sein, bis sie am Ende von ihren Qualen übermannt wurde und nicht einmal
die Genugtuung bekam, den Verursacher ihrer Nöte im Drachenfeuer
brennen zu sehen. Im Falle ihres Vaters gab es diese Lösung nicht. Warum? Warum?, dachte sie, ohne die Frage laut aussprechen zu wollen.
    Highwing schien ihre Gedanken zu hören. Ich hatte keine Ahnung, was wir sehen und beim Anblick der Bilder empfinden würden, murmelte er. Ich zeigte dir lediglich, was in deinem Geist vorhanden war.
    Sie nickte und stöhnte leise, während sie eine unerklärliche Wut gegen Highwing nährte.
    Habe ich etwas falsch gemacht, Jael? Wenn ja, dann tut es mir Leid.
    Schweigend
schüttelte sie den Kopf und klammerte sich an ihn, derweil er sie mit
kräftigen Flügelschlägen in die höchsten Regionen des Gebirges trug.
Unentwegt blitzten Erinnerungen auf – sie sah ihren Bruder, Würde
heuchelnd, nicht einmal imstande, sich seiner Schwester anzuvertrauen,
die er liebte. Dap und die anderen Rigger, die mit ihrer eigenen
Einsamkeit und Angst zu kämpfen hatten, und miteinander um Jobs
konkurrierten, die aus ihnen allen Opfer machten. Vor ihrem geistigen
Auge erschien ein weiblicher Rigger namens Mariel, die ihr einmal einen
großen Gefallen erwiesen hatte, und dann Toni Gilen, die ihr in aller
Arglosigkeit eine Nachricht von dem Ordner und Mogurn überbrachte; dann
Mogurn selbst, in der todesähnlichen Trance seines synaptischen
Optimierers dahindämmernd. Die erschreckendste Erinnerung handelte von
ihrem Vater, der am Ende niemanden mehr geliebt hatte, am wenigsten
sich selbst.
    Sie krallte sich an Highwing fest, weil
sie heftig zitterte; sie schlotterte förmlich, als auf die Bilder
Emotionen folgten, so rasch, dass sie

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